Sehr geehrter Herr Williwald,
in der Anmoderation zum heutigen Ö1-Morgenjournal-Bericht über den antisemitischen Angriff auf eine israelische Fußballmannschaft in Bischofshofen führten Sie aus: „Gleichzeitig scheint der gegenseitige Hass Menschen in ganz Europa zu erfassen. Schwere Ausschreitungen in Frankreich, in Deutschland Demonstrationen, auf denen jugendliche Muslime judenfeindliche Parolen rufen.“ Wo genau haben Sie denn „gegenseitigen Hass“ ausgemacht, wenn von pro-palästinensischer Seite antisemitische Parolen verbreitet und Synagogen und jüdische Geschäfte oder jetzt eben israelische Sportler angegriffen werden? Können Sie Beispiele nennen, in denen jüdische oder pro-israelische Demonstranten zu Gewalt gegen Muslime oder Palästinenser aufgerufen haben?
In der Abmoderation benutzten Sie dann das Bild von „Gewalt und Gegengewalt“, welche nun auch auf den Fußball übergegriffen hätten. So oft diese Metapher auch zur Erklärung des Nahostkonflikts herangezogen wird, so wenig kann sie eine solche doch gewährleisten. Im konkreten Fall: Bloß weil die israelischen Spieler sich wehrten und sich nicht einfach von antisemitischen Schlägern verprügeln ließen, werden sie in den von Ihnen konstatierten Kreislauf der Gewalt hineingezogen – sollen also irgendwie auch mitschuldig sein am Verhängnis, das den Nahen Osten befallen habe. Gleichzeitig zeigt sich hier in kleinem und nur scheinbar abseitigen Rahmen auch, was es mit dem „Recht auf Selbstverteidigung“ auf sich hat, das Israel oft generös eingeräumt wird: Es wird Israel nur so lange zugestanden, wie dieses sich nicht gegen Angriffe verteidigt. Sobald es dies aber tut, wird über die Spirale von „Gewalt und Gegengewalt“ geklagt, Israels Selbstverteidigung gegen Antisemitismus und Terror also zum Teil des Problems gemacht. Darin erweist sich die Äquidistanz, die in den gängigen Metaphern zum Nahostkonflikt ihren Ausdruck findet, de facto als doppelter Standard. Durch die Rede von der Gewaltspirale wird jenes Recht delegitimiert, das Israel wie jeder Staat dieser Welt für sich in Anspruch nimmt: seine Bewohner – notfalls auch militärisch – gegen terroristische Angriffe zu verteidigen.
Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Alexander Gruber
Medienbeobachtungsstelle Naher Osten (MENA)