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Freud und Leid des israelischen Geiseldeals mit der Hamas

Menschen auf dem Tel Aviver »Platz der Geiseln heißen Romi Gonen, Emily Damari, und Doron Steinbrecher willkommen
Menschen auf dem Tel Aviver »Platz der Geiseln heißen Romi Gonen, Emily Damari, und Doron Steinbrecher willkommen (Imago Images / Xinhua)

Während in Israel Freude über die freigelassenen Hamas-Geiseln herrscht, interessiert sich die Welt nicht für deren Schicksal oder macht die im Gegenzug enthafteten palästinensischen Terroristen zu Opfern.

Wohl unter massivem Druck des am Montag angelobten amerikanischen Präsidenten Donald Trump hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einem Waffenstillstandsabkommen mit der Hamas zugestimmt, bei dem allerdings höchst fraglich ist, ob es hinsichtlich der noch zu verhandelnden und in rund sechs Wochen in Kraft tretenden zweiten Phase, während der die übrigen Geiseln freigelassen werden sollen, letztlich zu einer Einigung kommen wird oder nicht.

Gibt Israel dem zu erwartenden internationalen Druck nach und billigt der Hamas eine Rolle im Nachkriegsgaza zu, würden die mit blutigen Opfern erzielten militärischen Erfolge in der Küstenenklave umsonst gewesen sein; und die Hamas würde eine Auferstehung feiern, wie nicht zuletzt die Bilder der vermummten Banden bei der Geiselübergabe an das – um das Schicksal der Entführten nicht sonderlich besorgt gewesene – Rote Kreuz zeigten. 

Verhungert sahen die Hamas-Kämpfer, die nach fünfzehn Monaten urplötzlich ihre Uniformen wiedergefunden hatten, nicht aus; ebenso wenig wie die Schaulustigen der grausamen und martialischen Inszenierung der Freilassung der drei Todesangst leidenden israelischen Frauen. Was die weiblichen Geiseln mitgemacht haben, interessiert internationale Frauenorganisationen nicht weiter. Der in der Zivilgesellschaft und den Nichtregierungsorganisationen ebenso wie in Medien und Politik verankerte Zeitgeist, dem israelische Jüdinnen zusehends als »weiße Kolonisatorinnen« gelten und der Kritik am islamischen Frauenbild einer Hamas für Ethnozentrismus, wenn nicht gar Rassismus hält, lässt dies nicht zu.

Im ORF desinformiert der für den arabischen Raum zuständige Korrespondent Karim El-Gawhary derweilen in einer Opfer-Täter-Umkehr über die laut eigenen Aussagen in israelischer Haft misshandelten und jetzt ausgetauschten palästinensischen Gefangenen, ohne zu erwähnen, dass es sich entweder um in Administrativhaft gehaltene oder verurteilte Terroristen handelt und keineswegs einfach um »fünfzehn-, sechzehnjährige palästinensische Kinder«. Konsequenzen für seine tendenziöse und mit Halbwahrheiten operierende Berichterstattung muss El-Gawhary nicht befürchten, wie der ORF ja generell Beschwerden wegen seiner allzu oft gegen Israel voreingenommene Berichterstattung einfach ignoriert.

Gefahren des Geiseldeals

Geiseln sollte man nicht als Verschubmasse für irgendwelche Abkommen benutzen, sondern aus der Hand ihrer Peniger befreien. Diesbezügliche Deals verweisen insofern auf eine Niederlage, als Folterknechte und Mörder zu Vertragspartnern werden. Trotz militärischer Aktivität im Norden und im Süden des Gazastreifens ist Israel nie in das Zentrum von Gaza (und die dort liegenden Lager Nuseirat, Bureij, Deir el-Balah und Maghazi) vorgestoßen; vielleicht, weil man Informationen hatte, dass sich dort die Geiseln befanden und man befürchtete, damit ihr Leben zu gefährden. Dennoch zeigt das Geschehen im Gegensatz zu den historischen Erfolgen des für die Hisbollah zuständigen Mossads im Libanon ein Versagen des für den Gazastreifen zuständigen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet auf.

Der für den 7. Oktober 2023 verantwortliche Hamas-Führer Yahya Sinwar war als Terrorist in Israel inhaftiert, erhielt in einem israelischen Spital eine lebensrettende Gehirnoperation und wurde im Jahr 2011 neben weiteren 1.026 Gefangenen für den entführten Soldaten Gilad Shalit ausgetauscht. Wer garantiert, dass sich Wiederholungen eines ähnlichen Szenarios mit den jetzt freigelassenen Terroristen verhindern lassen?

Zu hoffen ist, dass Israel von Donald Trump im Gegenzug zu dem nun geschlossenen Abkommen freie Hand hinsichtlich des Irans erhalten hat. Auch wenn sich die diesbezüglichen Zeichen in jüngster Zeit gemehrt haben, sind Vorsicht und Zweifel angebracht, wie wir schon im November angemerkt haben.

Ein ähnlicher Deal, werfen manche jetzt Netanjahu vor, wäre bereits vor Monaten möglich gewesen, während der scheidende US-Außenminister Antony Blinken in einem der letzten Interviews seiner Amtszeit darauf hinwies, dass jedes Abkommen in der Vergangenheit nicht an Israel, sondern an der Hamas gescheitert war. Gerade die beiden nationalreligiösen Rechtsaußenparteien in Israel haben sich jedoch zuletzt auch gerühmt, ein Geiselabkommen immer wieder torpediert zu haben, obwohl die »Befreiung der Gefesselten« eigentlich im täglichen Achtzehnbittengebet und beim Propheten Jesaja vorkommt.

Positiv ist immerhin, dass der extrem rechte Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, jetzt nicht mehr der Regierung angehört. Doch bei aller Kritik an ihm und seiner Politik zählt zu seiner Hinterlassenschaft auch das Faktum, dass Zivilisten nun Waffen tragen dürfen, was in jüngster Zeit schon bei mehreren Anschlägen Leben gerettet hat.

Dies ist ein Auszug aus unserem Newsletter vom 22. Januar. Wenn Sie den nächsten Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich an!

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