Wenn im Winter in Katar die Fußball-WM ausgetragen wird, fehlt eine Mannschaft: das »vergessene Team« der im Vorfeld ums Leben gekommenen Arbeiter.
Unter dem Titel »Forgotten Team« hat der Fotograf Mohamed Badarne in Berlin eine Ausstellung organisiert, in der die Kehrseite der in diesem Jahr stattfindenden Fußball-WM in Katar eindrücklich dokumentiert wird.
Über lange Zeiträume begleitete Badarne Arbeiter, die – ohne Rechte und in der Regel unter katastrophalen Bedingungen – auf den monumentalen Baustellen schufteten. Im Interview »11 Freunde« sprach der in Berlin lebende Palästinenser über seine Erfahrungen:
»In Katar leben knapp drei Millionen Menschen, aber nur zehn Prozent sind Katarer. Der Rest setzt sich zusammen aus Arbeitern, die aus den ärmsten Regionen der Welt kommen. Und die werden dort behandelt wie Menschen zweiter oder dritter Klasse.«
Und weiter:
»Jeder hat seine eigene Geschichte. Einige leiden unter Rassismus, andere rennen seit Jahren ihrem Lohn hinterher, wieder andere verletzten sich, sterben oder bringen sich selbst um. In den Sterbeurkunden steht dann fast immer: ›Natürlicher Tod‹. Aber was ist ein ›natürlicher Tod‹ bei einem 25-Jährigen? Es gibt keine Obduktionen, keine Nachforschungen.«
Stirbt ein Arbeiter, erhalte die Familie des Verstorbenen manchmal nur eine SMS mit einem Bild der Leiche und der Frage: Ist das Ihr Sohn?
In den Unterkünften gebe es keine Privatsphäre, teilweise wohnen zwölf Arbeiter auf zehn Quadratmetern zusammen. Nur sehr selten gebe es von den Arbeitgebern Entschädigungen, beispielsweise im Falle einer Verletzung.«
Boykotte
Inzwischen organisieren sich weltweit auch Boykott-Katar-Initiativen, die auf diese unwürdigen Bedingungen hinweisen. So heißt es im deutschsprachigen Aufruf:
»Sie leben in schlimmsten Wohnverhältnissen, werden teilweise um ihren Lohn betrogen und arbeiten unter gefährlichen Umständen. Sie haben kein Recht auf Kündigung, teilweise nicht einmal auf die Heimreise. Nach verschiedenen Berichten sind bisher mehrere hundert Arbeiter auf den Stadionbauten ums Leben gekommen.«
Außerdem wird die Haltung Katars gegenüber Homosexuellen und Queers scharf kritisiert:
»In Katar ist Homosexualität gesetzlich verboten, werden Frauen durch gesetzliche Regelungen stark benachteiligt und wird die individuelle Lossagung vom Islam als Kapitalverbrechen verfolgt. Die Entscheidung pro Katar ist daher mit dem Anspruch eines ›diskriminierungsfreien Umfelds‹ auf keinen Fall zu vereinbaren.
Auch den Besucherinnen und Besuchern des WM-Turniers drohen Sanktionen, sofern sie sich als homosexuell bzw. ›queer‹ outen oder ›unangemessene Kleidung‹ tragen, beispielsweise kniefreie Hosen oder schulterfreie Oberteile.«