Eine junge Iranerin wurde durch Polizeischüsse schwer verletzt, weil sie beim Autofahren das Kopftuch nicht korrekt getragen hat. Noch im Krankenhausbett musste sie ein Zwangsgeständnis ablegen.
Die einunddreißigjährige Arezoo Badri liegt in einem Krankenhaus in Teheran. Mehrfach musste sie wegen massiver Verletzungen an Lunge und Rücken sowie wegen anschließend auftretenden Komplikationen operiert werden. Gegenwärtig ist sie von der Hüfte abwärts gelähmt; ob sie jemals wieder gehen wird können, wird sich erst in den kommenden Monaten herausstellen.
Badris Verletzungen stammen von einem Polizeieinsatz vor einigen Wochen. Ihr »Verbrechen«: Autofahren ohne Kopftuch.
Seit der Niederschlagung der regimefeindlichen Proteste, die im Herbst 2022 nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini, die verhaftet worden war, weil sie ihr Kopftuch nicht vorschriftsgemäß getragen hatte, setzt das iranische Regime auf verschärfte Repression gegen die eigene Bevölkerung. Forciert wird unter anderem das »korrekte« Tragen des Kopftuchs, das auch durch den Einsatz moderner Technologien überwacht wird.
So werden die Aufnahmen zahlreicher Videokameras im öffentlichen Raum verwendet, um Verstöße gegen den Kopftuchzwang zu ahnden. Dazu gehört, dass Frauen bestraft werden, die beim Autofahren nicht gesetzeskonform gekleidet sind. Sitzt eine Frau beispielsweise ohne Kopftuch hinterm Steuer, drohen ihr empfindliche Geldstrafen, der Verlust des Führerscheins oder gar die Beschlagnahme des Wagens.
Von hinten in den Rücken geschossen
Des schweren »Verbrechens« des Fahrens ohne Kopftuch soll sich auch die zweifache Mutter Arezoo Badri »schuldig« gemacht haben, worauf ihr Wagen beschlagnahmt wurde. Sie fuhr trotzdem weiter, wurde aber von der Polizei in der am Kaspischen Meer gelegenen Stadt Nur aufgehalten, die ihr den Wagen abnehmen wollte. Sie soll den Anweisungen der Polizisten nicht Folge geleistet haben, worauf einer von ihnen kurzerhand seine Pistole zückte und das Feuer eröffnete. Die junge Frau, die am Steuer saß, wurde aus kurzer Distanz von hinten in den Rücken und in die Lunge getroffen. Nach Notoperationen in mehreren Provinzkrankenhäusern wurde sie wegen der Schwere ihrer Verletzungen nach Teheran verlegt.
Dass die junge Frau nun gelähmt in einem Krankenbett liegt, reicht dem Regime aber nicht. Wie viele andere Opfer der brutalen Gewalt des Regimes musste auch Badri ein »Geständnis« ablegen, in dem sie sich für »schuldig« an ihren »Verbrechen« bekennt. In Badris Fall wurde das Zwangsgeständnis, während dem sie mehrfach vor Schmerzen in Tränen ausgebrochen sein soll, direkt in ihrem Krankenhausbett gefilmt.
Derweil werden Familienangehörige, die nach Teheran gereist sind, um Badri beizustehen, vom Regime massiv unter Druck gesetzt, das unter allen Umständen vermeiden möchte, dass ihre Verwandten sich öffentlich zu dem Fall äußern oder gar Fotos der schwer verletzten Frau veröffentlichen.