Die antiisraelischen Demonstrationen der letzten Wochen waren nicht zuletzt von Aussagen geprägt, die Israelis täten den Palästinensern an, was die Nazis den Juden angetan haben.
Jérôme Buske / Benjamin Männel, Jungle World
So manche Argumentation der gegenwärtigen „Israelkritik“ ähnelt auf verblüffende Weise jener der schuldabwehrenden und konservativen Historiker in den achtziger Jahren. Insbesondere in den postkolonialen Debatten über „multidirektionale Erinnerung“ und im Zuge des israelbezogenen Antisemitismus bei den jüngsten antiisraelischen Demonstrationen wird immer wieder versucht, die Besonderheit der Verbrechen der Deutschen an den europäischen Juden in Frage zu stellen, zu vergleichen, zu relativieren. (…)
In den vergangenen Wochen eskalierten in Deutschland antisemitische Proteste. Oft wurden, zum Beispiel vor einer Synagoge in Gelsenkirchen, offen antisemitische Parolen gerufen, insbesondere aber erlebte der israelbezogene Antisemitismus eine Renaissance. Holocaustrelativierung auf antiisraelischer Demonstration in München (…) Postkoloniale Ideen werden mit Hilfe von Parolen wie beispielsweise „From the River to the Sea – Palestine will be free“ dafür eingesetzt, die Beseitigung des jüdischen Staats zu propagieren; Israel wird unter antirassistischen und antikolonialen Vorzeichen delegitimiert und dämonisiert. (…)
Folglich handelte der Aufruf zu einer Demonstration in Berlin von der Befreiung von Zionismus, „Besatzung“ und einer angeblichen „Jewish supremacy“. Der von einigen Demonstranten erhobene Vorwurf, Israel gehe mit den Palästinensern so um wie die Nazis mit den Juden, erinnert an die Gleichsetzungsversuche der Totalitarismustheoretiker in den Achtzigern und ist heute anschlussfähig an linke wie an islamistische Positionen.
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