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Huthi-Angriff auf Abu Dhabi wird Lage in der Region weiter verschärfen

Die UN-Botschafterin der VAE, Lana Nusseibeh, berichtet über Huthi-Angriff auf Abu Dhabi
Die UN-Botschafterin der VAE, Lana Nusseibeh, berichtet über Huthi-Angriff auf Abu Dhabi (© Imago Images / Pacific Press Agency)

Der Iran war an den Angriffen der jemenitischen Huthi-Milizen auf Abu Dhabi nicht unbeteiligt und stellt eine ernste Bedrohung für den Nahen Osten dar.

Der Konflikt im Jemen hat in dieser Woche eine gefährliche Entwicklung genommen, nachdem die mit dem Iran verbündete Huthi-Miliz die emiratische Hauptstadt Abu Dhabi ins Visier genommen hatte. Dies war der schwerwiegendste Angriff auf die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) seit Beginn des Krieges im Jemen vor etwa sieben Jahren.

Die Huthi-Bewegung gab zunächst bekannt, sie hätte eine »Militäroperation tief in den Vereinigten Arabischen Emiraten« durchgeführt, bevor sie am späten Montagabend erklärte, fünf ballistische Raketen und zahlreiche Drohnen eingesetzt zu haben, um Abu Dhabi anzugreifen.

Eskalation der Lage

Der Angriff galt hochsensiblen Zielen in den VAE: Die Ölgesellschaft ADNOC, deren Tanklastwagen bei dem Angriff getroffen wurden, ist für alle Aktivitäten der VAE-Regierung im Öl- und Energiesektor zuständig. Der Flughafen von Abu Dhabi, der wegen des in seiner Nähe ausgebrochenen Feuers zeitweise gesperrt werden musste, ist die wichtigste zivile Einrichtung in der Hauptstadt der VAE.

Nach dem Anschlag kündigte der Außenminister der VAE, Abdullah bin Zayed Al Nahyan, in einer Erklärung an, dass »der Anschlag nicht ungestraft bleiben wird«, und fügte hinzu: »Die VAE behalten sich das Recht vor, auf diese terroristischen Angriffe und die bösartige kriminelle Eskalation, die sie darstellen, zu reagieren.«

Am selben Tag startete die von Saudi-Arabien angeführte arabische Koalition eine Reihe von Angriffen auf Ziele in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa, wo die Huthi-Regierung, die enge Beziehungen zum Iran unterhält, ihren Sitz hat.

Lokale jemenitische Medien berichteten zudem, dass bei den Angriffen der arabischen Koalition der Anführer der Huthi-Bewegung, Abdullah Al-Junaid, Direktor der Luftfahrtschule in Sanaa, getötet worden war. Beobachter gehen davon aus, dass Al-Junaid einer der Verantwortlichen für die Drohnen war, die bei den Angriffen auf die VAE und Saudi-Arabien eingesetzt worden waren.

In den vergangenen Tagen erhielten die VAE Unterstützungsbotschaften aus verschiedenen Ländern der Welt. US-Präsident Joe Biden etwa kündigte am Mittwoch an, seine Regierung erwäge, die jemenitische Huthi-Bewegung erneut als internationale terroristische Organisation einzustufen. Und Israels Premierminister Naftali Bennett sicherte den VAE die Hilfe der israelischen Sicherheitsdienste bei der Bekämpfung des Huthi-Terrors zu.

Hat der Iran eine Rolle gespielt?

Einige Beobachter machen den Iran für den Angriff auf Abu Dhabi verantwortlich, da dieser zeitgleich mit einem Besuch des prominenten Huthi-Führers Muhammad Abdul Salam in Teheran erfolgte, wo er mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi und einer Reihe hochrangiger Beamten zusammentraf, wie der Sender Al Masirah berichtete.

Seit dem Ausstieg der Vereinigten Staaten aus dem Atomabkommen mit dem Iran im Jahr 2018 hat die Golfregion eine Reihe von Angriffen auf Schiffe und Öleinrichtungen erlebt.

Obwohl die Beobachter die engen Beziehungen zwischen dem Iran und den Anschlägen in Abu Dhabi hervorhoben, schlossen Analysten eine direkte Beteiligung Teherans an den Anschlägen aus und verwiesen auf die Beziehungen zwischen den VAE und dem Iran, die in letzter Zeit deutliche Fortschritte gemacht haben.

Ein US-Beamter, der anonym mit dem Wall Street Journal sprach, schloss ebenfalls eine »direkte Beteiligung« Teherans an den Anschlägen von Abu Dhabi aus. Die bei dem Angriff eingesetzten Drohnen und Raketen seien jedoch von der Huthi-Bewegung in Teheran erworben worden.

Der Iran gab eine vorsichtig formulierte Stellungnahme ab. Am Dienstag erklärte das iranische Außenministerium »zu den jüngsten Entwicklungen im Jemen«, dass militärische Angriffe keine Lösung für die Krise in der Region seien.

Torbjorn Soltvedt, Analyst bei der Risikoberatungsfirma Verisk Maplecroft, erklärte gegenüber Bloomberg, der Angriff auf Abu Dhabi »spiegelt die anhaltende Bedrohung sowohl der zivilen als auch der Energieinfrastruktur in der Region angesichts der zunehmenden regionalen Spannungen wider«.

Warum gerade jetzt?

Lange Zeit blieben die VAE weitgehend von Angriffen der Huthi-Bewegung verschont. Der Angriff am vergangenen Montag erfolgte nun, nachdem Abu Dhabi sich in letzter Zeit verstärkt in den Konflikt im Jemen eingeschaltet und begonnen hatte, die als »Riesenbrigaden« bekannten Milizkräfte zu unterstützen.

Die VAE bewaffnen und trainieren die lokalen jemenitischen Streitkräfte, die sich kürzlich den Kämpfen angeschlossen haben und denen es gelungen ist, die Huthis aus dem ölreichen jemenitischen Gouvernement Schabwa zu vertreiben und den Nachschub für die Huthi-Kräfte abzuschneiden, die ihrerseits versuchen, das benachbarte Gouvernement Marib zu kontrollieren.

Das neu erstarkte VAE-Engagement im Jemen-Krieg stellt eine Verschiebung auf dem Schlachtfeld dar. Im Jahr 2019 schien Abu Dhabi besorgt zu sein, es könne zur Zielscheibe von Racheakten der mit dem Iran verbündeten Huthi werden, weshalb es damals fast alle seine Streitkräfte aus dem Jemen abzog.

Mit seinem neuen Engagement »sind die VAE jetzt ein Ziel für die Huthis geworden«, sagte Oraib Al-Rantawi, Direktor des Al-Quds Center for Political Studies.

Der jemenitische Politologe Yaqoub Al-Atwani erklärte gegenüber der türkischen Agentur Anadolu: »Die emiratische Unterstützung für die Kräfte der Riesenbrigaden hat die Huthis getroffen und sie zu den Angriffen auf Abu Dhabi veranlasst.«

Der auf den Jemen spezialisierte Politikexperte Adam Baron erwartet, dass sich die aktuelle Eskalation direkt auf die Sicherheitslage in der Region auswirken werde, und zwar nicht nur, weil von einer »massiven Vergeltungsreaktion der VAE« auszugehen sei.

Vielmehr, so fügte er hinzu, »sehen die führenden Politiker der Golfstaaten in solchen Angriffen einen Beweis für den Transfer iranischer Technologie an die Huthis, was die Spannungen in der Region sicherlich verschärfen wird«.

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