„Es ist nicht überraschend, dass die Verhaftung eines prominenten iranischen Klerikers – selbst wenn sie zu Protesten im Iran und andernorts in der arabischen Welt führt – in den westlichen Medien keinerlei Beachtung findet. Willkürliche Verhaftungen sind in Teheran schließlich an der Tagesordnung.
Hier aber stehen die Dinge anders: Die durch die Verhaftung von Ayatollah Hussein Shirazi ausgelöste Kontroverse hat die Frage wieder auf die Tagesordnung gesetzt, ob das religiöse Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei zurecht behauptet, dass seine uneingeschränkte Herrschaft über den Staat von Gott sanktioniert sei.
Die kurz nach der Islamischen Revolution von 1979 vorgenommene Institutionalisierung der velayat-e faqih genannten klerikalen Herrschaft durch Ayatollah Ruhollah Khomenei ist von Schiiten von Zeit zu Zeit hinterfragt worden, doch in letzter Zeit wächst die Kritik. In verschiedenen schiitischen Strömungen wird zunehmend davon ausgegangen, dass die Alleinherrschaft eines Einzelnen mit der schiitischen Tradition nicht vereinbar sei und dass die Position des religiösen Staatsoberhaupts reformiert oder abgeschafft werden sollte. (…)
Nachdem schiitische Kleriker in Kuwait und im Irak die Verhaftung verurteilten, kam es zu Protesten in den irakischen heiligen Städten Kerbala, Nadschaf und Basra sowie in Kuwait City. In London versammelten sich Demonstranten vor der iranischen Botschaft. Vier von ihnen wurden festgenommen, nachdem sie das Portal erklommen und die iranische Flagge entfernt hatten. Es handelte sich nicht um große Demonstrationen, an ihnen nahmen jeweils schätzungsweise einige dutzend oder hundert Demonstranten teil. Dass sie stattfanden, war gleichwohl beachtlich. (…)
Die weit verbreitete Unzufriedenheit innerhalb der iranischen Gesellschaft hat die Shirazis und andere religiöse Führer ermutigt, sich öffentlich zu äußern. Auch im Irak haben sich die religiösen Führer in Nadschaf energisch gegen eine Theokratie ausgesprochen und begonnen, sich auf verschiedenen Wegen für die Zurückdrängung des religiösen und politischen Einflusses des Iran in ihrem Land zu verwenden.“ (Geneive Abdo: „Iran‘s Facing a Mutiny From Within the Mosque“)