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Krieg in Gaza: Die Top-3-Fehlleistungen der Medien

Auch dieses Mal gab es rund um den Krieg in Gaza in den Medien bemerkenswerte Fehlleistungen. (© imago images/Panthermedia)
Auch dieses Mal gab es rund um den Krieg in Gaza in den Medien bemerkenswerte Fehlleistungen. (© imago images/Panthermedia)

Auch während der jüngsten Kämpfe im Gazastreifen leisteten sich die Medien so manchen Aussetzer.

Im Vergleich zu früheren Runden in der Auseinandersetzung zwischen Israel und palästinensischen Terrorgruppen im Gazastreifen war die mediale Berichterstattung über den jüngsten Schlagabtausch insgesamt deutlich weniger einseitig und problematisch. Aber auch dieses Mal gab es bemerkenswerte Fehlleistungen. Hier unsere Top drei:

1. Süddeutsche Zeitung

In der SZ beschrieb Alexandra Föderl-Schmid den Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) als eine Gruppe, die »für Israel deutlich gefährlicher« sei als die Hamas, eine Einschätzung, über die man sich nur wundern kann. Die Hamas ist nicht nur die mit Abstand größere Organisation, sie ist auch deutlich besser bewaffnet und hat als de facto-Regierungspartei des Gazastreifens dessen Ressourcen, Infrastruktur und das gesamte Personal zur Verfügung, inklusive des Sicherheitsapparats. All das weiß und schreibt auch Föderl-Schmid.

Warum soll der PIJ also gefährlicher sein als die Hamas? Der Schlüssel zum Verständnis ihrer Behauptung liegt in diesem Satz über den PIJ: »Anders als die Hamas und die im Westjordanland regierende Fatah lehnt die Organisation Verhandlungen über einen Frieden mit Israel ab und nimmt auch nicht an Wahlen teil, sie konzentriert sich ganz auf den bewaffneten Kampf gegen Israel.« Deshalb, so schloss der Artikel, sei der Islamische Dschihad »weitaus unberechenbarer als die Fatah oder die Hamas«.

(Quelle: Screenshot/Süddeutsche Zeitung)
(Quelle: Screenshot/Süddeutsche Zeitung)

In Wahrheit ist in der Charta der Hamas zu lesen, dass all die »sogenannten Friedenslösungen sowie Konferenzen zur Lösung der Palästina-Frage« im »Widerspruch zum Bekenntnis der Islamischen Widerstandsbewegung« stehen. Das gesamte »Palästina« sei islamisches Land »für die islamischen Generationen bis zum Tag der Auferstehung«. Kein Teil davon dürfe aufgegeben werden, und »eine Lösung für die palästinensische Frage gibt es nur durch den Dschihad«.

An dieser Haltung hat sich nicht das Geringste geändert. Föderl-Schmids Behauptung, dass die Hamas »Verhandlungen über einen Frieden mit Israel« führen oder auch nur gutheißten würde, war reiner Unsinn.

2. Deutschlandfunk

Am Sonntag verdichteten sich die Hinweise, dass noch im Laufe des Tages ein von Ägypten vermittelter Waffenstillstand zwischen Israel und dem Islamischen Dschihad eintreten könnte. Der Deutschlandfunk meldete dazu via Twitter: »Nach dreitägigem Beschuss des Gazastreifens hat Israel offenbar einer Waffenruhe zugestimmt.« Die drei Tage kriegerischer Auseinandersetzungen, in denen der PIJ rund 1.100 Raketen auf Israel abgefeuert hatte, so zusammenzufassen, dass darin ausschließlich Israel als Akteur vorkommt, der palästinensische Raketenbeschuss unerwähnt bleibt und der Eindruck erweckt wird, als sei ein Waffenstillstand bislang an fehlender israelischer Zustimmung gescheitert, war eine journalistische Fehlleistung der Sonderklasse.

3. Die taz

Dass in der aus dem linksalternativen Spektrum hervorgegangenen tageszeitung Leute arbeiteten, die in ihrem ideologischen Gepäck den linken Antiimperialismus und die ihm eingeborene Israelfeindschaft mit ins Büro brachten, ist nicht gerade eine Neuigkeit. Doch die Debatten über diese unsägliche linke Tradition sind auch an der taz nicht spurlos vorübergegangen und haben mit Sicherheit intern für heftigen Streit gesorgt. Manchmal wirkt es so, als habe sich etwas geändert.

Und dann haut die taz eine Titelseite raus wie am letzten Montag: Ein großes Foto zeigt eine Explosion in einer Wohngegend im Gazastreifen, darüber prangt die Überschrift: »Israel startet Wahlkampf«. Im begleitenden Artikel (»Denn sie wissen, was sie tun«) schreibt Susanne Knaul über den »unschönen Verdacht«, dass »die israelischen SoldatInnen gerade jetzt auszogen (…), könne mit den für den 1. November geplanten Parlamentswahlen zusammenhängen«. Premier Yair Lapid habe demnach den Krieg mutwillig vom Zaun gebrochen, weil er im Wahlkampf punkten wolle. »Stärke zeigen für WählerInnenstimmen – wie armselig wäre das.« Und zum Drüberstreuen erklärte sie im Hinblick auf die Hamas, die sich nicht an den Kämpfen beteiligt hatte, zu einer der »pragmatischeren Kräfte«, die unterstützt werden müssten.

Armselig war hier einzig das Geraune der taz, die israelische Regierung habe aus Wahlkampfzwecken einen Krieg begonnen, was bedeutete, dass rund eine Million Israelis in Reichweite der palästinensischen Terrorraketen das Wochenende in ihren Luftschutzbunkern verbringen musste.

Wenigstens erntete die Zeitung mit diesem Cover zahllosen, auf Twitter deutlichen Widerspruch. So wurde unter anderem kommentiert: »Durfte die BDS-Fraktion der #taz sich heute austoben? Ich vermute, dass auch vielen #taz-Kolleg*innen die Grenzwertigkeit und der Zynismus dieses Titels aufgefallen sein dürfte.«

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