Die Angriffe hinauszuzögern und Israel Nacht für Nacht im Ungewissen zu lassen, ist Teil der »Racheoperation« nach der Tötung von Hamas-Führer Ismail Haniyeh.
Wie die der Opposition nahestehende Nachrichtenplattform Iran International am Samstagabend berichtete, hatte das Mitglied der Nationalen Sicherheitskommission des Parlaments, Ahmad Bakhshayesh Ardestani, in einem Interview mit Iran Watch erklärt, »die iranischen Luftoperationen gegen Israel könnten tagelang anhalten« und werden »überraschend erfolgen«. »Der Iran«, fügte er hinzu, sei »fraglos auf die Folgen eines solchen Angriffs und auf alle nachfolgenden Entwicklungen vorbereitet«.
Es werde ein »Blutvergießen« stattfinden, um den Hamas-Führer Ismail Haniyeh zu rächen, der in Teheran getötet wurde, als er an der Amtseinführung des neuen iranischen Präsidenten Massud Peseschkian teilnahm. »Daher wird die Antwort des Irans auf dieses Verbrechen des zionistischen Regimes endgültig sein, daran besteht kein Zweifel.«
Der Politiker bekräftigte gegenüber Iran Watch, der Iran werde reagieren, wenn es »angemessen« sei. Die Antwort auf Haniyehs Tötung hinauszuzögern und Israel warten zu lassen, sei für die Islamische Republik auch insofern von Vorteil, als der jüdische Staat dieser Art »jede Nacht das Gefühl hat, im Ungewissen zu sein«, was »Teil der Racheoperation« ist.«
Experten haben ebenfalls darauf hingewiesen, dass die psychologische Kriegsführung Teil der iranischen Strategie gegenüber Israel sei. So sagte der Iran-Experte an der Universität Tel Aviv, David Menashri, gegenüber The Media Line: »Israel ist nicht so gut im Geduldsspiel wie der Iran, daher wird es interessant sein zu sehen, ob es zuerst handeln wird. Im Moment gewinnt der Iran jedenfalls eindeutig die psychologische Kriegsführung.«
Wie im April, aber größer
In Bezug auf die Erklärungen der iranischen Mission bei den Vereinten Nationen vom Freitag, dass Teheran jeden von der Hamas akzeptierten Waffenstillstand und Geiseldeal für den Gazastreifen ebenfalls anerkennen und in diesem Fall von einem Angriff absehen würde, meinte Ardestani, dies wäre in der Tat die einzige Situation, in der der Iran keine Vergeltung üben würde, fügte jedoch hinzu, der Stand der Verhandlungen zwischen den beiden Seiten zeige, »dass eine solche Vereinbarung in Zukunft unwahrscheinlich ist. Aus diesem Grund wird die Islamische Republik das Blutvergießen am Märtyrer Haniyeh nicht auf sich beruhen lassen.«
Auf die Frage, ob der Angriff ähnlich wie der iranische Drohnen- und Raketenangriff auf Israel im April aussehen würde, sagte Ardestani, dass er ähnlich, aber in größerem Umfang ablaufen könnte: »In der vorangegangenen Phase wurden etwa dreihundert Drohnen und Raketen auf die besetzten Gebiete abgefeuert; dieses Mal könnte sich die Zahl der Geschosse beispielsweise auf etwa sechshundert erhöhen.«
Das Mitglied der Nationalen Sicherheitskommission spielte auch auf die mögliche Beteiligung iranischer Stellvertreter an einem Angriff auf Israel an, etwa die Hisbollah im Libanon oder die Huthi im Jemen. »Wie beim letzten Mal werden auch diesmal die Widerstandsgruppen der Region die Islamische Republik bei ihrer Antwort mit Sicherheit unterstützen.« Beim Angriff im April sei es nicht darum gegangen, »die Spannungen in der Region zu verschärfen«, sondern »den Amerikanern zu beweisen, dass der Iran in der Lage ist, den über [Israel] errichteten Schutzschirm zu durchdringen«. Im Gegensatz zum letzten Angriff, bei dem die USA im Vorfeld informiert wurden, »werden wir den Feind dieses Mal definitiv nicht informieren«, so Ardestani.
In Bezug auf die Koalition jener Länder wie Jordanien oder die Vereinigten Arabischen Emirate, die im April an der Abwehr von Luftangriffen beteiligt waren, sagte Ardestani, es sei bedauerlich, dass diese Staaten »das zionistische Regime unter dem Vorwand der Verteidigung ihres Luftraums« unterstützten. Der Politiker drohte auch jenen Staaten, die Israel die Benutzung ihres Luftraums erlauben würden, sollte der jüdische Staat den Iran mit Raketen oder Jets angreifen, was »eine Herausforderung für diese Länder nach sich ziehen würde«.
Westliche Diplomaten erklärten am Montag gegenüber dem israelischen Nachrichtensender Kan, die Wiederherstellung einer solchen regionalen Koalition wäre möglich, sollte der Iran erneut angreifen.
Zur Tötung Ismail Haniyehs erklärte Ardestani im Interview mit Iran Watch, das iranische Geheimdienstministerium gehe davon aus, dass keine Infiltration stattgefunden habe. Damit bezog er sich offenbar auf Behauptungen, wonach Funktionäre der Revolutionsgarde (IRGC) von Israel angeheuert worden seien, um den Sprengstoff in der IRGC-Residenz in Teheran zu platzieren. Nach Ardestanis persönlicher Analyse müsse jedoch »in Anbetracht der Umstände dieses Attentats eine gezielte Infiltration eine Rolle gespielt haben«.
Iran Watch ist eine iranische Nachrichtenseite, die vom Journalisten Saeed Seif-Ali betrieben wird, so das Committee to Protect Journalists. Seif-Ali wurde gemeinsam mit anderen Journalisten während der landesweiten Mahsa-Amini-Proteste im Jahr 2022 verhaftet.