Der „alte“ und der „neue“ Historikerstreit haben viel mehr miteinander gemeinsam, als es auf den ersten Blick scheint. Denn sowohl Ernst Nolte als auch Dirk Moses relativieren die Schoa.
Rafael Seligmann, Jüdische Allgemeine
Der „alte“ Historikerzank ist passé, da Menschen angeblich aus der Geschichte lernen. Die modernen Historiker, „Denker“, Politologen und Möchtegern-Intellektuellen leugnen, wie gehabt, im gegenwärtigen „Historikerstreit 2.0“ keineswegs die Tatsache des Holocaust. Ihnen geht es vielmehr darum, dessen Verbrechen zu relativieren – auch wenn sie dies so deutlich nicht aussprechen. Die Untaten der Schoa waren furchtbar. Aber sie waren nicht das erste Verbrechen und nicht das letzte. Das erste Opfer war Kain, kein Jude.
Millionen Afrikaner, indigene Amerikaner und andere wurden während der Sklaverei und in Kolonialkriegen erschlagen. Der Zionismus, die Flucht- und Befreiungsbewegung der Juden, die zur Gründung Israels führte, war und bleibt in ihrem Verständnis eine kolonialistische Bewegung, die noch heute „kolonialistische Verbrechen“ gegen die Palästinenser begeht. Mit diesem alten antisemitischen Hut, den die sowjetische Propaganda bereits vor Jahrzehnten verbreitete, geht beispielsweise Achille Mbembe hausieren – und erntet Aufmerksamkeit.
Da die antizionistischen Pamphlete von Mbembe und Kollegen zu dünn sind, versucht die antizionistische Richtung eine modernere, umfassendere ideologische Rechtfertigung. Als deren Hohepriester – der Begriff ist bewusst gewählt – tritt zunehmend der australische Historiker Anthony Dirk Moses hervor. Ihm geht es darum, den vermeintlichen „Katechismus“ der Deutschen zu unterminieren, indem er gegen die von „Hohepriestern“ verkündeten „Glaubensartikel“ angeht.
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