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Gewalt in Jerusalem

Sehr geehrte Presse-Redaktion,

Susanne Knaul meint gleich zu Beginn ihres heutigen Artikels über „Jerusalems ‚schleichende Intifada‘“, in der Stadt flammten „immer neue Unruhen auf, weil Orthodoxe in Palästinensergebiete ziehen“. In weiterer Folge bezeichnet sie den– wie sie selbst erwähnt – legalen Erwerb von Wohnungseigentum durch Juden in von der palästinensischen Seite exklusiv beanspruchten Vierteln als „Judaisierung Ostjerusalems“, und macht sich damit die Ausdrucksweise antijüdischer Hetzer sowie deren Anspruch zu eigen, dass Juden in diesen Vierteln grundsätzlich nichts verloren hätten. Kein Wunder, dass sie als Ursache der Unruhen den Zuzug von Juden identifiziert – und nicht etwa, dass dieser von der palästinensischen Seite als Freibrief für Gewalt betrachtet wird. Das ist leider nicht der einzige Mangel in Knauls verzerrender Darstellung.

Jerusalem, so schreibt sie weiter, komme „seit dem Mord an dem 16-jährigen Palästinenser Mohammed Abu Khdeir“ nicht mehr zur Ruhe. Der Bub sei „Opfer radikaler ultraorthodoxer Juden geworden“, die ihn „aus Rache für den Tod dreier Talmudschüler zunächst entführten und dann lebend verbrannten.“ Diese Entführung habe „die Gewalt in Gang gesetzt, die schließlich im Juli im jüngsten Gaza-Krieg mündete.“ Die unterschiedliche Behandlung der beiden Verbrechen ist bezeichnend: Der palästinensische Jugendliche hat einen Namen und ein Alter; Knaul führt aus, wie (entführt und lebend verbrannt) und von wem (radikalen ultraorthodoxen Juden) er getötet wurde. Nichts davon findet sich in der Beschreibung des anderen Verbrechens: Hier ist bloß von drei Talmudschülern die Rede, doch erfahren wir weder deren Namen, noch deren Alter. Und auch die Umstände ihres Ablebens bleiben völlig im Unklaren. Bezeichnete Knaul die Tötung des palästinensischen Jugendlichen noch eindeutig als Mord, so ist jetzt völlig vage nur vom „Tod“ der drei Israelis die Rede. Mit keinem Wort erwähnt Knaul, dass die drei von Mitgliedern der palästinensischen Terrorgruppe Hamas entführt und erschossen worden waren; es gibt weder eine Tat, noch werden die verantwortlichen Täter benannt.

Doch das ist noch nicht alles: In Knauls Darstellung war es die Entführung des jungen Palästinensers, die „die Gewalt“ in Gang setzte, die zum Gaza-Krieg geführt habe. Tatsächlich war bereits die wochenlange Suche nach den entführten israelischen Jugendlichen von Raketenbeschuss Israels durch Terroristen aus dem Gazastreifen begleitet worden; einem Raketenhagel, der in weiterer Folge ständig zunahm, bis die israelische Armee darauf mit der „Operation Protective Edge“ reagierte. Statt den palästinensischen Raketenterror, der die Ursache des Gaza-Krieges war, auch nur zur Sprache zu bringen, erklärt Knaul den von der Hamas mutwillig vom Zaun gebrochenen Krieg zu einer bloßen Reaktion auf die Ermordung des palästinensischen Jugendlichen.

Die – leider nicht zum ersten Mal und stets in dieselbe Richtung weisende – verzerrende Darstellung durch Knaul (weitere Beispiele finden Sie hier und hier) wird schließlich von dem Foto ergänzt, das den Beitrag bebildert:

Gewalt in Jerusalem

Was auch immer auf dem Foto zu sehen ist, es ist mit ziemlicher Sicherheit nicht „am Tempelberg in Jerusalem“ aufgenommen worden, wie in der Bildunterschrift behauptet wird.

Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Florian Markl
Medienbeobachtungsstelle Naher Osten (MENA)

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