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Irakische Stadt Zakho ignoriert eigene jüdische Geschichte

Im ehemaligen jüdischen Viertel von Zakho (Foto: Kilian Foerster)
Im ehemaligen jüdischen Viertel von Zakho (Foto: Kilian Foerster)

In Zakho lebte einst die älteste jüdische Gemeinde des Landes. Heute erinnert nicht einmal ein Straßenname an sie. Auch im Schulunterricht wird darüber nicht gesprochen.

Kilian Foerster

Heute ist Zakho (oder: Zaxo) eine Stadt mit über 300.000 Einwohnern im Gouvernement Dahuk in der Autonomen Region Kurdistan und liegt an der Grenze zur Türkei. Aufgrund ihrer Lage ist Zakho seit jeher ein wichtiger Verbindungsort und hat große Bedeutung für den Warenverkehr. In der Stadt, die im 5. Jhd. n. Chr. gegründet wurde, lebten schon immer jüdische und christliche Gemeinden.

Einst lebte in Zakho die älteste jüdische Gemeinde des Iraks, weswegen die jüdischen Bürger Zakho auch Jerusalem von Kurdistan nannten. Heute gibt es keine Juden mehr in Zakho, und die Häuser im alten jüdischen Viertel werden von muslimischen Kurden bewohnt.

Anfang des 20. Jahrhunderts spielten Juden im Irak in der Kultur, dem Handel und der Politik eine wichtige Rolle; ein Drittel der Stadtbevölkerung Bagdads waren Juden, die zahlreiche Schulen und Krankenhäuser gründeten.

Vor genau achtzig Jahren, am 1. und 2. Juni 1941, begann mit dem »Farhud« – einem Pogrom gegen die jüdische Gemeinde des Irak – das Ende der 2.500-jährigen Geschichte der irakischen Juden.

1937 ließ sich der aus Jerusalem ausgewiesene Mufti Mohammed Amin al-Husseini im Irak nieder, welcher enge Verbindungen zu deutschen Nationalsozialisten pflegte. Mit einer Mischung aus Nazipropaganda und Islamismus hetzte er irakische Muslime gegen die Juden auf.

Am 1. und 2. Juni 1941 zog ein muslimischer Mob durch Bagdad und tötete und vergewaltigte Hunderte Juden und Jüdinnen, deren Häuser zuvor gekennzeichnet worden waren. Jüdische Geschäfte wurden geplündert und in Brand gesetzt.

Der Farhud stellt ein Schlüsselereignis in der Geschichte der irakischen Juden dar; danach kam es infolge eines zunehmenden arabischen Nationalismus und der Gründung des Staates Israel zu weiteren Übergriffen und Repressionen gegen die jüdische Gemeinde.

Als die irakische Regierung 1950 ein Gesetz beschloss, das es Juden erlaubte, ihre Staatsbürgerschaft aufzugeben und das Land zu verlassen, kam es zu einem Massenexodus der jüdischen Gemeinde mit ihren 140.000 Mitgliedern. Diesen Massenexodus organisierte die israelische Regierung über eine Luftbrücke, was als Operation »Ezra und Nehemiah« in die Geschichte einging.

Die im Irak zurückgebliebenen Juden wurden weiter terrorisiert, es gab willkürliche Verhaftungen und Hinrichtungen. Fast alle noch im Irak verbliebenen Juden flüchteten bis 1973 in den Iran, sodass am Ende des 20. Jahrhunderts im Irak keine jüdische Gemeinde mehr existierte.

Wie würde die irakische Gesellschaft heute aussehen, wäre es nicht zu der Vertreibung der irakischen Juden gekommen?

Kilian Foerster betreibt eine Website auf demr sich u.a. sein Projekt zu Kindergeschichten aus dem Irak findet.

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