„Herr Botschafter, könnte ich gefahrlos in die Türkei reisen?“

Der türkische Botschafter in den USA, Kemal Ökem

Mein Vortrag gab einen Überblick über den Islamismus in der Region. In der anschließenden Diskussion protestierte der neue türkische Botschafter, Kemal Ökem, lebhaft gegen einige Bemerkungen, die ich über sein Land gemacht hatte. Ich verteidigte diese und forderte ihn dann wie folgt heraus (eine Videoaufzeichnung kann hier eingesehen werden):

Pipes: Ich bin das erste Mal 1972 in die Türkei gereist. Ich habe Türkisch gelernt, wenn auch nicht mit allzu großem Erfolg, aber ich habe es studiert. Ich bin seitdem viele Male wieder dort gewesen. Doch zum gegenwärtigen Zeitpunkt traue ich mich nicht, in die Türkei zu reisen, denn ich stehe, wie sie gehört haben mögen, der Regierung kritisch gegenüber. Insbesondere habe ich den Putsch vom 15. Juli unterstützt, was in der Türkei als absoluter Frevel gilt. Daher traue ich mich nicht, wieder in die Türkei zu reisen. Also frage ich Sie, Herr Botschafter, könnte ich gefahrlos in die Türkei reisen und dort einige Zeit verbringen oder wenigstens am Flughafen umsteigen? Sie haben eine großartige Fluggesellschaft, die ich sehr gerne nutzen würde, mich aber nicht zu nutzen traue. Könnte ich ohne Gefahr in die Türkei reisen?

Ökem: Wenn Sie sagen, dass Sie den gescheiterten Putsch unterstützen, der 250 türkische Zivilisten das Leben kostete, und wenn Sie sagen, dass Sie die Art von Organisation unterstützen, die wir als terroristische Organisation einstufen, und bei der es sich im Übrigen um einen religiösen Kult handelt, und die etwas zu exportieren sucht, wenn Sie das sagen, dann würde ich Ihnen eher raten, dort nicht hinzureisen, denn Sie sind ein Komplize, würden als ein Komplize eingestuft. (…)

Der Name der ‚terroristischen Organisation‘ wurde nicht ausgesprochen, aber Ökem bezog sich auf die sogenannte Fethullahçı Terör Örgütü, oder FETÖ (Fethullah-Gülen-Organisation). Für die übrige Welt ist das die Hizmet-Bewegung, gegründet von Fethullah Gülen – einem früher engen und wichtigen Verbündeten Erdogans, bis sich die zwei überwarfen. Niemand sonst sieht [die Hizmet-Bewegung] als gewalttätig oder gar terroristisch an. (…)

Ein erbitterter Kritiker der Sowjetunion wie mein Vater Richard Pipes hatte keine Schwierigkeiten, unter dem noch immer repressiven, post-stalinistischen Regime Russland zu besuchen. Mit anderen Worten: Ankara, ein NATO-Mitglied und offizieller Verbündeter der Vereinigten Staaten, besteht auf einem höheren Maß an Gedankenkontrolle als es die UdSSR tat.

Turkish Airlines ist offenbar die einzige Fluggesellschaft, bei der Passagiere einen ideologischen Test bestehen müssen, wenn sie ihre Reise zu Ende bringen, nicht aber das Risiko eingehen wollen, ins Gefängnis geworfen zu werden.“ (Daniel Pipes: „Erdogan to Me: Stay out of Turkey“)

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