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Wie ein IDF-Reservist den Kampf gegen die Hisbollah im Libanon erlebte

Israelische Soldaten sichern Arbeiten an der Grenze zum Libanon
Israelische Soldaten sichern Arbeiten an der Grenze zum Libanon (Quelle: JNS)

Noch bevor das israelische Militär den Befehl gab, Gilad Ach in den Norden des Landes zu schicken, war der Kompaniechef mit seinem Bataillon schon vor Ort, um die Grenze vor der Hisbollah zu sichern.

Natan Galula 

Als die Nachricht vom verheerenden Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 im Süden Israels bekannt wurde, eilte der 41-jährige Major der Reserve Gilad Ach mit seinem Bataillon, das Teil der 91. Division der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) ist, auf eigene Initiative in den Norden. »Ich wusste von dem Plan der Radwan-Elitetruppen der Hisbollah, die Region Galiläa zu infiltrieren, und befürchtete, dass sie einfallen und Tiberias und sogar Haifa erreichen würden. Als das Militär uns den Befehl gab, uns dort hinzubewegen, waren wir bereits vor Ort in den Notlagern«, berichtet der Kompaniechef.

Zermürbende Verteidigung

Wie ein IDF-Reservist den Kampf gegen die Hisbollah im Libanon erlebte
IDF-Major der Reserve Gilad Ach

Was folgte, war eine zermürbende dreimonatige Verteidigungsanstrengung. Ach war in dem Gebiet zwischen dem Berg Hermon und dem alawitisch-arabischen Dorf Ghajar an der nordöstlichen Grenze Israels eingesetzt. »Als Erstes haben wir die Straßen unterbrochen«, erzählte er. Der Major und seine Truppen sahen Aufnahmen aus dem Süden, auf denen zahlreiche Hamas-Terroristen auf Pick-ups und Motorrädern ihre Amokfahrt durchführten und ergriffen Maßnahmen, um ähnliche Szenen im Norden zu verhindern. »Wir nahmen Bagger und Traktoren und blockierten und zerstörten die Straßen. Wir waren darauf vorbereitet, dass Radwan jeden Moment einmarschieren könnte», erinnerte er sich.

Wegen der Stärke der Hisbollah im Umgang mit Panzerabwehrraketen war es seinem Bataillon nicht erlaubt, in Militärfahrzeugen zu fahren. Die meisten ihrer Bewegungen fanden zu Fuß und gelegentlich mit Privatfahrzeugen statt. »Seit dem 7. Oktober 2023 waren wir im Verteidigungsmodus, was für Infanterietruppen sehr schwierig ist. Bei Regen und Kälte lagen wir in Hinterhalten, in Schützengräben, und warteten auf den Feind. Und die ganze Zeit über wurden wir mit Drohnen, Granaten und Panzerabwehrraketen beschossen.« Die Hisbollah begann am 8. Oktober, einen Tag nach dem Hamas-Massaker, mit ihren grenzüberschreitenden Angriffen.

Irgendwann beschloss er, Sprengstoff am Grenzzaun anzubringen, um ihn gegen unbefugte Übertritte zu sichern. Ach betonte, die Lebenserfahrung, die israelische Reservisten in den Kampf einbringen, ihnen helfe, kreative Lösungen für Probleme zu finden, wie man sich zum Beispiel einem Grenzzaun nähert, ohne entdeckt zu werden.

Wie ein IDF-Reservist den Kampf gegen die Hisbollah im Libanon erlebte
Durch Hisbollah-Raketen entfachte Waldbrände nahe Korazim am See Genezerath (Quelle: JNS)

Gilad Ach war im Jahr 2023 von Oktober bis Dezember für achtzig Tage im Norden Israels stationiert. Während dieser Zeit waren die Soldaten frustriert, weil es keine offensiven Operationen gab: »Trotz all unserer fortschrittlichen Gerätschaften und Ausrüstung rannten wir jedes Mal in die Luftschutzbunker, wenn die Hisbollah uns ins Visier nahm. Ich glaube, das hat das Vertrauen zwischen den Soldaten vor Ort und dem IDF-Kommando untergraben.«

Der Dammbruch

Ach wurde später nach Gaza versetzt, kehrte aber im Oktober dieses Jahres an die libanesische Front zurück. »Als wir schließlich in den Libanon einmarschierten, war das wie ein Dammbruch. Dieselben Einheiten, die im Oktober 2023 im Norden stationiert waren, kehrten ein Jahr später zurück, um eine Offensive zu starten; in gewisser Weise war es also eine Korrektur. Im Libanon sahen wir all die Orte, von denen aus sie früher auf uns geschossen hatten.«

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Ein Konvoi von IDF-Truppentransportern an der Grenze zum Libanon (Quelle: JNS)

An der Art der Schlacht, mit der sie konfrontiert waren, habe sich jedoch nicht viel geändert, so der Major: »Von dem Moment an, in dem man in der nördlichen Region Israels ankommt, wird man alle paar Minuten mit Granaten, Panzerabwehrraketen, Drohnen und Burkan-Raketen [eine schwere Rakete, die von der Hisbollah eingesetzt wird] beschossen.« Gleichzeitig seien ständig israelische Jets und Artillerie über ihnen gewesen. Irgendwann »gewöhnt man sich daran … es ist wie Regen.«

Während der Bodenoperation bestand Achs Aufgabe darin, eine Pufferzone auf libanesischem Gebiet nahe der Grenze zu schaffen. Er beschrieb den Auftrag als »Durchführung von Angriffen und Razzien zur Aufdeckung und Zerstörung feindlicher Infrastruktur«.

Im Vergleich zum Zweiten Libanonkrieg 2006, an dem er ebenfalls teilgenommen hatte, »war dies viel einfacher. Zumindest in der ersten Reihe der Dörfer gab es fast keine feindliche Präsenz; sie waren alle geflüchtet.« Tatsächlich hatte sich die Terrorgruppe so hastig zurückgezogen, dass sie nicht einmal Zeit hatte, Sprengfallen richtig zu platzieren: »In einer Wohnung in einem der Dörfer sahen wir ein Telefon, das über ein Kabel mit Sprengsätzen verbunden war. Sie konnten nicht einmal die Sprengsätze scharf machen, bevor sie sich zurückzogen.«

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Israelische Soldaten bei einem Einsatz in Südlibanon (Quelle: JNS)

Nur eine Handvoll Hisbollah-Terroristen sei im Grenzgebiet verblieben und versteckten sich größtenteils in unterirdischen Tunneln; direkte Konfrontationen seien selten gewesen, fügte er hinzu. Dies sei ein Beweis für die Zerrüttung der Terrorgruppe nach Israels Eliminierungsoperation gegen ihre Führung und der schweren Luftkampagne im Vorfeld der Bodenoffensive. 

Die Hisbollah habe sich jahrelang auf diesen Krieg mit Israel vorbereitet, sagte Ach. Die libanesischen Grenzstädte seien zu militärischen Außenposten geworden, in denen jedes Haus »eine Festung« darstelle. Fast jedes einzelne Haus verfüge über eine unterirdische Infrastruktur, die jedoch nicht alle miteinander verbunden seien, erklärt er.

Ergänzend beschrieb Ach, dass trotz der Armut im Libanon viele der Häuser im Grenzgebiet sehr groß seien, über private Pools verfügten und Luxusautos vor den Toren stünden. Die schiitischen Bewohner »erhalten viel Geld für das, was sie tun«, meinte er unter Bezug auf die Aufrüstung gegen Israel.

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Israelische Soldaten bei einem Einsatz in Südlibanon (Quelle: JNS)

Verteidigung des Nordens

Die Arbeit der Bodentruppen im Grenzgebiet sei mühsam gewesen: »Wir gehen von Haus zu Haus, sichern das Gebiet, nachdem es gesäubert wurde; finden Waffen, Bargeldvorräte, militärische Ausrüstung, unterirdische Tunnel in vielen Häusern und sprengen dann alles in die Luft«, erklärte er.

Über die Menge an Waffen, die seine Kompanie fand, sei er erschüttert gewesen. »Jedes Haus hatte Waffen – und ich meine wirklich jedes Haus«, betonte der Major. »Scharfschützengewehre, Kalaschnikows, alles Mögliche.«

In Kfarkela, einer libanesischen Grenzstadt westlich von Israels nördlichster Stadt Metula im Finger von Galiläa, beschlagnahmten die IDF zwanzig Lastwagen voller Hisbollah-Waffen. Es wurden so viele Waffen beschlagnahmt, dass vorgeschlagen wurde, die IDF könnten damit ganze neue Einheiten aufstellen. »Es gibt keinen Grund, warum wir die Waffen nicht selbst verwenden sollten; mit der Menge an Kornet [Panzerabwehrraketen], die wir gefunden haben, könnten wir neue Kornet-Einheiten in den IDF bilden«, argumentierte er und fügte hinzu: »Es ist komplizierter, als die Leute denken. Viele Waffen waren mit Sprengfallen versehen.«

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Von Hisbollah-Rakete getroffenes Haus in der nordisraelischen Stadt Metula (Quelle: JNS)

Laut Ach trafen seine Truppen im Südlibanon auf keine lebenden Personen, abgesehen von Mitgliedern der libanesischen Streitkräfte und der Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon (UNIFIL). Über Letztere meinte er verächtlich: »Es ist ausgeschlossen, dass sie keine Lastwagen gesehen haben, die Sand aus diesen Häusern [beim Ausheben der unterirdischen Infrastruktur] geladen und Waffen hineingebracht haben. Die UNIFIL war direkt in einer Militärbasis der terroristischen Hisbollah stationiert.«

Mit Blick auf die Zukunft ist Gilad Ach überzeugt, dass die nächsten Schritte der IDF im Libanon von entscheidender Bedeutung sein werden, um das offizielle Kriegsziel Israels zu erreichen, die Bewohner des Nordens sicher in ihre Häuser zurückzubringen. Rund 70.000 Bewohner des Nordens wurden wegen der Kämpfe evakuiert, und viele der Städte und Dörfer wurden schwer beschädigt.

»Wenn die Evakuierten nach Norden schauen und sehen, dass dieselben Dörfer, aus denen ein ganzes Jahr lang auf ihre Häuser geschossen wurde, intakt bleiben, werden viele von ihnen nicht zurückkehren. Orte wie Kfar Yuval, Misgav Am werden verlassen bleiben.« Die einzige Möglichkeit, ihre Sicherheit und damit ihre Rückkehr zu gewährleisten, bestehe darin, dass sie aus ihren Fenstern schauen und dort die IDF und karges Land sehen.

Wie ein IDF-Reservist den Kampf gegen die Hisbollah im Libanon erlebte
Feuerwahr am Einschlagsort einer Hisbollah-Rakete im israelischen Kirjat Schmona (Quelle: JNS)

Hätte die Radwan-Truppe der Hisbollah ihren Plan zur Invasion Nordisraels ausgeführt, wären die Folgen katastrophal gewesen, betonte der Militärexperte. In Kfarkela hatte seine Kompanie Sprengstoff, taktische Rucksäcke und Waffen gefunden, die unmittelbar einsatzbereit waren. Die Hisbollah-Elitekämpfer hätten nur noch »den Sprengstoff an den Betonmauern der Grenze anbringen, sie in die Luft jagen und durchbrechen müssen.«

Ein historischer Krieg

Nach seinem Einsatz im Gazastreifen gründete Gilad Ach gemeinsam mit anderen Reservisten die Reservists-Generation of Victory (RGV), eine gemeinnützige Organisation, die sich dafür einsetzt, die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit eines entscheidenden Siegs gegen Israels Feinde zu überzeugen. Der Verband besteht aus etwa 8.000 IDF-Reservisten und hat Zehntausende Follower auf seinen Social-Media-Konten.

Laut Ach habe Israel jetzt die Chance, die Region auf Jahrzehnte zu verändern, und es sich auch nicht leisten könne, diese Chance zu verpassen. »Die vertriebenen Bewohner Nordisraels können jetzt in ihre Häuser zurückkehren. Aber wenn wir diesen Krieg nicht endgültig für uns entscheiden, werden sie sich in zehn bis fünfzehn Jahren in der gleichen Situation befinden. Dies ist ein historischer Krieg. Die Soldaten verstehen seine Bedeutung. Wir können ihn gewinnen.«

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Hisbollah-Anhänger feiern in Beirut ihren angeblichen Sieg über Israel (Quelle: JNS)

RGV sprach sich deutlich gegen das Waffenstillstandsabkommem mit dem Libanon aus, das am 27. November in Kraft getreten war. »Dieses Abkommen ist ein moralischer Trugschluss. Soldaten sind in diesem Krieg gestorben, haben ihre Freunde verloren. Ihre Errungenschaften einfach so wegzuwerfen ist eine schreckliche Sache«, gibt Ach die RGV-Position wieder. Die Hisbollah hat den Waffenstillstand bereits mehrfach verletzt, während Israel eine harte Linie eingeschlagen hat und eine strikte Durchsetzung zusagt.

Der Sturz des Regimes von Bashar al-Assad in Syrien am Sonntag hat die ohnehin instabile Region weiter destabilisiert. Die israelische Luftwaffe hat innerhalb von zwei Tagen mehr als dreihundert Ziele in Syrien angegriffen, um zu verhindern, dass strategische Waffen in die Hände von Terroristen fallen. Gilad Ach ist fest davon überzeugt, dass Israel seine Kriegsziele im Libanon noch erreichen kann und dass dies nun, da die Nachschublinien des iranischen Stellvertreters in Syrien unterbrochen sind, die Chance für Israel gekommen ist, die Hisbollah ein für alle Mal zu zerschlagen. 

Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)

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