Die irakische Regierung lässt zehntausende libanesische Flüchtlinge ins Land. Das stößt bei vielen Irakern auf Missfallen und Widerstand.
Für schiitische Parteien und die mit ihnen verbündete Milizen im Irak ist es eine Ehrensache, libanesischen Glaubensbrüdern und -schwestern, die vor Israels Krieg gegen die Hisbollah fliehen, Asyl zu gewähren: So habe die Zahl der libanesischen Flüchtlinge, die seit der Verschärfung des Konflikts im Süden des Landes in den Irak gekommen sind, laut Angaben des Innenministeriums in Bagdad jene von 36.000 überschritten.
»Vom 20. September bis zum 3. November sind 48.341 libanesische Staatsangehörige über Flughäfen und Grenzübergänge in den Irak eingereist. 11.444 von ihnen sind zurückgekehrt und 36.897 bleiben im Irak«, sagte der Sprecher des irakischen Innenministeriums Miqdad Miri gegenüber der kurdischen Nachrichtenplattform Rudaw. Die Mehrheit sei über Flughäfen in den Irak eingereist, während einige von ihnen die Grenzen auf dem Landweg überquert hätten, so Miri. »Die meisten Flüchtlinge halten sich in Kerbala auf, gefolgt von Bagdad und Nadschaf. Neben der irakischen Regierung haben auch die schiitischen religiösen Autoritäten in Kerbala und Nadschaf ihre Bemühungen zur Aufnahme libanesischer Flüchtlinge beschleunigt.«
Hilfe für Hisbollah
Viele Menschen im Irak, vor allem Sunniten und Kurden, sehen in der Aktion weniger ein großzügiges humanitäres Aufnahmeprogramm, sondern praktizierte Solidarität mit der Hisbollah. So heißt es, einige der Ankommenden hätten sich offen mit Insignien der Terrororganisation geschmückt. Auch wurde Kritik daran laut, dass sich das Aufnahmeprogramm ausschließlich an Schiiten aus dem Libanon richte und andere von der dortigen Massenflucht aus dem Süden des Landes betroffene Gruppen keine Hilfe erhielten.
Außerdem befürchten Kritiker der Aktion, dass sie auch darauf abziele, den Einfluss der Hisbollah im Irak weiter auszubauen und so im Libanon verlorenes Terrain wieder gut zu machen, wie die irakische Zeitung El Estiklal vermutet: »Die Hisbollah ist im Irak in verschiedenen Sektoren tätig, insbesondere im Restaurantwesen, im Energiesektor, im Baugewerbe, in der Baustoffversorgung sowie im Bankwesen und im Hotelgewerbe«, zitierte sie den irakischen Wissenschaftler Bahaa al-Din al-Barzanji. »Die Hisbollah ist im Irak an verschiedenen Fronten aktiv, nicht durch prominente Persönlichkeiten, sondern auch als Investoren, insbesondere in Bagdad und anderen Provinzen im Zentrum und Süden des Landes, einschließlich Ninive. Aufgrund ihrer arabischen Nationalität sind sie schwieriger zu identifizieren, weil es ihre konfessionelle Zugehörigkeit verschleiert.«
Der irakische Forscher wies auch darauf hin, dass der Irak der Hisbollah als wichtiger Wirtschaftsstandort diene. »Einige der Investoren besitzen zwar eine europäische Nationalität, sind aber libanesischer Herkunft und bilden große Netzwerke mit Verbindungen zum Iran oder zur Hisbollah.«
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