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Die Hisbollah und der Explosivstoff von Beirut

Die Hisbollah hat Hunderte Tonnen des Stoffes vom Iran geliefert bekommen, der Teile Beiruts zerstört hat. (imago images/Xinhua)
Die Hisbollah hat Hunderte Tonnen des Stoffes vom Iran geliefert bekommen, der Teile Beiruts zerstört hat. (imago images/Xinhua)

Die Hisbollah hat vom Iran Hunderte Tonnen des Stoffes bekommen, der in Beirut explodiert ist – und ihn schon öfter für Anschläge verwendet.

Daniel-Dylan Böhmer, welt.de

Nach der verheerenden Explosion in Beirut in der vorletzten Woche gab es zahlreiche Hinweise, dass Libanons schiitische Hisbollah-Miliz immer wieder mit jener Chemikalie operiert hat, die auch die Detonation in der libanesischen Hauptstadt auslöste: Ammoniumnitrat, ein Salz, das als Sprengstoff, aber auch für die Herstellung von Dünger verwendet werden kann.

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat seither vehement bestritten, dass seine Organisation etwas mit dem Chemikalienvorrat zu tun hatte, der die Explosion verursachte. Doch nach Informationen westlicher Geheimdienste, die WELT vorliegen, erhielt die Hisbollah im Libanon große Lieferungen von Ammoniumnitrat, die in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem in Beirut detonierten Material stehen.

Nach bisherigem Kenntnisstand wurde die Explosion am 4. August ausgelöst, als ein Bestand von 2750 Tonnen Ammoniumnitrat Feuer fing, das seit Ende 2013 oder Anfang 2014 in einer Halle im Hafen von Beirut lagerte. Wer genau es hatte liefern lassen und wer für die Lagerung verantwortlich war, wird derzeit ermittelt.

Doch nach den Geheimdienstinformationen, die WELT zugänglich gemacht wurden, ließ sich die Hisbollah genau in jener Zeit erhebliche Mengen Ammoniumnitrat in den Libanon liefern. Verantwortlich für den Transport soll die Kuds-Einheit der Iranischen Revolutionsgarden gewesen sein, also der für Auslandsoperationen zuständige Teil jener Paramilitärs, die auch politisch eine Schlüsselstellung im Iran einnehmen. (…)

So wurde für die Lieferung vom 4. April 2014 insgesamt eine Milliarde iranische Rial berechnet (rund 61.438 Euro). Gemessen an den Werten der anderen beiden Lieferungen, könnte es sich hier um eine Menge von 90 bis 130 Tonnen gehandelt haben. Insgesamt geht es bei den drei Lieferungen also um eine Menge von 630 bis 670 Tonnen Ammoniumnitrat. (…)

Für die Entgegennahme der Fracht aufseiten der Miliz im Libanon soll ein Mann zuständig gewesen sein, der in mehrfacher Hinsicht geradezu schicksalhaft für die Dreiecksbeziehung zwischen dem Iran, der Hisbollah und Syrien steht. Und für ihre explosive Natur. Mohammad Qasir, 57, steht seit 2018 auf der US-Liste von Sanktionen zur Unterbindung der Finanzierung der Hisbollah. (…)

Qasir soll seit 20 Jahren für die Logistik der Hisbollah verantwortlich sein und auch die Bezahlung der Ammoniumnitrat-Lieferungen verantwortet haben. Aber seine Person ist offenbar noch in anderer Weise mit dem Sprengstoff verbunden.

Qasir soll der Bruder eben jenes Ahmed Qasir sein, der im November 1982 den ersten Anschlag der Hisbollah überhaupt beging. Während des Libanonkriegs steuerte er einen Lastwagen in das Hauptquartier der israelischen Armee in Tyrus und tötete dabei mindestens 75 israelische Soldaten, 14 ihrer arabischen Gefangenen und sich selbst. Der Sprengstoff bei diesem Attentat: Ammoniumnitrat.

Wenn die Informationen von WELT zu den Lieferungen zutreffen, dann hat Qasir selbst den Stoff gekauft und weitergegeben, der seinen Bruder tötete. Sicher ist jedoch, dass die Hisbollah Ammoniumnitrat immer wieder für Anschläge einsetzte. (…)

Die Faktenlage [über das am 4. August in Beirut explodierte Material] weist nicht direkt auf die Hisbollah als Empfänger dieses Stoffes hin. Doch die Geheimdienstinformationen deuten darauf hin, dass die Hisbollah genau in jener Zeit große Vorräte an Ammoniumnitrat anlegte. Das könnte ein Grund gewesen sein, warum die Organisation jenes Material im Hafen von Beirut hätte halten wollen, wenn sie es nicht selbst bestellt hatte.

(Aus dem aufschlussreichen Artikel „Die explosive Spur führt zur Hisbollah“, der auf welt.de veröffentlicht wurde.)

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