Gedenken einmal anders: Israel-Bashing im SPÖ-Institut

Für historisch Interessierte mangelt es derzeit nicht an denkwürdigen Jahrestagen. Am 13. März 1938 beendete das „Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“ die Existenz Österreichs, nachdem tags zuvor deutsche Truppen ins Land einmarschiert waren. Am 15. März erklärte Adolf Hitler in seinem berüchtigten Auftritt am Wiener Heldenplatz den „Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich“.

In die Reihe derer, die auf Veranstaltungen der Vergangenheit gedenken, reiht sich dieser Tage auch die Parteiakademie der SPÖ, das Renner-Institut, ein. Allerdings widmen sich dessen Niederlassungen in Salzburg und Tirol nicht etwa dem Gedenken an die Machtübernahme des Nationalsozialismus in Österreich, den damit einhergegangenen antisemitischen Ausschreitungen und der folgenden Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden, sondern geben sich ganz und gar einer unter einem Teil der österreichischen Sozialdemokraten traditionell besonders ausgeprägten Leidenschaft hin: der Diffamierung Israels.

„… offen zutage tretende antisemitische Ressentiments“

Zu diesem Zwecke bietet das Renner-Institut Fritz Edlinger die Bühne, um einen von ihm veröffentlichten Sammelband mit dem Titel „Palästina – Hundert Jahre leere Versprechen“ zu präsentieren. Edlinger, seines Zeichens Generalsekretär der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, hat sich über Jahrzehnte hinweg einen Namen als Agitator gegen den jüdischen Staat gemacht.

Zum ersten Mal wurde er als solcher einer breiteren Öffentlichkeit während des Libanonkrieges 1982 bekannt. Als Bundesvorsitzender der SPÖ-Organisation Junge Generation attackierte Edlinger in einem Brief die Israelitische Kultusgemeinde Wien scharf, der er vorwarf, „billige und oberflächliche Appelle an das schlechte Gewissen beziehungsweise die Verpflichtung zur Wiedergutmachung an die österreichische (…) Bevölkerung zu wenden”, und der IKG erklärte, sie solle ihre Haltung zum mit „unkritischer Verbissenheit verteidigten israelischen Staat“ überdenken.

In ihrer Studie über die Geschichte österreichisch-israelischer Beziehungen führen die Historikerinnen Helga Embacher und Margit Reiter Edingers Brief als Beispiel für „offen zutage tretende antisemitische Ressentiments“ an:

„Ihm waren nicht nur die ohnehin spärlich fließenden ‚Wiedergutmachungs’-Zahlungen ein Dorn im Auge, sondern er verstand es auch, die österreichischen Juden in altbekannter Manier vom österreichischen Wir-Kollektiv abzugrenzen und ihnen subtil die Instrumentalisierung der Shoah für politische Zwecke zu unterstellen. Der anmaßende Ton des Briefes sowie die aggressive und uneinsichtige Reaktion auf den gegen ihn gerichteten Antisemitismusvorwurf verweist – wenn nicht auf latent antisemitische Ressentiments – so zumindest auf den völligen Mangel an historischer Sensibilität des Schreibers.”

Herausgeber einer antisemitischen Hetzschrift

Wie es um seine historische Sensibilität bestellt ist, zeigte sich 2005, als Edlinger im Wiener ProMedia-Verlag ein Buch mit dem Namen „Blumen aus Galiläa. Schriften gegen die Zerstörung des Heiligen Landes“ herausgab. Durch dessen Autor, Israel Shamir, höre man, so Edlinger, „das ‚andere‘ Israel, das in Europa – und vor allem im deutschsprachigen Mitteleuropa – kaum zu Wort kommt.“

Tatsächlich hatte Shamir freilich mit dem ‚anderen Israel‘, das unter den als ‚Israel-Kritikern‘ verharmlosten Feinden des jüdischen Staates so beliebt ist, wenig zu tun. Er war schwedischer Staatsbürger, hörte auf den bürgerlichen Namen Jöran Jermas, war orthodoxer Christ und pflegte Kontakte zu Neonazikreisen. Dass dessen Ansichten vom Judentum im deutschsprachigen Raum kaum zu hören waren, wie Edlinger beklagte, lag daran, dass es sich dabei um gänzlich ungeschminkten, rohen Antisemitismus handelte.

Karl Pfeifer stellte damals eine Sammlung von Zitaten aus ‚Shamirs‘ Werk zusammen, die keines weiteren Kommentars bedarf. Für Heribert Schiedel vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes war das Buch „eine der antisemitischsten Hetzschriften, die nach 1945 in Österreich erschienen sind“. In Frankreich wurde der Verkauf des Buches wegen „Aufwiegelung zur Diskriminierung und Aufruf zum Hass und zur Gewalt“ gerichtlich verboten, der Herausgeber wurde zu einer Geld- sowie zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt.

Edlinger, der stets behauptet, Israel-Kritik habe nichts mit Antisemitismus zu tun, bezeichnete im Interview mit der Islamisten-Seite Muslim-Markt den Autor ‚Shamir‘ als „kritische(n) und scharfzüngige(n) Mann“, die Kritik an der antisemitischen Hetzschrift diffamierte er als „massive und hysterische Kampagne“. Erst später distanzierte sich Edlinger halbherzig von einzelnen Passagen des Buches, in die man Antisemitismus „hineininterpretieren“ könne.

Der Chef des ProMedia-Verlags, Hannes Hofbauer, reagierte auf die Kritik an dem Judenhass, den er publiziert hatte, auf die übliche Weise: „Der Angriff auf das Buch von Israel Shamir zielt unserer Meinung nach deutlich darauf ab, Kritik an Israel mit der Keule des Antisemitismusvorwurfs unmöglich zu machen.“

Eine Ansammlung obsessiver ‚Israel-Kritiker‘

Angesichts dieser erbärmlichen, jegliche Kritik blind abwehrenden Haltung ist es nicht überraschend, dass Edlinger und Hofbauer für das Buch „Palästina – Hundert Jahre leere Versprechen: Geschichte eines Weltkonflikts“ erneut als Herausgeber und Verleger zueinander gefunden haben.

Dass sich an der israelfeindlichen Haltung, die bei den Präsentationen in Salzburg und Innsbruck zum Besten gegeben werden wird, nichts geändert hat, verbürgt schon ein Blick auf die Autorenliste des Propagandamachwerks. Darin befindet sich u.a. Petra Wild, die in ihren – wie könnte es anders sein – ebenfalls im ProMedia-Verlag erschienenen Büchern über die „Apartheid und ethnische Säuberung in Palästina“ fantasiert, die der „zionistische Siedlerkolonialismus“ angeblich betrieben habe, und sich für eine Ein-Staaten-Lösung stark macht, d.h. für die Zerstörung Israels als jüdischer Staat.

Als Autor mit dabei ist auch Omar Barghouti, der sich als Anführer der auf einen umfassenden Boykott Israels abzielenden BDS-Bewegung offen zum Ziel der Zerstörung Israels bekennt: „Ich bin völlig und kategorisch gegen Binationalismus, da er davon ausgeht, dass es zwei Nationen mit gleichen moralischen Ansprüchen auf das Land gäbe“, so Barghouti. „Israel als einen ‚jüdischen Staat’ auf unserem Land zu akzeptieren, ist unmöglich.“

Gedenken einmal anders: Israel-Bashing im SPÖ-Institut

Einen Beitrag steuert auch Richard Falk bei, der 1979 zu „Vertrauen für Khomeini“ aufrief, mit seinem fanatischen Israelhass Karriere bei den Vereinten Nationen machte, mit gefälschten Zitaten Israel diffamiert, die israelische Politik gegenüber den Palästinensern mit der des Nationalsozialismus gegenüber den Juden gleichsetzt und gelegentlich antisemitische Cartoons sowie anti-amerikanische Verschwörungstheorien über die Anschläge vom 11. September 2001 verbreitet.

Mit von der Partie ist darüber hinaus Rashid Khalidi, ehemaliger PLO-Sprecher im Libanon und heutiger Professor an der Columbia-Universität in New York, der akademische Freiheit als Freibrief zur Absonderung palästinensischer Propaganda sowie anti-israelischer und anti-westlicher Theorien begreift. (Mehr Links zu Texten über Khalidi finden Sie hier.)

Nicht fehlen darf natürlich eine Stimme des ‚anderen Israel‘, wobei Herausgeber Edlinger immerhin zugutegehalten werden muss, nicht erneut einem plumpen Antisemiten auf den Leim gegangen zu sein, sondern mit Miko Peled wenigstens ein israelisches Feigenblatt für die israelfeindliche Agitation aufgetrieben zu haben.

Und nicht fehlen darf auch eine besonders leuchtende Gestalt des deutschsprachigen Antizionismus: Ludwig Watzal, dessen offen propagierter Israelhass seinen ehemaligen Arbeitgeber, die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung (BPB), dazu brachte, ihm zuerst zu verbieten, sich während seiner Arbeitszeit mit Themen zu befassen, die mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt zu tun haben.

Später wurde, wie der Tagesspiegel berichtete, es Watzal verboten, bei seinen privaten publizistischen Tätigkeiten seine Beschäftigung bei der BPB zu erwähnen, arbeitsrechtliche Schritte hatten eine Versetzung Watzals zur Folge. Eigenen Angaben zufolge arbeitet er seit 2016 nicht mehr für die BPB – und glaubt genau zu wissen, wer daran schuld ist: die „jüdisch-zionistische Lobby und ihre deutschen Helfershelfer“, die sich erdreistet hätten, die Aufmerksamkeit auf einige seiner skandalösen anti-israelischen Behauptungen zu lenken, pardon: „die eine regelrechte Hetz- und Verleumdungskampagne initiiert haben“.

Das sind also einige der Autoren, die Edlinger für das Buch gewinnen konnte, das bei den Präsentationen im Renner-Institut auf ein sicherlich wohlwollendes Publikum stoßen wird. Während im Rest des Landes der Ereignisse vom März 1938 gedacht wird, gibt man hier einem Agitator Raum, um das zu tun, was er seit über 35 Jahren macht: den Staat, in dem ein großer Teil der Holocaust-Überlebenden eine neue Heimat gefunden hat, nach Strich und Faden zu diffamieren.

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