Im Jemen findet zurzeit sowohl eine Eskalation durch die vom Iran unterstützten Huthi-Milizen statt wie auch regionale und internationale Bemühungen um eine politische Lösung.
Seit zwei Wochen weiten die Huthi-Milizen ihre Operationen an den militärischen Fronten an der Westküste und der Achse Taiz-Al-Barh und schicken Verstärkung in das strategische Gebiet am Roten Meer. So gaben die Streitkräfte der international anerkannten Regierung am vergangenen Samstag bekannt, einen Infiltrationsversuch von Huthi-Kämpfern in ihre Stellungen im Gebiet Kalaba nordöstlich der Stadt Taiz und der Al-Barh-Achse an der Westküste vereitelt zu haben.
Die emiratische Nachrichtenplattform Al-Ain News zitierte Angaben von jemenitische Quellen, dass die Huthi-Milizen »verschiedene militärische Verstärkungen an die Fronten der Gouvernements Taiz und Hodeidah (Westen) geschickt haben« und »ihre Verstärkungen seit vergangenem Monat in unregelmäßigen, aber stetigen Abständen eintreffen«.
In der saudischen Hauptstadt Riad hingegen war in den letzten Tagen eine rege diplomatische Aktivität in Bezug auf den Jemen zu beobachten, die sich auf regionale und internationale Bemühungen zur Deeskalation, zur Unterstützung der Wirtschaft und zur Einleitung eines integrativen politischen Prozesses unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen konzentrierte. Im Mittelpunkt dieser Aktivitäten stand das Treffen zwischen dem jemenitischen Präsidenten Rashad Al-Alimi, seinem Stellvertreter Othman Majali und dem US-Gesandten für den Jemen, Tim Lenderking, der die jemenitische Führung über die jüngsten diplomatischen Bemühungen zur Deeskalation und zur Vorbereitung des Starts eines integrativen politischen Prozesses informierte.
Der US-Botschafter im Jemen, Stephen Fagin, sagte der saudischen Zeitung Asharq Al-Awsat: »Das Treffen des US-Gesandten im Jemen mit dem jemenitischen Präsidenten konzentrierte sich auf die Wirtschaft und die Eindämmung der Eskalation durch die Huthi.« Man habe einen »fruchtbaren Dialog über die wichtigen Bemühungen zur Unterstützung der jemenitischen Wirtschaft und zur Eindämmung der Huthi geführt, da die Terrorgruppe weiterhin den Frieden und die Sicherheit in der Region gefährdet.«
Eingefrorener Prozess
Der politische Analyst und Leiter des Jhod-Zentrums für Studien im Jemen, Abdul Sattar Al-Shamiri, sagte, »die Eskalation der Huthi-Milizen an den Fronten von Hodeidah und der Westküste« erfolge im Rahmen der Neupositionierung ihrer Streitkräfte und der »Vorbereitung auf eine westliche Invasion in Hodeidah, falls die Huthi auch weiterhin Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer starten«.
Der jemenitische Politologe fügte hinzu, die mit dem Iran verbündete Gruppe habe in mehreren Gebieten der Küstenstadt Schützengräben und militärische Befestigungen errichtet. Al-Shamiri wies darauf hin, dass »Hodeidah die Huthi-Hochburg und ihr Korridor für den Erhalt geschmuggelter iranischer Waffen ist«. Auch Standorte für den Abschuss von Raketen und Drohnen, die auf internationale Frachtschiffe zielen, befänden sich in der Region.
In Bezug auf eine politische Lösung betonte Al-Shamiri, dass »Frieden erst erreicht werden kann, wenn neue militärische Bedingungen und Fakten vorliegen, welche die Stärke der Huthi untergraben und sie dazu zwingen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen«.
Der Unterstaatssekretär des Informationsministeriums der international anerkannten jemenitischen Regierung Fayyadh Al-Numan sagte diesbezüglich, er glaube, »dass die Arroganz der terroristischen Huthi-Gruppe und das Scheitern der UN-Maßnahmen zur Steuerung des Friedensprozesses die wichtigsten Faktoren waren, die den Friedensprozess eingefroren und in die vergessenen Schubladen der Vereinten Nationen gedrängt haben«.
Wer, so Al-Numan weiter, »die Eskalation und die Ereignisse in der Region, insbesondere in den internationalen und territorialen Gewässern des Jemen, verfolgt, bemerkt deutliche Anzeichen dafür, dass die Huthi-Miliz es nicht ernst meint und für einen Friedensprozess nicht bereit ist«.
Ende letzten Jahres einigten sich die jemenitischen Parteien auf eine Vereinbarung, die einen umfassenden Waffenstillstand, eine Verpflichtung zur Verbesserung der Lebensbedingungen und die Beteiligung an den Vorbereitungen zur Wiederaufnahme eines integrativen politischen Prozesses unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen beinhaltete. Die international anerkannte Regierung kündigte jedoch im vergangenen März die Aussetzung dieses Fahrplans an, da die Huthi-Miliz die Situation am Roten Meer nach wie vor gefährdet und die internationale Schifffahrt bedrohe.
Vor der Präsidentschaft Trumps
Was die internationalen Bemühungen zur Förderung einer politischen Lösung betrifft, so glaubt Yaqoub Al-Sufyani, der Direktor des South24 Center for Studies in Aden, dass die aktuellen internationalen Schritte dem Einzug des gewählten US-Präsidenten ins Weiße Haus vorgriffen. Al-Sufyani erklärte, die neue US-Regierung meine »es offenbar ernst mit der Verhängung von Sanktionen gegen den Iran und der Neuordnung einiger Angelegenheiten in der Region, zusätzlich zu ihren Bemühungen, die Huthi-Miliz als ausländische terroristische Organisation einzustufen, was die politischen Pläne im Jemen erschweren oder zunichte machen wird«, weswegen die Huthi sich jetzt noch in die bestmögliche Position bringen wollten.
Al-Sufyani wies darauf hin, dass diplomatische Schritte zur Wiederbelebung des politischen Prozesses im Jemen vom saudischen und internationalen Wunsch angetrieben würden, zu Verhandlungen zurückzukehren und einen neuen Krieg zu verhindern Er erklärte, dass der Erfolg dieser internationalen Bemühungen jedoch »davon abhängt, inwieweit die Huthi-Miliz bereit ist, ihre militärischen Seeoperationen und ihre bewaffnete Beteiligung am regionalen Konflikt einzustellen und zum politischen Kurs zurückzukehren«. Dies, so Al-Sufyani abschließend, sei die Grundvoraussetzung dafür, »dass die international anerkannte jemenitische Regierung am Verhandlungstisch Platz nehmen kann«.