Das im Winter 2024 noch verzögerte neue strenge Hidschab-Gesetz soll laut iranischem Parlamentssprecher Mohammed Bagher Ghalibaf jetzt doch umgesetzt werden.
Der Sprecher des iranischen Parlaments sagte Anfang der Woche, das Land treffe die notwendigen Vorbereitungen und Regelungen, um das neue Gesetz über Sittsamkeit und Hidschab umzusetzen, das als Reaktion auf die massiven landesweiten Proteste im Jahr 2022, die durch den Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini in der Obhut der Sittenpolizei ausgelöst worden waren, ausgearbeitet wurde.
»Sowohl das Parlament als auch die Regierung arbeiten mit Hochdruck an der Vorbereitung der notwendigen Grundlagen für das Gesetz und stellen sicher, dass die erforderliche Ausrüstung, die Einrichtungen und die Vorschriften bereitstehen. Wir verschwenden auch keine Zeit in diesem Prozess«, sagte Mohammed Bagher Ghalibaf gegenüber den staatlichen Medien. »Wenn ein Gesetz umgesetzt werden soll, muss die notwendige Grundlage dafür geschaffen werden, und um fair zu sein, arbeitet die Regierung derzeit daran, diese Grundlage für das Gesetz zu schaffen«, fügte der Parlamentssprecher hinzu.
Im Mai des vergangenen Jahres genehmigte der zwischenzeitlich verstorbene iranische Präsident Ebrahim Raisi den von der Justiz vorgeschlagenen Gesetzentwurf zur »Vollendung der formellen Rechtsverfahren«. Sein Nachfolger Massud Peseschkian stellte jedoch die Durchführbarkeit der Umsetzung des Gesetzes in einem Interview im September infrage: »Ich sehe in unserem Verwaltungssystem keine Plattform, die dafür bereit wäre, und ich halte ein solches Verhalten für etwas problematisch. Wir sollten uns zusammensetzen und darüber diskutieren, wie dies geschehen soll.«
Konservative setzen sich durch
Bereits im August 2023 hatte Ghalibaf erklärt, das Gesetz werde der Regierung zur Unterschrift durch den Präsidenten vorgelegt, um es ab 13. Dezember durchsetzen zu können, dennoch wurde es immer wieder verschoben. Ende Januar des heurigen Jahres wurde der ehemalige Außenminister und jetzige Vizepräsident für strategische Angelegenheiten Javad Zarif scharf kritisiert, nachdem er einem amerikanischen Journalisten in der Schweiz mitgeteilt hatte, die Durchsetzung eines neuen Hidschab-Gesetzes sei kein Teil von Peseschkians Agenda. Am 3. März gab Zarif bekannt, auf Anraten des Justizchefs von seinem Amt zurückzutreten.
»Der Unterschied zum vorherigen Gesetz besteht darin, dass es keine Inhaftierung, keine Auspeitschung und keine Sittenpolizei gibt. Stattdessen konzentriert es sich mehr auf Geldstrafen«, verteidigte Ghalibaf das neue Hidschab-Gesetz. Medienberichten zufolge liegen die Bußgelder zwischen 280 und 2.300 Dollar.
Das strengere Hidschab-Gesetz sieht Maßnahmen wie hohe Geldstrafen bei Verstößen, die Installation von Überwachungskameras mit Gesichtserkennungstechnologie in staatlichen Ämtern zur Identifizierung von Zuwiderhandelnden und Strafen für Unternehmen vor, welche die Kleiderordnung nicht durchsetzen. Darüber hinaus ermächtigt das Gesetz auch normale Bürger, Verstöße zu melden.
Für die Identifizierung von Verstößen und Zuwiderhandelnden wird in erster Linie die iranische Polizei für öffentliche Sicherheit, die Faraja, mithilfe des intelligenten Nachrichtendienstsystems verantwortlich sein, das Kameras und Informationsdatenbanken einsetzt. »Jede Frau, die ihren Hidschab in der Öffentlichkeit, an Orten oder Passagen, die normalerweise im Blickfeld von Nicht-Mahram [von Personen, die keine Verwandten ersten Grades ist] liegen, ablegt«, werde »durch die intelligenten Systeme des Polizeikommandos der Islamischen Republik Iran ausfindig gemacht, indem diese mit anderen zuverlässigen Datenbanken abgeglichen und die Identität der Täterin endgültig überprüft wird«, heißt es in dem Gesetz.