Frieden im Nahen Osten: Die Realität überholt alte Überzeugungen

Auch sie halten an überkommenen Überzeugungen fest: Demonstration im Gazastreifen gegen Frieden mit Israel. (imago images/ZUMA Wire)
Auch sie halten an überkommenen Überzeugungen fest: Demonstration im Gazastreifen gegen Frieden mit Israel. (imago images/ZUMA Wire)

Der Frieden zwischen Israel und den Emiraten stößt viele Experten vor den Kopf: Wie haben sie sich so irren können?

Eyal Zisser, Israel Hayom

Anfang 1977 rief der damalige Leiter des militärischen Nachrichtendienstes der IDF, Shlomo Gazit, hochrangige Experten und Analysten zusammen, um zu prüfen, ob Ägypten Frieden mit Israel wolle. Die Diskussion führte zu einem eindeutigen Ergebnis: Alle Teilnehmer waren sich einig, dass sich an den israelisch-ägyptischen Beziehungen in naher Zukunft überhaupt nichts ändern würde. Einige Monate später wurde der ägyptische Präsident Anwar Sadat von Premierminister Menachem Begin eingeladen, in der Knesset in Jerusalem zu sprechen – der Rest ist Geschichte.

Etwa zwei Jahrzehnte später wurde Premierminister Yitzhak Rabin erklärt, dass Jordanien es niemals wagen würde, einen separaten Friedensvertrag mit Israel zu unterzeichnen – und im Oktober 1994 überraschte König Hussein alle, als er genau das tat.

Seitdem haben wir Experten uns immer wieder geirrt. Seit den frühen 2000er Jahren, als der Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern zusammenbrach, hielten wir und der Rest der Welt an der Auffassung fest, dass es keinen Frieden mit weiteren arabischen Ländern geben werde, solange der israelisch-palästinensische Konflikt nicht durch die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt gelöst werde.

Diese Überzeugung stand in deutlichem Gegensatz zu dem Prozess der Annäherung, der zwischen den arabischen Nationen – allen voran den Golfstaaten – und Israel angesichts des immer dunkleren Schattens vor sich ging, den der Iran auf die Region warf. Diese Veränderung hat auch stattgefunden, weil Israel in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit, Wirtschaft und Diplomatie zu einem florierenden Land geworden ist und die arabischen Länder zu erkennen begannen, dass sie von bilateralen Beziehungen profitieren könnten. (…) Trotz dieser Entwicklung hielten wir weiter an der Annahme fest, dass die Palästina-Frage eine gläserne Decke sei, die uns daran hindere, beim Friedensschluss mit arabischen Nationen voranzukommen.

Doch plötzlich kündigte Israel ein Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten an – und wir müssen uns verlegen die Frage stellen: Wie konnte das geschehen? Warum haben wir uns so fest an die alten Annahmen geklammert?

(Aus der Analyse „Conceptions come crashing down“ von Eyal Zisser, Professor für die Geschichte des Nahen Osten an der Tel Aviv University, die auf Israel Hayom erschienen ist. Übersetzung von Florian Markl.)

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