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Hoch lebe Erdogan, der geliebte Führer der Türkei!

Imago Images / Michael Kneffel)

Von Burak Bekdil

In einem sehr klugen Schritt fügte das deutsche Außenministerium einen neuen Reiseratschlag auf der Seite „Reise- und Sicherheitshinweise“ hinzu, wie deutsche Touristen sich benehmen sollten, wenn sie die Türkei besuchen: „Es wird dringend davon abgeraten, in der Öffentlichkeit politische Äußerungen gegen den türkischen Staat zu machen bzw. Sympathie mit terroristischen Organisationen zu bekunden.“ Ironischerweise erfolgte dieser Rat mehr oder weniger zur selben Zeit, als ein deutscher Reporter aus der Türkei abgeschoben wurde, weil er früher einmal nicht ins Land einreisen durfte. Die deutsche Regierung sollte vielleicht ihre Reisehinweise zur Türkei aktualisieren: „Äußern Sie sich nicht öffentlich politisch gegen den türkischen Staat. Wenn Sie Journalist sind, reisen Sie nicht in die Türkei.“

Obwohl der neue Ratschlag des deutschen Außenministeriums ein kluger Zug war, könnte er dabei versagen, zukünftige diplomatische Krisen zwischen Ankara und Berlin zu verhindern. Es würde nicht schaden, der Seite weitere Tipps hinzuzufügen: „Trinken Sie während des Besuchs in der muslimischen Türkei keinen Alkohol wie Ungläubige. Es wäre besser für Ihre eigene Sicherheit, wenn Sie während des Ramadan fasten oder zumindest so tun als ob. Sie werden beim Sonnenbaden an der türkischen Mittelmeerküste mehr Spaß und eine bessere Zeit haben, wenn Ihre Frau ein islamisches Kopftuch trägt, in ihrem Hotelzimmer bleibt und es vermeidet, in der Öffentlichkeit schwimmen zu gehen. T-Shirts mit Aufschriften, die Hitler rühmen, werden Ihr Wohlergehen weiter steigern und vielleicht sogar unvergessliche Freundschaften zwischen Ihnen und Einheimischen entstehen lassen.“

Es gibt einen weitere problematischen Punkt zu dem deutschen Rat, dass „dringend davon abgeraten [wird] …, Sympathie mit terroristischen Organisationen zu bekunden.“ Vom durchschnittlichen deutschen Sonnenbadenden ist logischerweise nicht zu erwarten, dass er Sympathie mit dem Islamischen Staat im Irak und Syrien (ISIL) bekundet – obwohl viele Türken das tun und dafür nicht strafrechtlich belangt werden.

Berlin hätte zu dieser Vorsicht präziser sein sollen. Eine vage Bekundung von Empathie für ISIS, selbst wenn das keine totale Sympathie ist, wird niemanden notwendigerweise in Gefahr bringen. Wenn er wegen Sympathien für ISIS vor Gericht kommt, sollte der kluge deutsche Tourist sich daran erinnern, seinem Anwalt zu sagen, er möge Premierminister Ahmet Davutoğlus notorische Worte über die ISIS-Jihaidsten zitieren: „Wut, Verstimmungen und Beleidigungen [gegen Sunniten] haben in der Vergangenheit eine Reaktion [das Aufkommen von ISIS] verursacht. Eine solche Anhäufung von Wut [deren Ergebnis ISIS war] hätte es nicht gegeben, wenn sunnitische Araber im Irak nicht verprellt worden wären.“

Gleichwohl, liebe deutsche Touristen, könnten Sie nicht gleichermaßen Glück haben, wenn Sie Sympathie für die Journalisten bekunden, die lebenslängliche Haftstrafen verbüßen, weil sie Artikel auf der Titelseite ihrer Zeitungen veröffentlicht haben. Sie, nicht ISIS, sind die Terroristen mit denen Sie nicht sympathisieren sollten. Dasselbe gilt für die gewählten kurdischen Mitglieder des Parlaments oder die Millionen Protestierenden, die 2013 auf die Straße gingen – darunter der 15-jährige Berkin Elvan, der von einem Tränengaskanister getötet wurden, den die Polizei verschoss, genau den Jungen, den die herrschende islamistische Elite rasch als „Terroristen“ bezeichnete. Also auch keine Sympathie für Berkin …

Bleiben Sie einfach auf der sicheren Seite und beherzigen Sie stets die titelgebenden Worte dieser Kolumne, wo immer Sie in der Türkei sein mögen. Sie werden lächelnde Gesichter sehen und Ihnen werden Ferien ohne Strafverfolgung – oder Deportation – im Land des Beitrittskandidaten für die Europäische Union, der Türkei, garantiert sein; und Sie werden Döner oder Schisch-Kebab in einer entspannten Atmosphäre genießen – natürlich mit Ayran. Vergessen Sie Bier. Sie könnten noch mehr Herzen und Gemüter gewinnen, wenn Sie ein paar türkische Sprüche zitieren können, so zum Beispiel „Biz Erdoğan çok sevmek“ oder „Biz Türkiye çok aşik olmak“.

So sehr Sie dem Verfasser dieser Kolumne für seinen Rat zu Dank verpflichtet sind, denken Sie doch bitte daran, auch Kanzlerin Merkel für ihre nützlichen Reisetipps zu danken, wenn Sie wieder Zuhause sind.

Auf deutsch zuerst erschienen hier. Das englische Original stammt von der Website der englisch-sprachigen türkischen Tageszeitung Hürriyet Daily News.

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