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Fußball-WM: Wanderarbeiter in Saudi-Arabien ausgebeutet und misshandelt

Afrikanische Bau- und Wanderarbeite sind in Saudi-Arabien so gut wie rechtlos
Afrikanische Bau- und Wanderarbeite sind in Saudi-Arabien so gut wie rechtlos (© Imago Images / HochZwei)

Der Alltag der afrikanischen Arbeitsmigranten in Saudi-Arabien ist von Missbrauch und Ausbeutung gekennzeichnet. Die FIFA, deren Stadien diese Arbeitssklaven errichten würden, kümmern die menschenverachtenden Arbeitsbedingungen wenig.

Eine Gewerkschaftsorganisation, die achtzehn Millionen afrikanische Arbeitnehmer vertritt, hat bei den Vereinten Nationen eine Beschwerde gegen die Arbeitspraktiken in Saudi-Arabien eingereicht. Sie fordert »sofortige und entschiedene Maßnahmen« gegen das Land, das im nächsten Monat die Austragungsrechte für die Fußball-WM erhalten soll.

In einem Bericht, der neben Zeugenaussagen von Arbeitsmigranten auch Beschwerden über Fehlverhalten und Missbrauch dokumentiert, erklärt die Afrikanische Regionalorganisation des Internationalen Gewerkschaftsbundes (ITUC-Afrika), ein »unerbittlicher Kreislauf von Missbrauch und Ausbeutung« kennzeichne den Alltag afrikanischer Arbeitsmigranten in Saudi-Arabien.

»Diese Arbeitnehmer, die eine entscheidende Rolle in der Wirtschaft sowohl ihrer Heimatländer als auch Saudi-Arabiens spielen, sind unerbittlicher Ausbeutung ausgesetzt, darunter Lohnraub, Zwangsarbeit, unsichere Arbeitsbedingungen und eklatante Verletzungen ihrer Würde und Rechte im Rahmen des Kafala-Systems.« Dieses im gesamten Nahen Osten gebräuchliche Kafala-System sieht vor, dass Arbeitsmigranten ihre gesamten Dokumente an den Arbeitgeber abgeben müssen, sodass sie diesem völlig ausgeliefert sind und in ihrem Status so etwas wie moderne Sklaven darstellen.

Saudi-Arabiens Bewerbung als Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft 2034 gebe »Anlass zu großer Sorge, dass diese Missstände noch weiter zunehmen könnten. Ohne sofortige und entschiedene Maßnahmen wird sich die Situation wahrscheinlich verschlechtern, was zu mehr vermeidbaren Todesfällen und weiteren Verletzungen der Menschen- und Arbeitsrechte führen wird. Die Behandlung afrikanischer Arbeitsmigranten in Saudi-Arabien stellt eine klare und ungeheuerliche Verletzung internationaler Menschenrechtsgesetze dar, insbesondere der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte«, heißt es in dem ITUC-Bericht.

Die FIFA hat die UN-Leitprinzipien unterzeichnet, in deren Artikel 3 es heißt: »Die FIFA verpflichtet sich, alle international anerkannten Menschenrechte zu respektieren und sich für den Schutz dieser Rechte einzusetzen.« Aktuell ist der Weltfußballverband bereits Adressat mehrerer Anschuldigungen, sich nicht angemessen mit den Menschenrechtsrisiken befasst zu haben, die mit der Verlegung des größten Sportereignisses der Welt nach Saudi-Arabien verbunden sind.

Zwang zur Einhaltung

ITUC-Afrika hat auch einen Brief an den Präsidenten des afrikanischen Fußballverbands (CAF) Patrice Motsepe geschrieben, in dem es heißt, afrikanische Arbeitnehmer werden in Saudi-Arabien »auf äußerst grobe und brutale Weise behandelt«. Das Schreiben fordert Motsepe, ein Verbündeter von FIFA-Präsident Gianni Infantino, auf, »die FIFA dazu zu zwingen, ihre in ihren Statuten verankerte und durch die FIFA-Menschenrechtspolitik bekräftigte Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte einzuhalten«. Der Gewerkschaftsbund gibt jedoch an, auf seine bereits am 15. Oktober versandte Korrespondenz keine Antwort erhalten zu haben.

ITUC-Afrika gibt an, vor und nach der Fußball-WM 2022 konstruktiv mit katarischen Beamten zusammengearbeitet zu haben, um die Bedingungen für afrikanische Arbeitnehmer zu verbessern. Da Gewerkschaften und externe NGOs in Saudi-Arabien jedoch nicht anerkannt werden, werde ein solcher Prozess in dem Land nicht ermöglicht. »Die Behandlung von Arbeitsmigranten in Saudi-Arabien fördert willkürliche und ungeheuerliche Verstöße gegen die Menschen- und Arbeitsrechte«, empört sich ITUC-Generalsekretär Akhator Joel Odigie. »Die Misshandlung afrikanischer Arbeitsmigranten ist schlimm, tiefgreifend und herzzerreißend. Die Misshandlung in Gesetz und Praxis verleiht der Behauptung, schwarze Leben seien im Königreich Saudi-Arabien billig, entbehrlich und bedeutungslos, starke Glaubwürdigkeit.

Man konzentriere sich »auf Saudi-Arabien, weil wir einen Dominoeffekt für eine fortschrittliche Reform der Arbeitsmigration im Nahen Osten auslösen wollen«. Eine erfolgreiche Reform des Arbeitsrechts in Saudi-Arabien werde Vorbildcharakter haben, gab sich Odigie überzeigt.

Die FIFA wird voraussichtlich am 11. Dezember auf einem virtuellen Kongress ihrer 211 Mitglieder den Gastgeber der Weltmeisterschaft 2034 bekannt geben. Saudi-Arabien wird der einzige Name auf dem Stimmzettel sein, aber eine wachsende Zahl von Stimmen hat die FIFA aufgefordert, noch einmal darüber nachzudenken, bevor sie abstimmt. Diese Woche schrieben zwei US-Senatoren an Infantino und baten ihn, »ein Gastgeberland zu suchen, das sich für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzt«.

Diese Intervention folgte auf einen Bericht von erfahrenen Anwälten, darunter ehemalige Governance-Experten der FIFA, die vor den Menschenrechtsproblemen warnten, die mit der Austragung des Turniers in Saudi-Arabien verbunden sind. Darüber hinaus gab es weitere Beschwerden von NGOs und Gewerkschaften in Europa. Nun haben sich die Bedenken auch auf Afrika ausgeweitet.

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