Hisbollah-Chef Naim Qassem droht mit einem Ende des Waffenstillstands, sollte Israel seine Truppen nicht aus fünf Außenposten im Libanon abziehen.
Die Hisbollah werde keine israelische Militärpräsenz im Südlibanon dulden, erklärte der Generalsekretär des iranischen Terroristenvertreters Naim Qassem am Sonntag. In einem Interview mit dem TV-Sender Al-Manar, derseiner Terrororganisation nahesteht, warf Qassem dem jüdischen Staat mehrere Verstöße gegen den Waffenstillstand vor und warnte, dass das Abkommen zwischen Israel und dem Libanon nicht halten werde.
Qassem sprach Israel direkt an, indem er fragte: »Wenn ihr in diesen Stellungen bleibt, wie lange kann das eurer Meinung nach dauern? Der Widerstand wird nicht zulassen, dass ihr dortbleibt. Wenn die Besatzung anhält, werden sich die Armee, das Volk und der Widerstand ihr entgegenstellen. Wir sind in keiner Weise an ein Abkommen zwischen den USA und Israel gebunden«, sagte der Hisbollah-Chef unter Bezugnahme auf eine in Zusammenarbeit mit der Trump-Regierung getroffenen Entscheidung Israels, weiterhin Bodentruppen im Libanon zu stationieren. Die israelischen Streitkräfte erklärten letzten Monat, ihre Truppen würden über die Waffenstillstandsfrist vom 18. Februar hinaus in fünf Außenposten im Südlibanon stationiert bleiben.
Der Waffenstillstand vom 27. November 2024 beendete die über ein Jahr dauernden Gefechte, die von einem zweimonatigen Krieg mit israelischen Bodentruppen abgeschlossen wurden. Das Abkommen sah einen vollständigen Rückzug Israels innerhalb von sechzig Tagen vor, aber israelische Truppen verblieben in den fünf wichtigsten Grenzpositionen, da Sicherheitsbedenken bestehen, die libanesischen Streitkräfte nicht die vollständige Kontrolle übernommen haben und die Hisbollah sich nicht hinter den Litani-Fluss zurückgezogen hat.
Keine Niederlage
Es war Qassems erstes Interview seit der Übernahme der Führung der Terrorgruppe Ende Oktober, nachdem Israel seinen Vorgänger Hassan Nasrallah gezielt getötet hatte. In dem Gespräch behauptete Qassem auch, dass der Wiederaufbau der vom Krieg betroffenen Gebiete in der Verantwortung des libanesischen Staates liege und bekräftigte gleichzeitig die fortgesetzte Rolle der Hisbollah in der politischen und militärischen Arena des Landes.
Der Terroristenführer sprach auch über den durch die Tötung Nasrallahs notwendig gewordenen Führungswechsel, gab »Mängel« und eine »Sicherheitslücke« zu, bestritt jedoch, dass die Hisbollah eine Niederlage erlitten habe: »Wir haben eine Einigung erzielt, das Feuer eingestellt und behalten weiterhin unsere Stärke und Ressourcen.« Qassem gab an, dass er nach der Tötung Nasrallahs zunächst Hashem Safieddine als Anführer der Hisbollah vorgeschlagen hatte, dieser jedoch wenige Tage später ebenfalls bei einem israelischen Luftangriff getötet wurde.
Darüber hinaus bekannte Qassem sich zu einem Drohnenangriff auf das Privathaus der Familie des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu in Caesarea am 19. Oktober 2024und behauptete, »das Ins-Visier-Nehmen von Netanjahus Haus beweist, dass unsere Fähigkeiten intakt sind«. In einem offensichtlichen Widerspruch dazu betonte er, die Hisbollah habe nur militärische Ziele anvisiert, um Israel keinen Vorwand für eine Eskalation zu liefern.