„Wer Ken Livingstone beobachtet, könnte meinen, Antisemitismus wäre eine Art Zwangsstörung. Der Mann scheint gar nicht anders zu können, auch wenn er laut eigener Aussage ‚seit 35 Jahren von der Israel-Lobby dafür verfolgt‘ wird. Bevor Adolf Hitler verrückt geworden sei und sechs Millionen Juden tötete, habe er den Zionismus unterstützt, hatte der Labour-Politiker und frühere Londoner Bürgermeister letztes Jahr behauptet. Am Dienstag hörte ein Komitee seiner Partei den 71-Jährigen an und entschied, dass er Labour-Mitglied bleiben darf. Livingstones Mitgliedschaft wird lediglich für zwei Jahre suspendiert. Mit den üblichen Entschuldigungsversuchen, die Politiker nach verbalen Fehltritten gerne vorbringen, mochte sich Livingstone nicht aufhalten, lieber bat er auf unübliche Weise um Verzeihung, nämlich ‚für die Lügen jener Labour-Mitglieder, die behauptet haben, ich hätte Hitler einen Zionisten genannt‘. Vor seiner Anhörung hatte er noch nachgelegt: Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hätten Nazis und Zionisten kollaboriert. (…)
Innerhalb Labours scheint sich der reaktionäre Teil der politischen Linken, der meist aus älteren, weißen Männern besteht, mit jungen Muslimen verbündet zu haben. Im Wahlkreis Manchester Gorton dürfte demnächst das eine Milieu das andere ablösen: Bisher wurde der Wahlkreis von Gerald Kaufman vertreten, der im Februar 86-jährig verstarb. Israels Regierung nutze den Holocaust, um das Töten von Palästinensern zu rechtfertigen, hatte Kaufman, der selbst Jude war, 2009 gesagt. Mit ‚jüdischem Selbsthass‘, erklärte Douglas Davis im Magazin Standpoint die Ausfälle des Parlamentariers. Dessen voraussichtlicher Nachfolger Afzal Khan schrieb 2014, israelische Soldaten agierten in Gaza ‚wie die Nazis‘.“ (Hansjörg Müller: „Am Ende des Weges. Labour kapituliert vor dem eigenen Antisemitismus“)