Ali Khameneis militärische Berater warnten den iranischen Führer vor einem Krieg gegen Israel, meint der einstmalige Gründer der Revolutionsgarde.
Das iranische Regime ist überhaupt nicht in der Lage, einen länger andauernden Krieg gegen Israel zu führen. Sollte es als Vergeltung für die Tötung von Hamas-Chef Ismail Haniyeh am 31. Juli in Teheran Israel angreifen, müsste es darauf hoffen, mit internationaler Hilfe unmittelbar danach einen Waffenstillstand zu schließen. Dies sagte nicht irgendwer, sondern Mohsen Sazegara, der Gründer der Revolutionsgarde, im Interview mit der Jerusalem Post.
Vor zwanzig Jahren ging Sazegara ins Exil, nachdem er beim Regime in Ungnade gefallen war. Heute lebt er in den USA, wo er schon vor der islamischen Revolution 1979 studiert hatte. Was er über die aktuellen Vorgänge innerhalb des Regimes erzählt, dessen Prätorianergarde er einst aufgebaut hat, hat wenig mit dem Bild von Entschlossenheit und Stärke zu tun, das der Oberste Führer Ali Khamenei und seine Untergebenen gegenüber der Außenwelt abzugeben versuchen.
Was tun?
Die Ermordung Haniyehs, so kann man Sezegara verstehen, habe Khamenei in Zugzwang gebracht, weil sie eine »Demütigung für die Nachrichtendienste« und den Sicherheitsapparat des Irans darstellte, also für genau jene Kreise, die heute die noch verbliebene Basis des Regimes darstellen. Deshalb sei Khameneis erster Impuls gewesen, hart und umfassend gegen Israel zurückzuschlagen.
»Aber als er sich an seine militärischen Befehlshaber und die Experten der Revolutionsgarde wandte und sie ihm die Optionen für das weitere Vorgehen aufzeigen sollten, sagten sie ihm, dass der Iran nicht in der Lage sei, gegen Israel zu kämpfen.«
Ja, so hätten seine militärischen Berater Khamenei erklärt, sie könnten Raketen nach Israel schießen, darunter Überschallraketen, die den Feind in nur wenigen Minuten erreichen würden. Aber wenn Israel zurückschlage, »können wir das Land nicht verteidigen«. Im Falle eines Angriffs auf Israel müsste das Regime sich mithilfe internationaler Vermittler um einen sofortigen Waffenstillstand bemühen.
»Soweit ich weiß, hat der Iran hinter den Kulissen mit den USA und der Biden-Regierung verhandelt und sie gebeten, mit Israel zu sprechen und zu erklären, dass der Iran irgendwo in Israel angreifen und zusagen werde, dass niemand getötet wird, Israel aber keine Vergeltung üben solle. Der Iran bat die USA, Druck auf Israel auszuüben, damit es zu keiner Eskalation kommt und [Israel] Vergeltung übt. Aber dieses Mal waren die USA nicht einverstanden und sagten ihnen, dass sie Israel nicht daran hindern können.«
Hemmende Faktoren
Mohsen Sazegara sieht eine Reihe von Faktoren, die Khamenei zu bedenken habe, wenn er über einen Angriff auf Israel nachdenkt. Er müsse davon ausgehen, dass selbst ein beschränkter iranischer Angriff zu militärischen Gegenschlägen Israels führen werde, gegen die Irans Streitkräfte weitgehend machtlos wären und die das Überleben seines Regimes infrage zu stellen drohten. Die wirtschaftlich äußerst schwierige Lage des Landes müsse ebenfalls in Betracht gezogen werden, bevor ihm die Kosten eines teuren Kriegs auferlegt würden.
Und schließlich wisse Khamenei, dass die iranische Bevölkerung keinen Krieg gegen Israel befürworte. Ein solcher könnte sein ohnehin nur mehr auf schmaler Basis stehendes Regime noch weiter isolieren.
Nach all dem Theaterdonner infolge der Tötung Ismail Haniyehs suche Ali Khamenei nun nach einem gesichtswahrenden Ausweg aus der Sackgasse, in die er sich selbst manövriert habe, und zwar nach irgendetwas, das er der eigenen Bevölkerung, vor allem aber seinen wenigen verbliebenen Unterstützern, als Erfolg verkaufen könne.