Kurz nach den Schreckbildern der jüngsten Geiselfreilassung sorgte die Hamas für eine weitere üble Überraschung: Am Montagabend ließ die Terrororganisation verlauten, die ausverhandelten Geiselfreilassungen bis auf Weiteres auszusetzen.
Zunächst schockierte die Hamas mit unwürdigen Inszenierungen, bei denen erschöpfte Geiseln mit Abschlusszertifikat und Souvenirtüte zur Schau gestellt wurden. Kaum war dieses Spektakel nolens volens hingenommen worden, folgte der nächste Schock: Nach 482 Tagen Einzelhaft in den engen, dunklen Tunneln der Hamas wurde die junge Arbel Yehud vor ihrer Freilassung noch durch eine tobende Menge von Gaza-Einwohnern geschleust und dabei beinahe gelyncht.
Am vergangenen Samstag präsentierte die Hamas drei weitere Geiseln, deren Anblick einem buchstäblich den Atem stocken ließ. Eli Sharabi, Ohad Ben Ami und Or Levy waren nach fast 500 Tagen Geiselhaft kaum wiederzuerkennen. Bis auf die Knochen abgemagert, erinnerten sie an die erschütternden Bilder ausgemergelter KZ-Häftlinge.
Dass dieser Anblick Israelis mitten ins Herz traf, ist kaum verwunderlich. Schließlich vertraute man gerade in Israel auf die felsenfeste Schutzfunktion des Landes, auf das »Nie wieder« – das Versprechen, dass Juden nie wieder wehrlos Verfolgungen und Pogromen ausgeliefert sein würden.
Es ist also nicht weiter überraschend, dass die Bevölkerung jetzt besonders vehement reagiert. Tausende gehen auf die Straße und fordern die Regierung auf, alles zu tun, um die sofortige Freilassung aller Entführten zu erzwingen, denn eines steht nach den jüngsten Enthüllungen fest: Die Israelis, die im Gazastreifen unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten werden – angekettet, gefoltert, dem Hunger ausgeliefert –, befinden sich in akuter Lebensgefahr.
Viele, wie etwa Or Levy, werden in so engen Tunneln eingesperrt, dass sie seit Monaten weder stehen noch gehen können. An Tagen, an denen sie überhaupt Nahrung erhalten, müssen sie sich mit 200 bis 500 Kalorien begnügen, während gleichzeitig große Mengen an Hilfsgütern in den Gazastreifen gelangen. Unter diesen Bedingungen können die Gepeinigten nicht mehr lange überleben. Die israelische Regierung steht unter wachsendem Druck, entschlossen zu handeln, bevor es für viele zu spät ist.
Hamas droht mit Freilassungsstopp
Während die Bürgerproteste also an Kraft und Reichweite zunehmen, sorgt die Hamas für eine weitere üble Überraschung: Am Montagabend ließ die Terrororganisation verlauten, die ausverhandelten Geiselfreilassungen bis auf Weiteres auszusetzen.
Der angebliche Grund: Israel habe gegen die Vereinbarungen verstoßen, Schüsse in Richtung Gazastreifen abgefeuert und noch keine Wohnmobile geliefert, die als temporäre Bleibe dienen sollen. Eine genauere Betrachtung zeigt, wie fadenscheinig und haltlos diese Behauptungen sind. Die Schüsse galten Terroristen, die vertragswidrig bis zu 300 Meter an israelische Siedlungen vorgerückt waren. Die Verzögerung bei der Lieferung der Wohnmobile liegt nicht an Israel, sondern an den Verhandlungspartnern, die dafür verantwortlich zeichnen.
Kurz: Die Hamas setzt erneut auf Terror – und erzielt damit leider wieder einen strategischen Vorteil, indem sie Angst schürt, die Bevölkerung spaltet und den Unmut gegen die Regierung lenkt.
Palestinians have been approaching IDF troops or prohibited routes on a daily basis, according to Israel’s Channel 12 News. Hamas is “testing boundaries,” according to the report. https://t.co/fswm818ZW1
— Mena-Watch (@MENA_WATCH) February 11, 2025
Trump spricht Machtwort
Vielleicht hat die Hamas aber jetzt ihren Meister gefunden. Der neue US-Präsident Donald Trump wartet nämlich mit Ideen und Äußerungen auf, die in ihrer Schockwirkung alles bisher Dagewesene noch übertreffen. Auf die jüngste Drohung der Terrororganisation angesprochen, reagierte Trump mit einem Ultimatum: Würden die Geiseln – und zwar alle auf einmal – nicht bis zwölf Uhr mittags freikommen, würde er die Abmachung aufkündigen, und dann bräche »die Hölle los«. Gleichzeitig betonte er, die Entscheidung liege letztlich bei Israel.
In Israel selbst begrüßt man die klaren Worte Donald Trumps, will jedoch die weiteren Geiselfreilassungen keinesfalls gefährden. Die Sorge der Angehörigen der Entführten, das Abkommen könne vorzeitig scheitern, muss nicht extra betont werden. Zwar gibt es Stimmen aus der Rechts-außen-Ecke der Regierung, die vor den Gefahren des Abkommens warnen und insbesondere die überproportionale Freilassung verurteilter palästinensischer Terroristen sowie die Aufgabe strategischer Stützpunkte kritisieren. Dennoch setzt die Mehrheit der Israelis auf die erfolgreiche Freilassung der Geiseln.
Nach einer kurzfristig einberufenen Kabinettssitzung ließ Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Dienstagabend verlauten, das Abkommen werde fortgesetzt, sofern bis kommenden Samstag zwölf Uhr Mittag weitere Geiseln wie vorgesehen freigelassen würden. Zudem fordere Israel die vorgezogene Freilassung der weiteren neun Israelis aus der ersten Phase des Abkommens. Andernfalls werde der Waffenstillstand umgehend beendet und der Krieg bis zur vollständigen Niederlage der Hamas fortgeführt.
Weil Israel die Hamas und ihre Schreckensspirale mittlerweile nur allzu gut kennt, rüstet die Armee erneut auf, beruft weitere Reservisten ein und bereitet sich, falls notwendig, auf eine mögliche Fortsetzung des Gaza-Kriegs vor.