Einen „ökonomischen Holocaust“ wirft die israelische Tageszeitung Haaretz der israelischen Regierung vor – und meint damit die von dieser verhängten Quarantänemaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Epidemie.
Haaretz und der deutsche Spiegel konkurrieren derzeit mal wieder darum, wer die frivolsten Vergleiche anstellt. Seuchenzeiten sind ja seit jeher ein dankbares Umfeld für Propaganda. Während der Pestzeit entstand die Legende von den Juden als „Brunnenvergifter“, die sich bis in die heutige Zeit gehalten hat.
Was den Spiegel betrifft, so genießen es dessen Redakteure sichtlich, dass sie nun jedem Regierungschef, den sie nicht mögen, irgendetwas anhängen können: Entweder wird jemandem vorgeworfen, er tue zu wenig gegen die Ausbreitung der Seuche. Dann ist er, wie etwa US-Präsident Donald Trump, „der Virus-Leugner“. Lässt sich dieser Vorwurf nicht erheben, dann sicherlich der gegenteilige. So machte der Spiegel den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zum „Corona-Diktator“. Virus-Leugner oder Corona-Diktator, eines von beiden passt immer.
Wettbewerb um die irrste Schlagzeile
Wie kann Haaretz im Wettbewerb um die irrsten Behauptungen über Israels Regierung bestehen? Immerhin hat die Zeitung einen Heimvorteil. Zwar kommt sie in Israel nur auf einen Marktanteil von vier Prozent (2018), aber sie verfügt über eine englischsprachige Website, die im Ausland eifrig von Israelhassern gelesen wird, die nach der Bestätigung durch eine israelische Quelle suchen, um sagen zu können: Die Juden sagen es selbst – sie sind schuldig.
Der Zeitung Haaretz gehe es in erster Linie darum, „die Mehrheit der Israelis wütend zu machen“, indem sie „im Ausland absurde Thesen über ihr Land verbreitet“, schrieb Shmuel Rosner, ehemaliger Feuilletonredakteur, Chef der Nachrichtenabteilung und Amerikakorrespondent von Haaretz einmal in einem Gastkommentar für die New York Times.
Als Beispiel dafür nannte er die in einer Haaretz-Kolumne verbreitete Behauptung, „religiöse Zionisten“ seien für Israel „gefährlicher als die Hisbollah“. Was kann danach noch kommen? „Ökonomischer Holocaust“ ist wohl der Gipfel oder zumindest nahe dran – wer weiß schon, was sich das Blatt in Zukunft noch einfallen lässt.
Dem Haaretz-Kolumnisten Adam Raz gefiel die Metapher so gut, dass er sie gleich dreimal benutzt. Über die Einschränkungen, die Israels Regierung zur Eindämmung der Seuche erlassen hat, schreibt Raz:
- „Zukünftige Historiker werden Sätze prägen wie ‚im Kampf gegen das Coronavirus entschied die Menschheit, so viele Leben wie möglich zu retten, selbst um den Preis eines ökonomischen Holocaust’.“
- „Um heutzutage Leben zu retten, ist die Gesellschaft in Wirklichkeit heute bereit, die morgigen Leben vieler zu opfern. Bald werden Experten anfangen, die Auswirkungen zu berechnen, die der jetzt geschaffene ökonomische Holocaust haben wird, was die Lebenserwartung der Bevölkerung betrifft, die Armut, die entstehende Arbeitslosigkeit und die Stagnation.“
- „Mehr Leute werden sicherlich sterben, und das ist bedauerlich, aber was ist mit den Leben, die als Resultat des ökonomischen Holocaust ausgelöscht werden?“
Instrumentalisierung des Holocaust
In der Vergangenheit hat Haaretz oft dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu vorgeworfen, er „nutze den Holocaust aus“, um daraus „politisches Kapital“ zu schlagen – und das mehr als einmal. Aber wenn es gegen Netanjahu geht, darf Haaretz von einem „ökonomischen Holocaust“ fabulieren.
Dabei wäre das Anliegen des Kolumnisten, wenn er nicht völlig den Verstand verlieren würde, ja legitim. Es gibt gute Gründe, sich um die wirtschaftlichen Folgen der Beschränkungen Sorgen zu machen, seien es die Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft, die Menschheit oder den Einzelnen. Ob Angestellter oder Unternehmer, kaum jemand fürchtet sich nicht vor großen Verlusten oder bangt sogar um seine wirtschaftliche Existenz.
Das alles könnte man in einer Kolumne kommentieren. Raz könnte schreiben: Die Beschränkungen gehen zu weit, wir dürfen trotz der gebotenen Vorsicht und Sorge auch die Kehrseite der Maßnahmen nicht aus den Augen verlieren.
Aber Haaretz wäre eben nicht Haaretz, wenn ein Kolumnist im Fahrwasser der Vernunft bliebe. Es muss immer die krasseste, abseitigste Behauptung sein, die die größtmögliche Provokation darstellt (oder darstellen würde, wenn es noch viele Leute gäbe, die das Blatt ernst nähmen).
Ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode
Die Messlatte liegt hoch: Wenn religiöse Israelis gefährlicher sind als die Hisbollah, dann sind Ausgangsbeschränkungen eben ein Holocaust. Die irrste Behauptung aufzustellen, die sich irgendwer ausdenken kann, ist aber nur der eine Teil einer Haaretz-Kolumne. Der andere besteht darin, den Anlass für eine von der Regierung beschlossene Maßnahme für völlig nichtig zu erklären, so zu tun, als sei er eine Fata Morgana oder eine Wahnvorstellung. Das kennt man vom Terrorismus der Hamas, der für Haaretz überhaupt nicht existiert ,und wenn doch, dann als ein Schrei nach Liebe und Aufmerksamkeit.
Bei Haaretz-Kolumnist Gideon Levy klingt das dann etwa so:
„Die Palästinenser besitzen keine Armee. Und ihr einziger Weg, um für ihre Freiheit und ihre Rechte zu kämpfen, ist das, was wir Terrororganisationen nennen. Leider. Welche anderen Optionen haben wir ihnen gelassen? “
Oder so:
„Wenn Sie das Problem wirklich ein für alle Mal lösen wollen, müssen Sie sich fragen: Was bringt einen jungen Palästinenser, der nicht geboren wurde, um zu töten, dazu, sein Leben zu opfern und diese schrecklichen Gräueltaten und Verbrechen gegen Zivilisten zu verüben, in Tel Aviv, Jerusalem und überall? Wenn Sie nicht fragen, warum, werden Sie es nie lösen. Sie müssen zu dem Schluss kommen, dass Sie ihn in die Ecke gedrängt haben, in der er nichts zu verlieren hat.“
Drei Tage nachdem ein dreijähriges israelisches Mädchen lebensgefährlich verletzt wurde, als das Auto, in dem es mit seiner Mutter saß, mit einem LKW kollidierte, weil jemand Steine auf das Auto geworfen hatte, hieß es in Haaretz:
„Steine zu werfen, ist das Geburtsrecht und die Pflicht eines jeden, der fremder Herrschaft unterworfen ist.“
Haaretz liebt diejenigen, die israelische Juden töten, oder hat darin jedenfalls nie irgendein Problem gesehen. Und mit derselben Leichtigkeit schreibt die Zeitung nun über das Virus, das der Grund für die Ausgangsbeschränkungen ist, an denen Adam Raz Anstoß nimmt. In seiner Kolumne sagt er über Covid-19 lapidar, für „die meisten“ sei die Krankheit „wie eine leichte Grippe“. Wieso da überhaupt reagieren?
Ist dies schon Wahnsinn, so hat es doch Methode. Seit Jahr und Tag verharmlost und romantisiert Haaretz die Bedrohungen, denen Israelis ausgesetzt sind, und sieht das Problem nur in den Reaktionen der israelischen Regierung. Auch die Morde an israelischen Juden und der Raketenterror der Hamas waren für Haaretz immer nur wie ein Schnupfen. Alles, was die Regierung dagegen unternimmt, ist ein Holocaust. Das ist das Weltbild von Haaretz.
Da wird noch einges kommen
Nun hat die Corona-Epidemie ja gerade erst angefangen, und die Redaktion muss jeden Tag eine Seite mit Leitartikeln füllen. Da wird noch einiges kommen. Etwa:
„Das Virus besitzt keine Armee. Und sein einziger Weg, um für seine Freiheit und seine Rechte zu kämpfen, ist das, was wir eine Epidemie nennen. Leider. Welche anderen Optionen haben wir ihm gelassen? “
Haaretz hat eben mehr Sympathie mit denen, die Israelis töten, als mit den getöteten Israelis, auch wenn es um ein Virus geht. SARS-CoV-2 ist die neue Hamas.
Bald werden die Vereinten Nationen Israels Maßnahmen gegen die Epidemie als „unverhältnismäßig“ tadeln, und irgendein deutscher Leitartikler wird schreiben, Israel könne das Virus nicht besiegen, daher müsse Netanjahu sich mit ihm an einen Tisch setzen und seine Forderungen erfüllen. Es wolle ja nur eine Zwei-Staaten-Lösung. Warum das Virus, wenn es einen eigenen Staat hätte, aufhören sollte, Israelis zu töten, wird mal wieder niemand schlüssig erklären können, auch Haaretz nicht.