„Die beiden Vereine gelten beim Verfassungsschutz als ‚extremistisch-salafistisch‘, doch die Gefahr hat noch eine andere Dimension. Die Razzia vom vergangenen Mittwoch in neun Bundesländern gegen die vermeintlich rein humanitären Organisationen ‚Ansaar International‘ und ‚World Wide Resistance – Help‘ diente nicht nur der Vorbereitung eines Verbots. Die Sicherheitsbehörden wollen offenbar auch ausloten, in welchem Maße sich zwei islamistische Spektren aufeinander zu bewegen – die radikal auftretenden Salafisten und die eher leise, taktisch versierte Bewegung der Muslimbrüder, 1928 in Ägypten gegründet und älteste sunnitisch-islamistische Vereinigung Arabiens.
Ein wesentlicher Grund für die vereinsrechtlichen Ermittlungen des Bundesinnenministeriums gegen Ansaar International und WWR-Help ist ihre Unterstützung für die Terrororganisation Hamas, den palästinensischen Ableger der Muslimbruderschaft. Diese gibt sich in Deutschland betont gesetzestreu, Anhänger sind eher bürgerliche Fundamentalisten. Den Organisationen der Muslimbrüder rechnet der Verfassungsschutz 1600 Personen zu, die Szene der Salafisten wird mit mehr als 11.000 beziffert. Viele gelten als Sympathisanten der Terrormiliz ‚Islamischer Staat‘. Salafisten und Muslimbrüder hielten lange Abstand. Doch das scheint sich zu ändern.
‚Ein Bündnis der beiden wäre der GAU‘, warnt ein hochrangiger Sicherheitsexperte. Er skizziert das extremistische Potenzial: Jüngere Islamisten mit Drang zur globalen Revolution treffen auf eine islamistische Mittelschicht, die Staat und Gesellschaft ‚legalistisch‘ durchdringen will. Trotz oder gerade wegen unterschiedlicher Aktionsformen, offene Rebellion hier, leises Einnisten dort, schienen Salafisten und Muslimbrüder zu erkennen, dass sie voneinander profitieren könnten, meint der Experte. Die Salafisten würden lernen, wie man sich geschickter anstellt, um staatliche Repression zu vermeiden. Die Muslimbrüder bekämen Zugang zu jüngeren Leuten. Das Ziel beider islamistischen Spektren sei dasselbe: der Gottesstaat. Gemeinsam seien die beiden noch gefährlicher als jetzt schon jeder für sich.“ (Frank Jansen: „Salafisten und Muslimbrüder nähern sich gefährlich an“)