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Hamas sieht keinen Grund, sich auf einen Deal einzulassen

Sieht aktuell keinen Grund, einem Deal zuzustimmen: Hamas-Führer Yahya Sinwar. (© imago images/ZUMA Press Wire)
Sieht aktuell keinen Grund, einem Deal zuzustimmen: Hamas-Führer Yahya Sinwar. (© imago images/ZUMA Press Wire)

Aus seinen Erfahrungen mit der Hamas weiß ein ehemaliger BND-Agent: Nur verstärkter militärischer Druck führt zu einem Geiseldeal.

In wenigen Punkten herrscht in der westlichen Politik und in den Medien so viel Übereinstimmung wie darin, dass es im Gazastreifen dringend eines Waffenstillstands bedürfe. Auf militärischem Weg könne Israel die islamistische Terrororganisation Hamas, die für das Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 verantwortlich war, nicht besiegen; militärischer Druck bringe nichts, sondern gefährde das Leben der nach wie vor von der Hamas verschleppten israelischen Geiseln. Statt Druck auf die Hamas brauche es Verhandlungen und Kompromissbereitschaft.

Einer, der sich mit Verhandlungen mit Terrororganisation auskennt, weil er selbst jahrelang darin involviert war, ist der ehemalige Bundesnachrichtenagent Gerhard Conrad. Im Interview mit der ARD-Tagesschau erklärt er, warum die allgemein für wahr gehaltenen Annahmen über Verhandlungen wenig mit der Realität zu tun haben.

Kein normaler Verhandlungspartner

Das Grundproblem, das, so kann man hinzufügen, im Westen nicht verstanden wird, besteht aus Conrads Sicht darin, dass die Hamas »kein normaler Verhandlungspartner« sei. An sie könnten nicht dieselben Maßstäbe angelegt werden wie an »eine Regierung, die eine Verantwortung gegenüber ihrer Bevölkerung hat oder in internationale Beziehungen eingebunden ist«:

»Solange der Kern von Hamas um Yahya Sinwar sich nicht existenziell gefährdet sieht, nicht vor der Wahl steht, Märtyrertod oder Deal, solange gibt es überhaupt keine Veranlassung, auf irgendwelche Vorschläge einzugehen, die nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen. (…) Die einzige Hoffnung scheint, sie noch weiter zu schwächen. Irgendwann kommt vielleicht der Kipppunkt, an dem die Organisation selbst bedroht ist.«

Im Gegensatz zu vielen anderen westlichen Beobachtern weiß Conrad, dass es einen Deal mit der Hamas erst geben wird, wenn sie keine andere Überlebensmöglichkeit mehr hat: »Heute sagt die Hamas, sie wollen in Gaza bleiben und wiedererstarken. Solange sie den Eindruck haben, das erreichen zu können, gibt es keinen Grund, Zugeständnisse zu machen.«

Die Konsequenz aus diesen Einsichten lautet freilich: Will man einen Waffenstillstand erreichen, ist ein vermehrter internationaler Druck auf Israel in höchstem Maße kontraproduktiv, weil er in der Hamas-Führung um Sinwar den Eindruck erweckt, nur noch ein bisschen länger durchhalten zu müssen, bis Israel nachgibt. Das fehlgeleitete westliche Verhalten bewirkt nicht ein Ende oder zumindest eine Unterbrechung der Kämpfe, sondern verlängert vielmehr das Blutvergießen.

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