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Der Iran befindet sich in einem Zustand beispielloser Schwäche

Mit Syriens Diktator Assad ist dem Iran einer seiner engsten Verbündeten abhandengekommen
Mit Syriens Diktator Assad ist dem Iran einer seiner engsten Verbündeten abhandengekommen (Imago Images / ZUMA Press Wire)

In den letzten Jahren stand der Iran nicht nur wegen der gegen ihn verhängten Sanktionen, sondern auch wegen interner Widerstände unter starkem wirtschaftlichem Druck. Die härtesten Schläge gegen das Regime erfolgten jedoch von außen.

Eine der größten Niederlagen, die der Iran in jüngster Zeit erleben musste, war die Eliminierung der höchsten Führungsriege der libanesischen Hisbollah und die Vernichtung ihrer militärischen Ressourcen durch das israelische Militär. Auch der Sturz von Teherans engem Verbündeten Baschar al-Assads durch islamistische Milizen in Syrien warf Fragen über die Stärke des iranischen Regimes auf. Der Verlust Assads ist für die Mullahs insofern so bedeutsam, als Syrien ein strategischer Dreh- und Angelpunkt war, über den der Iran enge Beziehungen zur Hisbollah und zu anderen bewaffneten Milizen unterhielt und dadurch im Mittelmeerraum indirekt militärisch präsent war.

Einen Hinweis auf die Bedeutung Syriens für die Islamische Republik gab Heshmatullah Falahatpisheh, Leiter des Ausschusses für nationale Sicherheit und Außenpolitik im Shura-Rat, als er erklärte, Teheran habe in den letzten Jahren zwischen zwanzig und dreißig Milliarden Dollar für die Unterstützung von Assad ausgegeben. Darüber hinaus bekannte der Sprecher des Parlaments Mohammad Bagher Ghalibaf eine erhebliche Störung für das Geflecht der regimetreuen Kräfte in der Region: »Der Sturz der Assad-Regierung in Syrien stört das logistische Netzwerk der mit der Islamischen Republik verbundenen Kräfte.«

Laut der britischen BBC hat die Allianz dazu beigetragen, die iranische Machtbasis im sunnitisch dominierten Nahen Osten zu festigen. Daher unterstützte Teheran Assad auch nach dem Volksaufstand im Jahr 2011 und versorgte ihn mit Kämpfern, Treibstoff und Waffen. In diesem Zusammenhang meinte der Forscher am Josoor-Zentrum für Studien Firas Faham, der Iran sei »der größte Verlierer des Sturzes des Regimes von Baschar al-Assad, weil er viele Jahre lang darin investiert hat und auf sein Überleben zählte, um seine wirtschaftlichen und politischen Gewinne zu sichern«.

Beispiellose Schwäche

Zu den Auswirkungen des Abgangs von Baschar al-Assad auf die politische Stellung Teherans sagte der Historiker und Iran-Experte am Eutopia Institute in Brüssel, Jonathan Piro: »Die Achse des Widerstands, wie wir sie kannten, existiert nicht mehr. Dasselbe gilt für die Hisbollah, deren Macht durch die israelische Intervention im Libanon vollständig verschwunden ist. Selbst das Syrien von Baschar al-Assad existiert nicht mehr. Die meisten Kräfte, aus denen die Achse des Widerstands bestand, existieren nicht mehr.« Deswegen befinde sich der Iran im Moment »in einem Zustand beispielloser Schwäche. Die Sicherheitszone, die er zuvor um sich herum errichtet hatte, beginnt zu verblassen.«

Der Sturz von Assad hatte für den Iran aber auch interne Auswirkungen, wie der auf iranische Angelegenheiten spezialisierte Wissenschaftler Ramazan Borsa erläuterte. So hätten »die Iraner begonnen, ihre Meinung offen zu äußern« und halten den angeblichen, »entscheidenden Einfluss in der Region« für »nichts als eine Illusion«.

Der Sturz des syrischen Präsidenten habe zu ernsthaften Konflikten und Rissen innerhalb des Korps der Iranischen Revolutionsgarde und der paramilitärischen Basidsch-Einheiten sowie auf politischer Ebene geführt. »Die Regierung scheint sehr besorgt über die Auswirkungen dieses Wandels in Syrien auf die eigene Gesellschaft zu sein, daher hat sie sich zur obersten Priorität gemacht, das Unbehagen der iranischen Bevölkerung« in den Griff zu bekommen.

Neubewertung der Sicherheit

Zu den erwarteten Schritten in naher Zukunft sagte die Leiterin des Programms für den Nahen Osten und Nordafrikabei Chatham House, Sanam Vakil, die sogenannte »Achse des Widerstands« sei ein Netzwerk gewesen, das dem Iran strategische Tiefe hätte verleihen und ihn vor direkten Angriffen hätte schützen sollen. »Diese Strategie ist gescheitert und der Iran wird seine Verteidigungsdoktrin, die in erster Linie auf der Achse des Widerstands basierte, sicherlich neu bewerten müssen.«

Teheran werde auch die künftige Entwicklung seines Atomprogramms überdenken sowie entscheiden müssen, »ob es notwendig ist, mehr in dieses Programm zu investieren, um dem Regime mehr Sicherheit zu bieten« und sorgt sich darum, dass der Iran aus seiner momentanen Schwäche heraus beschließen könnte, seine Pläne zur Atomwaffenmacht umzusetzen.

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