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Geflüchtete Afghanen sitzen im Iran fest

Jugendliche afghanische flüchtlinge in einem Park in Teheran
Jugendliche afghanische Flüchtlinge in einem Park in Teheran (© Imago Images / NurPhoto)

Mit der Machtübernahme der Taliban nahm der afghanische Flüchtlingsstrom ins Nachbarland Iran wieder zu – doch nur die Wenigsten wollen dort bleiben.

Jabar Dastbaz, Rudaw

Nachdem der Fall von Kabul im August die Kontrolle der Taliban über Afghanistan zementiert hatte, nahm der 23-jährige Ramazan Ali die Ersparnisse seines Vaters und floh aus dem Land, um zusammen mit Hunderttausenden ähnlich verzweifelter Afghanen nach Europa zu gelangen. Sein Versuch scheiterte. Nun er sitzt im Iran fest, mit wenig Hoffnung für seine Zukunft.

Ali, der ursprünglich aus der afghanischen Stadt Ghazni stammt und Schmuggler für seine Reise bezahlt hatte, wurde an der iranisch-türkischen Grenze zusammen mit zwölf weiteren Personen verhaftet und von türkischen Grenzbeamten geschlagen. Nachdem er fast erfroren war, ging ihm das Geld aus, und er musste im Iran bleiben, wo er sich mit Gelegenheitsarbeiten durchschlägt.

Ali erzählte gegenüber Rudaw English:

„In den letzten Jahren, als die Taliban und die Regierung in unseren Gebieten noch Krieg führten, hofften wir, dass sich die Lage bessern würde. Mein Vater war Bauer und wir waren fünf Geschwister. Ich war der Älteste.

Die Situation verschlechterte sich, und als die Taliban die Kontrolle über Afghanistan übernommen hatten, beschloss ich, die Ersparnisse meines Vaters zu nehmen und in den Iran zu fliehen, von wo aus ich in die Türkei und dann weiter nach Europa gehen wollte.“

Ali ist mit seinem Schicksal nicht allein. Gaht man durch die Straßen zentral- und ostiranischer Städte , kommt man mit Tausenden afghanischen Migranten in Kontakt, die vor Krieg und Instabilität geflohen sind. Viele von ihnen leben in den Städten Mashhad, Isfahan, Teheran und Semnan; oft arbeiten sie für ein geringeres Gehalt auf dem Bau.

Laut der Volkszählung von 2016 lebten Mitte des Jahrzehnts mehr als anderthalb Millionen Afghanen im Iran, wobei viele von ihnen nach der Wirtschaftskrise in ihr Heimatland zurückkehrten. Nachdem die Taliban die Kontrolle über das Land gefestigt hatten, stieg die Zahl der Afghanen im Iran jedoch wieder an. (…)

Viele der afghanischen Migranten, die seit Jahren im Iran leben, leiden immer noch unter Rassismus in der Öffentlichkeit. Sie werden in den öffentlichen Verkehrsmitteln und auf den Märkten der Stadt rassistisch beleidigt.

Generell ist es schwierig, im Iran Afghanen zu finden, die bereit sind, ihre Geschichte zu erzählen, denn viele halten sich illegal im Land auf und haben Angst, erwischt zu werden. Die übrigen verbringen ihre Zeit mit Arbeit, um über die Runden zu kommen.

„Ich kam vor 26 Jahren mit zwei meiner Brüder in den Iran, wir arbeiteten in verschiedenen Städten wie Mashhad, Semnan, Hamadan und Teheran. Ich habe in vielen verschiedenen Jobs gearbeitet“, sagte Nadir Ghorbani, ein 46-jähriger Granatapfelsaftverkäufer auf dem Großen Basar von Teheran.

Die Brüder von Ghorbani hatten vor sechs Jahren beschlossen, zu versuchen, Europa zu erreichen. Während einer von ihnen Deutschland erreichte, ertrank sein anderer Bruder in der Ägäis, irgendwo zwischen der Türkei und Griechenland.

„Mein Bruder hatte die Behandlung durch die Iraner satt. Er erzählte mir immer wieder, dass die anderen Arbeiter an seinem Arbeitsplatz ihn und andere Afghanen nicht respektierten. Also beschloss er, sein Geld zu sammeln und zu gehen.“

(Aus dem Artikel „Afghans fleeing Taliban trapped in Iran”, der bei Rudaw erschienenen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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