Sehr geehrter Thomas Hois,
in Ihrem gestrigen ZIB24-Beitrag zur britischen „Irakkrieg-Untersuchungskommission“ führen Sie aus: „Die Gefahr durch Saddams Massenvernichtungswaffen: eine Lüge, wie sich nachher herausstellt.“ Woher auch immer Sie Ihre Information bezogen haben wollen, dass Tony Blair die Öffentlichkeit belogen habe, aus dem Bericht der Chilcot-Kommission kann sie nicht stammen.
Dort ist nämlich keine Rede davon, dass Tony Blair – oder sonst eine beteiligte Person bzw. Institution – bewusst die Unwahrheit über die Existenz von Massenvernichtungswaffen gesagt habe. Die Kritik der Untersuchungskommission lautet vielmehr, dass manche der diesbezüglichen Hinweise falsch eingeschätzt wurden, weil den darin auftauchenden Widersprüchen nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
Dass die Geheimdienste – und zwar nicht nur der amerikanische und der britische, sondern etwa auch der deutsche BND – nach damaligem Wissensstand aber prinzipiell davon ausgingen, Saddam Hussein strebe nach chemischen, biologischen und atomaren Waffen, das zieht der Chilcot-Report nicht in Zweifel. Genauso wenig bezweifelt er, dass Tony Blair seine Entscheidungen auf eben diese Einschätzung der Geheimdienste stützte, welche sich erst im Nachhinein als so nicht haltbar erwies. Insofern kritisiert der Bericht der Untersuchungskommission dann auch unzulängliche Bewertungen der Faktenlage und mangelnde Weitsicht. Die Verbreitung von Lügen aber wirft er, anders als Sie insinuieren, dem ehemaligen britischen Premierminister nicht vor.
Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Alexander Gruber
Mena Watch