Erweiterte Suche

„Haaretz“-Redakteur Gideon Levy: Ein zeitgenössischer Otto Weininger (Teil 2)

Gideon Levy: „Wer nicht blinkt, besetzt auch andere Völker und bombardiert andere Länder“
Gideon Levy: „Wer nicht blinkt, besetzt auch andere Völker und bombardiert andere Länder“ (© Imago Images / Winfried Rothermel)

Was Gideon Levy nun im Detail mit dem jüdischen Antisemiten Otto Weininger verbindet, und warum dieses Gemeinsame das Geheimnis seines Erfolgs ist.

Zu Tenenboms in Teil 1 geschilderten kleiner Charakterstudie Levys passt gut ein Leitartikel, den Levy am 11. August 2021 veröffentlicht hat. Israelis, klagte Levy, besetzten Land der Palästinenser, bombardierten andere Länder und blinkten nicht beim Autofahren. Jawohl:

„Israelische Autofahrer blinken nicht. Über ihre Aggressivität, Gewalt, Unhöflichkeit und Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen auf der Straße gibt es nichts mehr zu sagen.

Die Verweigerung des Blinkens scheint die geringste ihrer Sünden zu sein. Es ist eine einfache Aktion. Es erfordert nur einen Finger und es kostet kein Geld. Eine kurze Bewegung und der Blinker geht an. Sie müssen ihn nicht einmal ausschalten, er schaltet sich automatisch aus.

Und doch blinken die Israelis nicht. Sie biegen rechts oder links ab, wechseln die Spur, halten zum Parken – und sie blinken nicht. Blinken ist für die Schwachen. Blinken ist für Weicheier. Jeder, der blinkt, ist ein Trottel. Frauen und Männer, SUVs und Kleinwagen-SUVs. Keiner von ihnen blinkt.

Und wirklich, warum sollten sie blinken? Wozu? Tatsache ist, dass es funktioniert. Sie können alles auch ohne Blinken tun. Warum also blinken? Es gibt Autofahrer, die nicht einmal wissen, dass Blinker in ihren Autos verbaut sind. Die Hupe ist heiser von ihrem Hupen, aber der Blinker ist seit dem Kauf des neuen Monsters in der gleichen Position geblieben.”

Gideon Levy: „Israelis blinken nicht – aus Absicht“

Gideon Levy hält das Verweigern des Blinkens für ein Kennzeichen des angeblichen Egoismus der Israelis. Damit gäben sie zum Ausdruck, dass sie alle anderen Menschen für, so Levy wörtlich, „wertlos“ hielten. Und weiter:

„Israelis blinken nicht, weil sie nicht die Absicht haben, an irgendjemanden außer an sich selbst zu denken. Es ist immer möglich, die Aggression und Gewalt auf der Straße als Produkt der Sicherheitsspannungen zu entschuldigen, die das Leben hier vorgeblich dominieren.

Es ist auch möglich, die Hitze oder die unerträglichen Staus zu beschuldigen, die einen Menschen verrückt machen können. Aber blinken? Wie hängt das mit der iranischen Bedrohung oder dem Holocaust zusammen? Offensichtlich ist es das nicht.“

Die „Blinkverweigerung“ sei „reiner, destillierter Egoismus, der jeder Rechtfertigung entbehrt. Es ist israelische Arroganz in all ihrer Nacktheit.“ Schließlich bedeute das Blinken, „andere über seine Absichten zu informieren – sie warnen, um Erlaubnis bitten, einen Dialog mit ihnen führen.“ All diese Dinge seien den Israelis „fremd“.

„Israelis vergessen nicht zu blinken; sie hatten nie die Absicht, dies zu tun. … Dieses Verhalten wurde nicht auf der Straße geboren und bleibt es auch nicht. Es hat seine Wurzeln in unserer Kultur, unserer Nationalität und dem Zeitgeist und prägt diese zugleich.

So, wie israelische Fahrer auf der Landstraße 6 an niemanden anderen denken, denkt ihr Staat an niemanden in der Nachbarschaft. Es besetzt ein anderes Volk, fliegt ohne Erlaubnis frei durch den Luftraum eines anderen Landes und bombardiert frei ein anderes Land.

An andere zu denken wird niemals eine der Überlegungen der Israelis sein. Es ist nicht einmal die letzte und geringste ihrer Überlegungen. … Es gibt nur ein Thema auf dem Tisch – Israel, Israel, Israel. Es gibt niemanden und nichts anderes.“

Gideon Levys Geschimpfe reizt zum Lachen. Vielleicht ist an ihm ein Komiker verloren gegangen. Aber leider meint er es ernst – und das ist dann eben nicht mehr lustig. Gideon Levy ist Rassist, voll tiefsitzendem Groll und Hass.

Wie wahnhaft dieser ist, kann man daran ablesen, dass – wie so oft bei Levy und anderen Haaretz-Autoren – jeglicher Vergleichsmaßstab fehlt. Wie kann Levy beurteilen, ob die „Blinkverweigerung“ wirklich typisch israelisch ist, wenn er nie mit den Autofahrern in anderen Ländern verglichen hat? War er schon mal in Beirut oder Kairo?

Aus einem persönlichen Ressentiment heraus leitet Levy weitreichende politische und völkerpsychologische Hypothesen ab, Aussagen über den angeblichen Nationalcharakter der Israelis, die sich angeblich nur für ihre eigenen Dinge interessierten und alle anderen Menschen für „wertlos“ hielten. Ist das nicht just das, was die Antisemiten zu allen Zeiten über die Juden behauptet haben? Solche Artikel machen die Popularität von Haaretz aus.

Der jüdische Antisemit Otto Weininger

Gideon Levy gleicht Otto Weininger (1880-1903), jenem Philosophiestudenten jüdischer Herkunft, der 1903 mit seinem durch und durch von Antisemitismus – und Frauenhass – durchtränkten Werk „Geschlecht und Charakter“berühmt wurde, ehe er sich kurz darauf in Beethovens Sterbezimmer das Leben nahm.

Weininger räumte in dem Werk, zumindest indirekt, ein, dass er die Juden hasste, weil er sich selbst hasste bzw. das angeblich „Jüdische“ in sich:

„Man hasst nicht etwas, womit man keinerlei Ähnlichkeit hat. Nur macht uns oft erst der andere Mensch darauf aufmerksam, was für unschöne und gemeine Züge wir in uns haben. So erklärt es sich, dass die allerschärfsten Antisemiten unter den Juden zu finden sind. …

Wer immer das jüdische Wesen hasst, der hasst es zunächst in sich: dass er es im anderen verfolgt, ist nur sein Versuch, vom Jüdischen auf diese Weise sich zu sondern; er trachtet sich von ihm zu scheiden dadurch, dass er es gänzlich im Nebenmenschen lokalisiert, und so für den Augenblick frei zu wähnen kann.

Der Hass ist ein Projektionsphänomen wie die Liebe: der Mensch hasst nur, durch wen er sich unangenehm an sich selbst erinnert fühlt.“

Weininger hielt Frauen und Juden beide für unfähig, moralisches Empfinden oder eine eigene Persönlichkeit zu haben. Beide seien „amoralisch“.

„So wenig, wie es in der Wirklichkeit eine ‚Würde der Frauen‘ gibt, so unmöglich ist die Vorstellung eines jüdischen ‚gentleman‘. Dem echten Juden gebricht es an innerer Vornehmheit, welche Würde des eigenen und Achtung des fremden Ich zur Folge hat.

Es gibt keinen jüdischen Adel; und dies ist umso bemerkenswerter, als doch bei den Juden jahrtausendelange Inzucht besteht.

So erklärt sich denn auch weiter, was man jüdische Arroganz nennt: aus dem Mangel an Bewusstsein eines Selbst und dem gewaltsamen Bedürfnis nach Steigerung des Wertes der Person durch Erniedrigung des Nebenmenschen; denn der echte Jude hat kein Ich und darum auch keinen Eigenwert.“

Die Juden seien von Geltungsbedürfnis getrieben, so Weininger, von einer „weibischen Titelsucht“ und „Protzerei“, könnten aber wegen ihres Wesens niemals „Aristokraten“ werden. Klingt das nicht ganz nach Gideon Levy, der über Juden klagt, die aus angeblicher Arroganz nicht blinken?

Beide, Otto Weininger und Gideon Levy, dichten den Juden allgemeingültige Charaktereigenschaften an und beklagen die angebliche Fehlerhaftigkeit der Juden: Die Juden sind in ihren Augen einfach nicht gut genug. Jeder Mensch, auch der Nichtjude, trage die „Möglichkeit“ des „Judentums“ in sich, so Weininger. Er sah im „Judentum“ ein Bündel von verderblichen Charaktereigenschaften.

Weininger hatte Vorläufer. Der Sohn eines Rabbiners Karl Marx hatte 60 Jahre zuvor in seinem gegen den Antisemitismus von Bruno Bauer gerichteten und für die Emanzipation der Juden in Deutschland plädierenden Text „Zur Judenfrage“ (1843) geschrieben:

„Suchen wir das Geheimnis des Juden nicht in seiner Religion, sondern suchen wir das Geheimnis der Religion im wirklichen Juden. Welches ist der weltliche Grund des Judentums? Das praktische Bedürfnis, der Eigennutz. Welches ist der weltliche Kultus des Juden? Der Schacher. Welches ist sein weltlicher Gott? Das Geld.

Nun wohl! Die Emanzipation vom Schacher und vom Geld, also vom praktischen, realen Judentum wäre die Selbstemanzipation unsrer Zeit. … Die gesellschaftliche Emanzipation des Juden ist die Emanzipation der Gesellschaft vom Judentum.“

Der deutsche Komponist und Judenhasser Richard Wagner schrieb in seinem Aufsatz „Das Judentum in der Musik“ (1850):

„Gemeinschaftlich mit uns Menschen zu werden, heißt für den Juden aber zu allernächst so viel als: aufhören, Jude zu sein.“

Weininger hielt das Judentum für „eine Geistesrichtung, für eine psychische Konstitution“, die jeder in sich bekämpfen und überwinden müsse. Gideon Levy glaubt, die Juden hätten „Rassismus in ihrer DNA“ und es liege in ihren „Wurzeln“ und ihrer „Kultur“ begründet, egoistisch zu sein (weswegen sie beim Abbiegen oder Einparken nicht blinkten).

Der „jüdische Selbsthass“ nach Theodor Lessing

Levy ist ein jüdischer Antisemit wie Otto Weininger. Für den Philosophen Theodor Lessing (geboren 1872, 1933 von Nazis ermordet) war Weininger eine Inspiration zu seinem noch heute höchst lesenswerten Buch „Der jüdische Selbsthass“ (1930). „Die Seelengeschichte Otto Weiningers“, so Lessing, sei „ein typisches Vorkommnis“ einer „Erkrankung an Ethik“. Lessing diagnostizierte bei Weininger eine „pathologische“ „Entartung“ von „Selbstrichtertum“.

Den „jüdischen Selbsthass“, wie er es nannte, erklärte Lessing wie folgt: In Anbetracht des Leids und der Ungerechtigkeit, die den Juden zugefügt werde, fragten Juden, was der „Sinn“ dieses „sinnlosen“ Leidens sei. Nun seien die Juden „seit je bereit und gewöhnt, die Schuld bei sich selber zu suchen“. Anders als Protestanten, die wenn sie mit sich ins Gericht gingen, sich selbst als Individuen für schuldig erklärten, sei „das jüdische Selbstrichtertum auf die Kollektivverantwortung gegründet“:

„Das jüdische Schuldgefühl und Schuldbekenntnis … antwortet auf die Frage: ‚Wer trägt die Schuld?‘ mit der Antwort ‚Wir alle tragen die Schuld.‘“

Das „kollektive Schuldbekenntnis“ erkläre nicht nur, „dass jeder Jude haftbar sei für das Unrecht von Seiten jedes andern Juden“, sondern es werde, so Lessing, „schlichtweg erklärt“:

„Israel ist schuld an allen Sünden der Welt.“

Das, so Lessing weiter, habe „die Lage des jüdischen Menschen“ „doppelt gefährdet“:

„Einmal, weil er selber auf die Frage: ‚Warum liebt man uns nicht?‘ antwortet: ‚Weil wir schuldig sind.‘ Sodann aber, weil die anderen Völker auf die Frage: ‚Warum ist der Jude unbeliebt?‘ nun gleichfalls antworten konnten: ‚Er sagt es selber. – Er ist schuldig.‘“

Und das erklärt, warum die englischsprachige Internetausgabe von Haaretz so viel mehr gelesen wird als die hebräische Papierausgabe: Nichtjuden wollen von Juden hören, dass die Juden schuldig seien – um sie mit einem noch besseren Gefühl verurteilen und bestrafen zu können.

Dass Gideon Levy den Israelis nicht nur „Apartheid“ vorwirft, sondern auch, dass sie „nicht blinken“, wird von Europäern, die ihn als Kronzeugen anführen, allerdings wohl kaum je zitiert werden. Es würde zu offensichtlich machen, dass viele der in Haaretz erhobenen Anklagen gegen Israel mehr mit dem seelischen und mentalen Zustand der Ankläger zu tun haben als mit nüchternen Tatsachen.

Teil 1: Tuvia Tenenbom nannte den Haaretz-Redakteur und -Kolumnisten Gideon Levy einmal den „seltsamsten sich selbst hassenden Juden, den man finden kann.“

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!