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Aus dem Hamas-Gefängnis zur globalen Stimme für den Frieden

Der Friedensaktivist Rami Aman aus Gaza im Interview mit UN Watch
Der Friedensaktivist Rami Aman aus Gaza im Interview mit UN Watch (Quelle: Screenshot UN WATCH)

In einem Interview mit UN Watch enthüllte ein Friedensaktivist aus dem Gazastreifen, wie die Hamas Einfluss auf die UNRWA ausübt, die Medien dominiert und humanitäre Hilfe plündert.

Im April 2020 wurden Rami Aman und seine Mitstreiter vom Gaza Youth Committee von der Hamas inhaftiert, weil sie einen Zoom-Dialog organisiert hatten, um Brücken für den Frieden zwischen Palästinensern und Israelis zu bauen. Nach einer monatelangen internationalen Kampagne wurde Aman freigelassen und lebt nun im Ausland.

Fast ein Jahrzehnt lang, bis zu seiner Verhaftung, führte Aman Proteste gegen die Hamas an. Aber die Kameras von Al Jazeera waren nirgends zu sehen, erzählte er im Interview mit UN Watch, weil die Hamas streng kontrolliere, worüber berichtet werden darf und worüber nicht.

»Von 2011 bis 2019 organisierte ich Demonstrationen und Proteste gegen die Hamas. Die größte fand 2017 im Januar statt. Gemeinsam mit Freunden rief ich die Menschen dazu auf, auf die Straße zu gehen, damit die Hamas die Stromkrise löst und uns Arbeit verschafft. Sie schossen auf uns ­– und keine Medien berichteten darüber. Warum? Weil die Hamas die Medien innerhalb und außerhalb des Gazastreifens kontrollierte.«

Deswegen vertrauten auch viele Palästinenser dem katarischen TV-Sender Al Jazeera nicht, der im Gazastreifen auch kaum konsumiert werde, weil er nur Hamas-konforme Berichte sende. Die Hamas erlaube keine Proteste innerhalb des Gazastreifens, »die zum Frieden aufrufen oder die Hamas auffordern, den Krieg zu beenden«, weswegen Al Jazeera auch nicht über solche Proteste berichte. Da die Hamas zugleich jede Art von Protest begrüße, die in Israel stattfindet, sind die Kameras des katarischen Senders auf die dortigen Demonstrationen gerichtet, »weil sie wollen, dass der Druck aus Israel kommt und nicht aus dem Gazastreifen«.

UNRWA-Mitarbeit nur für Hamas-Mitglieder

Nach ihrer gewalttätigen Machtübernahme im Jahr 2007 habe die Hamas begonnen, alles zu kontrollieren: die Medien, das UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA und auch den privaten Sektor.

»Die UNRWA war eine dieser Organisationen, in denen die Hamas ihre Führungskräfte und Mitarbeiter platzierte. Denn bei der UNRWA verdienen sie sehr gut, und das gilt nicht für alle Menschen im Gazastreifen. Ab 2009 begann die Hamas, in die Gewerkschaft der Beschäftigten einzutreten, sie zu leiten und Vorstellungsgespräche für die Menschen innerhalb der UNRWA zu führen. Wenn Sie nicht zur Hamas gehören, werden Sie dort nicht arbeiten.«

Im Interview erzählte Aman, dass die humanitären Hilfsgüter der UNRWA, die eigentlich zur freien Verteilung an die Bewohner des Gazastreifens gedacht sind und mit dem Aufdruck »Nicht zum Verkauf« gekennzeichnet sind, auf Märkten und in Einkaufszentren verkauft werden, wofür der Aktivist sowohl die Hamas als auch die UN-Hilfsorganisation selbst verantwortlich macht.

Auf diesen Märkten kostete eine einzelne Zigarette bis zu fünfzig Dollar, sodass klar sei, warum die Hamas und die von ihr kontrollierte UNRWA mit diesen Praktiken begonnen habe: »Ich glaube also, dass die Hamas in diesem Krieg viel Geld verdient hat.« Zwar erfahre man davon in den internationalen Medien nichts, aber man müsse sich nur vor Ort begeben, wo man dies überall beobachten kann.

Die Entscheidungen der Hamas seien aus dem Iran und aus Katar gekommen, aber »die Hamas liebt Kriege. Die Hamas liebt es, wenn es keine Universitäten gibt. Die Hamas liebt es, wenn es keine Schulen gibt. Die Hamas liebt es, wenn die Menschen kein gutes Leben haben. Die Hamas liebt es, wenn wir nur Zelte haben, nur Menschen, die in Schlangen stehen und auf Essen und Mehl warten. Die Hamas liebt es, die Armut zu kontrollieren. Die Hamas liebt es, wenn es kein Leben gibt.«

Amnesty-Mitarbeiterin gegen Friedensaktivisten

Am 8. April 2020 forderte die damalige Amnesty-International-Mitarbeiterin Hind Khoudary, die heute als Al-Jazeera-Reporterin im Gazastreifen tätig ist und auch für die New York Times schreibt, die Hamas öffentlich auf, Rami Aman wegen seiner Friedensinitiativen zu verhaften. Vorangegangen war dem eine Video-Konferenz zwischen zehn Bewohnern des Gazastreifens und dreihundert Israelis, erklärte Aman:

»Wir sprachen über das Coronavirus, nicht über einen Staat oder zwei Staaten oder über Verhandlungen. Wir sprachen darüber, wie wir uns gegenseitig retten können. Und zwei Tage später fand ich den Beitrag einer Journalistin namens Hind Khoudary, die für Amnesty arbeitet und auf Facebook die Hamas und deren Führer aufforderte, mich zu verhaften. Und genau das geschah nur einen Tag später. Das hat mich von Anfang an überrascht, denn als ich mir Hind Khoudarys Profil ansah, stellte ich fest, dass sie für Amnesty arbeitet, Journalistin ist und aus den USA stammt. Ich fragte mich also, warum Amnesty meine Verhaftung fordert. Warum fordert eine Journalistin die Sicherheitskräfte auf, mich zu verhaften?«

Die Inhaftierung Amans durch die Hamas wurde von den großen internationalen NGOs mehr oder weniger ignoriert. Eine der wenigen Organisationen, die sich führend für seine Freilassung einsetzte, war UN Watch, die eine Koalition von siebzig NGOs aus aller Welt auf die Beine stellte, die sich für Amans Freilassung einsetzten, wovon Aman in einem Telefonat mit seiner Mutter erfuhr: »Im August oder September erlaubte die Hamas-Sicherheit den Gefangenen, jeden Tag oder alle zwei Tage sechs Minuten lang mit ihren Familien zu telefonieren.« In einem dieser Telefonate habe ihm seine Mutter erzählt, dass am Vortag jemand bei der UNO seinen Namen erwähnt und seine Freilassung gefordert habe, woraufhin er sie gebeten habe, ihm den Mitschnitt vorzuspielen, wenn sie ihn das nächste Mal anrufen könne.

 »Und das geschah zwei Tage später. … Ich hörte zum ersten Mal Hillels [Neuers, Geschäftsführer von UN Watch] Stimme: ›Rami Aman, ein palästinensischer Friedensaktivist, wir fordern seine Freilassung‹ … Es war so, als würde ich nach fünf Monaten das Gefühl haben, dass sie sich noch an mich erinnern. Das ist etwas Gutes. Aber das Seltsame für mich ist, dass ich Hillel selbst nicht kenne.«

Neuer lobte Aman als »einen wahrhaft mutigen Friedensaktivisten, der den Traum von einem Gazastreifen vertritt, der vom Terror der Hamas befreit ist und sich auf der Grundlage einer konstruktiven Vision, die den Frieden mit dem israelischen Volk einschließt, auf eine positive Zukunft zubewegt«. Rami Aman sei unerschrocken in seinem Streben nach Frieden, für das er immer wieder seine Freiheit und sein Leben aufs Spiel gesetzt habe. »Die internationale Gemeinschaft und alle, denen die Zukunft Palästinas am Herzen liegt, sollten Rami Aman und seine Friedensbewegung unterstützen anstatt die Kräfte zu stärken, die dafür gesorgt haben, dass er ins Gefängnis gekommen ist.«

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