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God cop, bad cop?

Oberster Führer Khamenei, Präsident Rouhani und Revolutionsgardenkommandant Soleimani (Quellen: english.khamenei.ir, leader.ir)

Die westliche Vorstellung von „Hardlinern“ und „Moderaten“, die um die iranische Außenpolitik streiten, schätzt die Verhältnisse in der Islamischen Republik falsch ein.

Afshon Ostovar / Ariane M. Tabatabai, Foreign Affairs

„Viele Experten, einschließlich aktueller und ehemaliger Analysten und Beamter der US-Regierung, vertreten die Auffassung, dass das strategische Verhalten des Iran von internen Streitigkeiten bestimmt sei. Bei dieser Denkweise (auch wenn sie von der Regierung des US-Präsidenten Donald Trump nicht vollständig vertreten wird), wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass aggressive Aktionen des iranischen Militärs häufig ein Resultat der kontroversen Innenpolitik des Landes seien. Das iranische Außenministerium, das als Hauptgesprächspartner für die USA und andere westliche Mächte fungiert, erscheint in diesem Licht als ‚guter Cop‘, im Gegensatz zum ‚bösen Cop‘ den die Hardliner des Regimes verkörpern. (…)

Das Problem bei dieser Denkweise ist jedoch, dass sie die Funktionsweise der Entscheidungsfindung in der Islamischen Republik missversteht. Es ist falsch, Teheran als hilflos gegenüber den feindlichen Fraktionen anzusehen. Unter dem gemeinsamen Druck von Trump haben sich die einzelnen Teile des iranischen Regimes zusammengetan. Die westlichen Entscheidungsträger müssen akzeptieren, dass der Iran seine Sicherheitspolitik als einheitlicher staatlicher Akteur betreibt.

Das politische System des Iran besteht aus verschiedenen Einheiten und Machtzentren. Dazu gehören die Exekutive, die Rouhani derzeit leitet, die Revolutionsgarden (IRGC) und das Amt des höchsten Führers, das seit 1989 von Ayatollah Ali Khamenei besetzt ist. Im Rahmen der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik sehen sich diese Machtzentren zwar nicht immer auf Augenhöhe, arbeiten jedoch auch nicht voneinander getrennt. Unter der Schirmherrschaft des Obersten Nationalen Sicherheitsrates treffen sich die verschiedenen Teile des politischen und militärischen Establishments, um Entscheidungen zu treffen, die die nationale Sicherheit betreffen. (…)

Über der Exekutive und dem IRGC befindet sich der oberste Führer, Khamenei. Er ist der oberste politische Entscheidungsträger in der Islamischen Republik. Wenn der oberste Führer eine Idee ablehnt, setzt sie kein einziger Teil des Regimes in die Tat um. (…)

Aus diesem Grund besteht kaum ein Zweifel daran, dass die Regierung von Rouhani, um die Angriffe auf [die saudischen Ölanlagen von] Aramco bereits vor ihrer Ausführung wusste. (…) Die Raffiniertheit des Angriffs legt nahe, dass das IRGC für die Operation verantwortlich war und ohne die eindeutige Bestätigung des Obersten Führers und des Obersten Nationalen Sicherheitsrates nicht gehandelt hätte. Der oberste Führer erlaubt dem IRGC bei Routineoperationen innerhalb bestimmter Grenzen unabhängig zu agieren. Ein Angriff dieser Art, der leicht eine Eskalation mit Saudi-Arabien und vielleicht sogar mit den Vereinigten Staaten hätte auslösen können, ist jedoch keine Routine. Die Entscheidung, diesen Angriff fortzusetzen, war strategisch und bezog die höchsten Funktionsträger des Landes mit ein. (…)

Das attraktivere Narrativ könnte das sein, zwei Lager im Iran zu sehen, die um die Seele der Islamischen Republik und die Zukunft ihrer Beziehungen zu den Vereinigten Staaten kämpfen. Nach dieser Auffassung müsste Washington nur Wege finden, um die Position der Gemäßigten zu stärken. In Fragen der nationalen Sicherheit handelt das Regime jedoch bewusst und unisono. Das heutige iranische Verhalten beruht nicht auf den Kämpfen innerhalb des Regimes, sondern auf einer systemweiten Überzeugung, auf der entschlossenes Handeln basiert.“

Afshon Ostovar / Ariane M. Tabatabai, Foreign Affairs: „Iran, the Unitary State

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