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Der Iran nach dem Sturz von Assad: Von der Propaganda zur Realität

Propagandaplakat mit Assad, dem Hisbollah-Chef Nasrallah und dem iranischen IRGC-Kommandeur Soleimani
Propagandaplakat mit Assad, dem Hisbollah-Chef Nasrallah und dem iranischen IRGC-Kommandeur Soleimani (Imago Images / ZUMA Press Wire)

Das iranische Regime hat während des syrischen Bürgerkriegs viel in die Unterstützung von Präsident Assad investiert, wozu die Entsendung von Militärpersonal ebenso zählte wie die Bereitstellung finanzieller und militärischer Ressourcen.

Die Protestbewegung, die unter dem Namen »Frauen, Leben und Freiheit« im Jahr 2022 nach dem Tod von Jina Mahsa Amini in Polizeigewahrsam im Iran ausbrach, machte sowohl den öffentlichen Widerstand als auch die staatlichen Repression und Unterdrückung deutlich. 

Ein bemerkenswerter Vorfall in dieser Zeit war der massive Einsatz von Militär- und Zivilkräften im Teheraner Stadtteil Ekbatan, als seitens des Staates versucht wurde, die Proteste der Bevölkerung durch direkte Drohungen und Gewalt zu unterdrücken, wobei die Agenten des Regimes häufig auf die iranische Beteiligung an der Aufrechterhaltung der Herrschaft von Bashar al-Assad in Syrien verwiesen, um Macht zu demonstrieren und bei den Demonstranten Angst zu schüren. Sie behaupteten, Assads Sturz trotz der Bemühungen von 42 Nationen erfolgreich verhindert zu haben und versicherten, dass die Straßenproteste im Iran keine wirkliche Herausforderung für ihre Machtstellung darstellten.

Das Viertel Ekbatan mit seinen Apartmentkomplexen und der hohen Bevölkerungsdichte wurde zu einem Schwerpunkt der Proteste. Nächtliche Versammlungen von Einwohnern, die Anti-Regime-Parolen skandierten, machten das Gebiet zu einem Symbol des Widerstands. Als Reaktion darauf versuchten Sicherheitskräfte und Beamte in Zivil, die Einwohner mit Warnungen und Drohbotschaften via Lautsprecher einzuschüchtern. Eine dieser Botschaften, die sich wie ein Lauffeuer verbreitete, bezog sich auf die Erfahrungen bei der Sicherung des Regimes in Syrien. Aber spiegelten diese Behauptungen die tatsächliche Macht des Regimes wider?

Strategischer Sieg oder Fassade?

Das iranische Regime hat während des syrischen Bürgerkriegs viel in die Unterstützung von Bashar al-Assad investiert. Diese Unterstützung umfasste die Entsendung von Militärpersonal, strategische Beratung sowie die massive Bereitstellung finanzieller und militärischer Ressourcen. Der trotz alledem erfolgte Sturz des Assad-Regimes stellte damit auch die Rolle des Irans infrage. Der Rückzug der mit dem Iran verbündeten Streitkräfte aus Syrien in den Irak unterstrich die übertriebenen Behauptungen des Regimes über seine strategische Macht und offenbarte stattdessen eine Taktik, die nicht zuletzt darauf abzielte, die Unterdrückung im Inland zu rechtfertigen.

Wurde das militärische Engagement in Syrien anfangs noch als Mittel zur Demonstration regionaler Macht wahrgenommen, wurden mit der Zeit jedoch die strategischen Grenzen des Regimes deutlich. Die Intervention belastete die iranische Wirtschaft finanziell erheblich und schürte anti-iranische Gefühle in der syrischen Bevölkerung. Darüber hinaus begannen die regionalen Bündnisse, die der Iran zur Aufrechterhaltung seines Einflusses in Syrien aufgebaut hatte, aufgrund internationalen Drucks und interner Meinungsverschiedenheiten zu erodieren.

Ein Eckpfeiler der iranischen Außenpolitik war die Gründung und Stärkung der sogenannten »Achse des Widerstands«, die verbündete Gruppen wie die Hisbollah im Libanon, die schiitischen Milizen der Volksmobilisierungseinheiten im Irakund ähnliche Gruppierungen im Jemen und den Palästinensergebieten umfasst. Im Laufe der Zeit zeigte sich jedoch, dass dieses Konstrukt eher als kurzfristiges Instrument zur Ausweitung des iranischen Einflusses diente denn als tragfähige, langfristige Strategie.

Der Syrienkrieg ist ein gutes Beispiel für diese Dynamik. Während der Iran Milliarden von Dollar für die Unterstützung Assads ausgab, schwand sein regionaler Einfluss unter dem Gewicht von Sanktionen, innerstaatlichen Unruhen und regionalen Rivalitäten. Viele Widerstandsgruppen konzentrierten sich nicht auf externe Gegner, sondern waren mit ihren eigenen internen Herausforderungen beschäftigt. Diese Entwicklung verdeutlicht die Fragilität der iranischen Regionalpolitik, welche die inländischen Ressourcen aufzehrt und seinen Einfluss im Allgemeinen untergräbt.

Mehr Propaganda als Substanz

Heute analysieren viele Iraner und Regimekritiker die wahre Macht der Islamischen Republik, indem sie Videos von Drohungen während der Ekbatan-Proteste teilen. Der Zusammenbruch des syrischen Regimes ohne nennenswerte iranische Intervention und das Versäumnis Teherans, Assads Streitkräfte zu unterstützen, spiegeln die Fragilität der vom Regime behaupteten strategischen Tiefe wider. Die »Achse des Widerstands«, einst als Symbol für die regionale Macht der Mullahs gepriesen, ähnelt heute einem Netzwerk, das durch die Krisen im Libanon, im Irak und in Syrien geschwächt ist. 

Darüber hinaus haben der internationale Druck auf die »Achse des Widerstands« und die durch Sanktionen bedingte Kürzungen der iranischen Finanzmittel diese Gruppen dazu gezwungen, zunehmend unabhängigere Agenden zu verfolgen. Die Hisbollah im Libanon, einst der wichtigste regionale Verbündete Teherans, sieht sich heute mit einer gravierenden Wirtschaftskrise und sinkender öffentlicher Unterstützung konfrontiert. Auch die internen Konflikte zwischen den Milizen im Irak deuten auf den schwindenden Einfluss Teherans auf diese Fraktionen hin.

Der Rückgang des regionalen Einflusses untergräbt Irans Versuche, die Außenpolitik als Instrument für die Repression im Inland einzusetzen. Da die Fähigkeit des Regimes zur Machtprojektion nach außen abnimmt, wird es anfälliger für innenpolitischen Widerstand. Dieser Teufelskreis unterstreicht die Instabilität der Machtstrukturen der Islamischen Republik, die in hohem Maße auf interner Unterdrückung und externem Unternehmertum beruhen.

Die Erfahrungen mit den Ekbatan-Protesten und die Rolle der Islamischen Republik in Syrien zeigen eine bittere Wahrheit für das Regime: Seine militärische und strategische Stärke ist mehr Propaganda als Substanz. Die Iraner, die wiederholt Zeugen dieser Schwäche geworden sind, verstehen, dass die wahre Macht in ihren eigenen Händen liegt. Die Islamische Republik kann ihre Herrschaft nicht ohne interne Unterdrückung aufrechterhalten.

Letztendlich bieten der Syrienkrieg und das Versagen des Irans, dort seine Position zu behaupten, einen Einblick in die mögliche Zukunft des Regimes. Während die Regierung weiterhin auf Unterdrückung und Propaganda setzt, um ihr Überleben zu sichern, deuten sowohl die innerstaatliche als auch die regionale Realität darauf hin, dass diese Strategie langfristig nicht tragfähig ist.

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