Irak: Sadr bildet doch Koalition mit iranfreundlichem Bündnis

Irak: Sadr bildet doch Koalition mit iranfreundlichem Bündnis„Angesichts der am 12. Juni plötzlich erzielten Koalitionsvereinbarung zwischen dem Sairoon-Bündnis von Muqtada al-Sadr und dem proiranischen Fatah-Bündnis versuchen die beiden Parteien offenbar, ihre Gegner inner- und außerhalb des Irak zu besänftigen. (…) Auf einer von Sadr und dem Anführer des Fatah-Bündnisses Hadi al-Ameri gemeinsam einberufenen Pressekonferenz erklärte Sadr, ‚das Bündnis von Fatah und Sairoon bewahrt das Dreierbündnis von Sairoon, der Nationalen Weisheitsbewegung und dem Al-Wataniya-Bündnis. Sadr hatte zuvor Koalitionsvereinbarungen mit dem von Vizepräsident Ayad Allawi geführten Al-Wataniya-Bündnis und der schiitischen Nationalen Weisheitsbewegung von Ammar al-Hakim unterzeichnet. Damit bewegt sich die Koalition auf eine regierungsfähige Mehrheit zu. Das Sairoon-Bündnis verfügt über 54 Sitze, das Fatah-Bündnis über 47, das Al-Wataniya-Bündnis über 21 und die Nationale Weisheitsbewegung über 19. Sie kämen also gemeinsam auf 141 Sitze. Zur Regierungsbildung sind 165 der 329 Sitze erforderlich. Die neue Koalition braucht also nur noch weitere 24 Sitze. (…)

Zu diesem raschen Fortschritt kam es vor dem Hintergrund mehrerer Bombenanschläge in Bagdad, insbesondere der Explosion im Arsenal von Sadr City am 6. Juni. Dort unterstützt die Bevölkerung überwiegend Sadr. Besonders schwer wog außerdem der Brand in einer Lagerhalle im Bagdader Bezirk Rusafa, in der Wahlurnen aufbewahrt wurden. Die zunehmenden Meinungsverschiedenheiten über das Ergebnis der kürzlich stattgefundenen Wahlen haben die ohnehin schwerwiegenden Spannungen in dem Land weiter verschärft. Folglich haben mehrere Parteien, einschließlich der Sadrs, vor einem Bürgerkrieg im Irak gewarnt.

Alles deutet darauf hin, dass die jüngst erzielte Koalitionsvereinbarung darauf zurückzuführen ist, dass Sairoon und Fatah beide unter Druck kamen, denn für ein derartiges Bündnis, das nun vor dem Hintergrund der zunehmenden Spannungen so prompt vereinbart wurde, waren zuvor keinerlei Vorbereitungen getroffen worden. Nuri erklärte, die Vereinbarung seines Bündnisses mit dem Sairoon-Bündnis schaffe eine ‚große und mächtige Koalition zweier großer und mächtiger Bündnisse, gegen die eine weitere Eskalation nicht möglich ist. Diese Koalition sendet dem irakischen Volk schon im Vorfeld der Mehrheits- und Regierungsbildung ein Signal der Vergewisserung.‘ Von dem Schritt gehe ‚an alle eine Botschaft der Entspannung aus. Die Gefahr eines Bürgerkriegs muss abgewendet werden. Unterdessen schließen wir eine Wiederholung der Wahl allerdings aus. Mit dieser Botschaft wird dem irakischen Volk eine schwere Last von den Schultern genommen.‘

Die neue Koalition wird als Erfolg des iranischen Vorgehens im Irak bewertet, da er die Politik des Landes durch die proiranische Fatah weiterhin wird beeinflussen können. Das Sairoon-Bündnis ist den Vereinigten Staaten gegenüber ebenso feindselig eingestellt wie der Iran. Auch Saudi-Arabien ist von der Koalition nicht eben begeistert. Sie sei ‚für diejenigen, die bereits voreilig die Nachricht von der Rückkehr des Irak in sein arabisches Umfeld verkündet hatten, zutiefst frustrierend. So ergeht es denjenigen, die Vorhersagen treffen und sich der Illusion virtueller Siege hingeben‘, schrieb der saudische Autor Jamal Khashoggi. Vor der schwierigsten Wahl stehen die Kommunistische Partei und die Bürgerbewegung, die mit Sadrs Sairoon verbündet sind, denn sie hatten vor den Wahlen versprochen, die konfessionellen Quoten und regionalen Bündnisse zu überwinden und eine Regierung zu ermöglichen, die die Korruption bekämpft und dem Versagen des irakischen Staats seit 2003 ein Ende setzt. Es sieht nicht so aus, als würde die neue Koalition diesen Ambitionen gerecht werden.“ (Ali Mamouri: „Sadr allies with Iran-backed coalition to form government in Iraq“)

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