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Holocaust-Gedenktag in Irakisch-Kurdistan

Von Thomas von der Osten-Sacken

Eine Nachricht, bei der sich Saddam Hussein wutentbrannt im Grabe umdrehen dürfte: Ausgerechnet im Irak, genauer in Irakisch-Kurdistan, wurde erstmalig seit Jahrzehnten in einem Mitgliedsland der Arabischen Liga ganz offiziell der Holocautsgedenktag begangen.

„In a historic ceremony in the Kurdistan capital Erbil, Kurds with Jewish roots together with Kurdish officials and foreign dignitaries remembered for the first time in the Kurdistan Region the six million Jews who died in the Holocaust. The event ended with the lighting of six candles, one for every million Jews killed by the Nazi regime in the 30s and 40s of the last century. A minute of silence was also observed. … During the ceremony, for the first time since decades Jews were openly wearing their yarmulke (kippah) in Kurdistan. “

holocaust

 

Schon im vergangenen Jahr hatte die irakisch-kurdische Regierung Sherzad Mamsani zum Leiter für „kurdisch-jüdische“ Angelegenheiten ernannt, und das Judentum zu einer der offiziell anerkannten Religionen in der Autonomieregion erklärt.

Traditionell besteht vor allem zwischen der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und Israel ein enges und freundschaftliches Verhältnis, die Beziehungen wurden aber immer geheim gehalten und galten vor allem als strategisch. Schließlich unterhält Israel auch mit vielen arabischen Ländern, in denen Antizionismus, ja Antisemitismus offizielle Staatsräson ist, gute geheimdienstliche und militärische Beziehungen.

Seit Jahren ändert sich in Irakisch-Kurdistan die Wahrnehmung Israels. Eine Israelische Firma betreibt in Kurdistan eine Milchfarm, und der Präsident Massud Barzani hat mehrmals betont, er würde diplomatische Beziehungen mit dem jüdischen Staat begrüßen, ein israelisches Konsulat in Arbil könne momentan aber nicht eröffnet werden, da sich der Irak und Israel weiterhin offiziell im Kriegszustand befinden. Eine Idee, die sich durchaus einer gewissen Popularität erfreut. Seit einiger Zeit gibt es sogar eine Zeitschrift namens Israel-Kurd, weitgehend unbekannt sind dagegen in irakisch-kurdischen Medien die ansonsten in der Region so allgegenwärtigen antisemitischen Karikaturen.

 

kurd

 

Stattdessen hört man häufig Aussagen, dass Kurden und Israelis schließlich dieselben Feinde hätten und es keinerlei territoriale Konflikte zwischen beiden Ländern gäbe. Verschwörungstheorien, in denen Juden oder Israel die Hauptrolle spielen, sind dagegen ungleich weniger verbreitet als in den meisten arabischen Nachbarländern.

Der Plan, eine neue Synagoge zu errichten dagegen wurde verschoben, nun soll zuerst ein Kulturzentrum eröffnet werden:

„For safety reasons, the policy of the Jewish representative Mamsani is to delay the opening of a synagogue, and to first set up a cultural centre where people can learn about Jews and Judaism. ‚It will be open to all; both Christian and Muslim children can come to learn – and not to convert,‘ he stressed. ‚We mainly want to change the image in the minds of the Kurdish people about the Jews.‘

The centre will also have its own rabbi, and help Benjews [i. e. Jewish descendants living in the Kurdistan Region] to reconnect with the faith again that they mostly were not taught about by their parents or grandparents. Only a small minority did teach the Jewish prayers and rituals to their offspring.

Until the mood towards Jews has changed enough, Mamsani does not want to endanger any lives by opening a synagogue in Kurdistan. ‚It has been seventy years that Jews were praying secretly in their homes. The lives of our people are more important than having a synagogue.‘ He points to the fact that ISIS, or Daesh, is still active. ‚Daesh is still next door, and we do not know in the long run what will come after.‘“

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