Die Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas scheitern auch an innerpalästinensischen Konflikten über einen Geiseldeal.
Die Befreiung von Qaid Farhan al-Qadi, einem 52 Jahre alten, israelischen Beduinen, nach fast elf Monaten aus einem Tunnel der Hamas im Süden des Gazastreifens hat einmal mehr das Schicksal der nach wie vor verschleppten israelischen Geiseln in Erinnerung gerufen.
Ursprünglich hatte die Hamas im Zuge ihres Massakers am 7. Oktober 2023 über 250 Menschen aus Israel verschleppt. 105 von ihnen (81 Israelis, 23 Thailänder, ein Filipino) wurden während eines einwöchigen Waffenstillstands im vergangenen November gegen 240 palästinensische Gefangene ausgetauscht; darüber hinaus konnten die israelischen Streitkräfte in vier Befreiungsaktionen acht Geiseln lebend befreien. Israel geht davon aus, dass sich noch immer 108 Geiseln im Gazastreifen befinden, wobei unklar ist, wie viele von ihnen noch am Leben sind.
Lebensversicherung für Sinwar
Unter Berufung auf geheimdienstliche Quellen berichtet nun der Jewish Chronicle, dass nur mehr rund zwanzig der verbliebenen Geiseln von der Hamas festgehalten werden. Sie sollen sich in Tunneln in unmittelbarer Nähe von Hamas-Chef Yahya Sinwar befinden, der sie als menschliche Schutzschilde missbrauche. Mehrfach soll Israel bereits die Möglichkeit gehabt haben, Sinwar zu eliminieren, doch seien die Operationen aus Sorge um das Leben israelischer Geiseln und palästinensischer Zivilisten abgeblasen worden.
Die übrigen Geiseln sollen sich laut JC-Informationen aber nicht (mehr) in Händen der Hamas sein, sondern von anderen Terrorgruppen in Gefangenschaft gehalten werden, darunter die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), der Palästinensische Islamische Dschihad (PIJ) und die Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden der Fatah von Mahmud Abbas. Dieser Umstand habe bislang völlig unterschätzte Auswirkungen auf die Verhandlungen über einen Waffenstillstand mit Israel.
Denn die Hamas setze sich ausschließlich für die Freilassung ihrer eigenen Mitglieder aus israelischen Gefängnissen ein und ignoriere die Forderungen der anderen Gruppen, auch deren inhaftierte Mitglieder zu berücksichtigen. Der innerpalästinensische Konflikt über diesen Punkt sei so heiß geworden, dass sogar ein Putsch gegen die Hamas geplant worden sein soll. Darüber hinaus sprechen sie sich gegen jeden Kompromiss mit Israel auf und fordern für das Leben der Geiseln die Freilassung sämtlicher Terroristen, die in israelischen Gefängnissen sitzen, darunter über 1.200 zu lebenslangen Haftstrafen verurteilte Mörder. »Diese internen palästinensischen Streitigkeiten«, kommentierte der Chronicle, »werden zwar selten zugegeben, sind aber ein Hindernis für ein Geiselabkommen«.