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Hamas kann ihre Kämpfer nicht mehr bezahlen

Aufgrund von Geldknappheit kann die Hamas ihre Kämpfer nicht mehr bezahlen
Aufgrund von Geldknappheit kann die Hamas ihre Kämpfer nicht mehr bezahlen (Imago Images / Middle East Images)

Israels Kampf gegen die Hamas und die Kürzung von Hilfsgütern haben die Geldquellen der Terrororganisation und ihre Fähigkeit, das Geld im Gazastreifen zu verteilen, beeinträchtigt.

Die Hamas sieht sich mit einem neuen Problem konfrontiert: Sie braucht Geld, um ihre Kämpfer bezahlen zu können, wie das Wall Street Journal (WSJ) in einem Artikel schreibt. Israel hat im März die Versorgung der Küstenenklave mit humanitären Gütern unterbrochen, von denen die Hamas einen Großteil beschlagnahmt und verkauft hatte, um Geld zu beschaffen. Obendrein hat die erneute Offensive Israels Hamas-Funktionäre ins Visier genommen, die eine wichtige Rolle bei der Verteilung von Bargeld an den Kader und Aktivisten einnehmen.

In den letzten Wochen tötete das israelische Militär nach eigenen Angaben in rascher Folge einen Geldwechsler, der eine Schlüsselrolle bei der Terrorismusfinanzierung der Hamas spielte, sowie eine Reihe hochrangiger politischer Funktionäre.

Das Ergebnis ist ein finanzieller Engpass für die Hamas: Die Gehälter vieler Regierungsangestellte wurden eingestellt, während eine große Anzahl an Kämpfern und Funktionären seit Mitte März nur noch etwa die Hälfte ihres Gehalts bezieht. Die Ausfälle führen in der Bargeldwirtschaft des Gazastreifens zu Problemen und signalisieren eine zunehmende organisatorische Dysfunktion in der Hamas, die mit einer aggressiveren israelischen Militärstrategie konfrontiert ist.

»Auch wenn die Organisation noch über große Mengen Bargeld verfügt, sind ihre Möglichkeiten der Verteilung im Moment sehr begrenzt«, urteilte der Open-Source-Forscher Eyal Ofer über die Wirtschaft des Gazastreifens. Ofer sagte, die typischen Zahlungsmethoden der Hamas bestünden darin, einen Kurier mit Bargeld zu beauftragen oder eine Auszahlungsstelle einzurichten, was allerdings Aufmerksamkeit erregt und Ziele für israelische Truppen darstellen könnte.

Beschaffungsmaßnahmen

Die Hamas, welche die zivile Regierung des Gazastreifens kontrolliert, erhielt vor dem Krieg monatliche Geldtransfers aus Katar in der Höhe von fünfzehn Millionen Dollar. Außerdem hat sie Gelder unter anderem aus Westafrika, Südasien und Großbritannien beschafft und nach Angaben westlicher und arabischer Beamter ein Depot von etwa fünfhundert Millionen Dollar angelegt, einen Großteil davon in der Türkei.

Mit Beginn des Kriegs schränkte Israel den Transfer von Bargeld in den Gazastreifen stark ein, was die Hamas veranlasste, den Strom humanitärer und kommerzieller Güter zu nutzen, um neue Einnahmequellen zu erschließen. Dazu zählte die Erhebung von Steuern von Händlern, von Zöllen auf Lastwagen an Kontrollpunkten und die Beschlagnahmung von Waren zum Weiterverkauf. Darüber hinaus wurde Bargeld aus dem Ausland verwendet, um dort humanitäre Güter zu kaufen, die dann im Gazastreifen verkauft und wieder in Bargeld umgewandelt werden.

Trotz dieser Versuche, die israelischen Beschränkung zu umgehen, stand die Hamas kurz vor einer Liquiditätskrise, bevor der Waffenstillstand im Januar einen Zustrom von Hilfsgütern in den Gazastreifen brachte und der Gruppe die Möglichkeit gab, ihre Kassen wieder aufzufüllen. Diese Wege wurden geschlossen, als Israel im März die Übergänge in den Gazastreifen für humanitäre Lieferungen dicht machte.

»Die Hamas steckt in einer großen Krise, was die Beschaffung von Geld angeht«, sagte Moumen al-Natour, ein palästinensischer Anwalt aus dem Flüchtlingslager Al-Shati im Zentrum des Gazastreifens. Natour, der Teil einer aufkeimenden Oppositionsbewegung gegen die Hamas-Herrschaft ist, erklärte, die Gruppe habe Schwierigkeiten, ihre Regierungsmitarbeiter zu bezahlen. »Sie waren hauptsächlich auf humanitäre Hilfe angewiesen, die auf dem Schwarzmarkt gegen Bargeld verkauft wurde.«

Während des Waffenstillstands richtete die Hamas Verteilungsstellen zur Auszahlung der Gehälter in bar oder in Naturalien ein. Nachdem Israel seine Angriffe im März wieder aufgenommen hatte, verlagerte sich die Auszahlung auf Verteilungsnetzwerke von Person zu Person, da ein Großteil der Gruppe (wieder) untertauchen musste.

Gravierende Knappheit

Die reduzierten Zahlungen erschweren es der Hamas, neue Rekruten anzuwerben und den Zusammenhalt aufrechtzuerhalten, was sich auch in der aktuellen Protestwelle niederschlägt, die sich gegen die Hamas richtet, weil sie es versäumt hat, den Krieg zu beenden. Die allgemeine Geldknappheit verschärft den Druck auf die Zivilbevölkerung. Vor den Kampfhandlungen geflohenen Binnenflüchtlingen, die in der kriegsgebeutelten Enklave nach Lebensmitteln, Unterkünften oder Medikamenten suchen, müssen sich nun auch um das Bargeld bemühen, um ihre Einkäufe bezahlen zu können.

Hilfsorganisationen haben den Palästinensern seit Kriegsbeginn Bargeld in Höhe von mehreren zehn Millionen Dollar zur Verfügung gestellt, die über beliebte elektronische Zahlungssysteme ausgezahlt wurden. Die Bewohner des Gazastreifens erhalten auch Geldüberweisungen von Verwandten und Freunden im Ausland. Um diese Überweisungen in Bargeld umzuwandeln, müssen sie jedoch Geldwechselgebühren von mehr als zwanzig Prozent an die Hamas abgeben, eine weitere Geldbeschaffungsmaßnahme der Terrorgruppe.

Niemand weiß genau, wie viel Bargeld im Gazastreifen noch vorhanden ist, aber Analysten wie Ofer schätzen, dass vielleicht drei Milliarden Dollar in Scheinen im Umlauf sind. Die Bargeldknappheit ist so gravierend, dass sich eine kleine Industrie von Geldreparaturwerkstätten gebildet hat, in denen Palästinenser die Geldscheine waschen und mit Klebeband wieder zusammenflicken, damit sie wieder in Umlauf gebracht werden können.

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