Von Alex Feuerherdt
Zwei ausschließlich mit Frauen besetzte Schiffe nehmen derzeit Kurs auf den Gazastreifen – um die palästinensischen Geschlechtsgenossinnen in deren Kampf gegen den jüdischen Staat zu unterstützen. Die Unterdrückung von Frauen durch die Hamas ist für die Aktivistinnen dagegen nicht der Rede wert. Kein Wunder: Ihr Antrieb ist nicht die Gleichberechtigung, sondern der Antisemitismus.
Eines muss man der „Frauen-Flottille“, die zurzeit auf den Weg in Richtung Gazastreifen ist, ja lassen: Ihre Initiatorinnen und Besatzungsmitglieder tun gar nicht erst so, als verfolgten sie das Ziel, notleidende Menschen mit Hilfsgütern zu versorgen. Das war bei dem großen „Free Gaza“-Konvoi, der Ende Mai 2010 in den Gewässern vor der Küste von Gaza sein Ende fand, noch anders: Damals hatten einige Schiffe eine erkleckliche Fracht an Bord, die zeigen sollte, dass die Aktivisten von edler Gesinnung sind und nichts anderes wollen, als zu helfen. Bei dieser Fracht handelte es sich allerdings zu einem erheblichen Teil um wertlosen und unsachgemäß verpackten Schrott wie abgelaufene Medikamente und gebrauchte Kleidung, also um nichts als Staffage für den propagandistischen Zweck. Worum es ihnen eigentlich zu tun war, hatten die Organisatoren ohnehin längst deutlich gemacht, als sie ihre Sprecherin unumwunden zugeben ließen: „Bei dieser Mission geht es nicht darum, humanitäre Güter zu liefern“ – also den Palästinensern zu nutzen –, „es geht darum, Israels Blockade zu brechen“, also dem jüdischen Staat zu schaden und denen in die Hände zu spielen, die ihn gerne von der Landkarte tilgen würden. Der Hamas-Führer Ismail Haniya hatte deshalb auch frohlockt: „Wenn die Schiffe Gaza erreichen, ist das ein Sieg – und wenn sie von den Zionisten terrorisiert werden, ist das ebenfalls ein Sieg.“
Die Flottille wurde bekanntlich von der israelischen Marine am Durchbruch gehindert und aufgebracht, woraufhin auf dem größten Schiff, der Mavi Marmara, militante türkische Islamisten die israelischen Spezialkräfte mit Messern, Eisenstangen, Äxten und anderem Gerät angriffen, eine Konfrontation also bewusst herbeiführten. Neun von ihnen wurden dabei erschossen. Doch obwohl die unfriedliche Absicht der Passagiere offenkundig war und der Angriff klar von ihnen ausging, fiel die Weltöffentlichkeit auf die PR-Strategie der Freedom Flotilla Coalition herein. Diese Strategie hatte darin bestanden, den Medien vorzugaukeln, bei den Getöteten und ihren Mitstreitern handle es sich um wehr- und arglose Menschenrechtler, die Kinder, Arme und Gebrechliche im Gazastreifen bloß mit dem Nötigsten hätten versorgen wollen, vom brutalen israelischen Militär jedoch kaltblütig und hinterhältig ermordet worden seien. Ausweislich der medialen und politischen Resonanz ging der Plan voll auf: Israel wurde einmal mehr weltweit an den Pranger gestellt, während man den Angreifern die Opferrolle zugestand.
Möglich wurde dies nicht zuletzt dadurch, dass die Schiffsbesatzungen von einem faktischen Bündnis aus europäischen „Friedens“-Aktivisten und gewaltbereiten Islamisten gestellt wurden. Die einen deckten und verharmlosten die Taten der anderen, vereint im Hass auf den jüdischen Staat. So behauptete seinerzeit beispielsweise der stellvertretende Vorsitzende der Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs – Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW), Matthias Jochheim, er habe an Bord der Mavi Marmara lediglich „ein paar kurze Holzknüppel gesehen, mit denen sich einige der Angegriffenen verteidigt haben könnten, mehr nicht“. Zudem habe es an Bord den Konsens gegeben, „ausschließlich gewaltfreien, zivilen Ungehorsam zu leisten“, und es habe „keine Anhaltspunkte“ dafür gegeben, „dass dieser Konsens gebrochen wurde“. Das sagte der Frankfurter Arzt wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, als das Gegenteil längst bewiesen war. Doch er musste nicht befürchten, dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden oder auch nur einen Ansehensverlust zu erleiden – viel zu gerne glaubte ihm die ganz überwiegend antiisraelische Öffentlichkeit seine Erzählung.
Verharmlosung der Unterdrückung von Frauen durch die Hamas
Dass die Hamas im Gazastreifen ein rigides islamistisches Regime etabliert hat, in dem Frauen massiv unterdrückt werden, will man bei den Mujeres Rumbo a Gaza partout nicht sehen. In einem Text mit dem Titel „Palästinensische Frauen sichtbar machen“ beklagen sie zwar die eine oder andere Ungerechtigkeit seitens der Gotteskriegerpartei, beschwichtigen dann aber, das sei in anderen Teilen der Welt schließlich auch nicht besser. Als wahren Feind machen sie nicht das islamistische Patriarchat aus, sondern das „rassistische“ und „kolonialistische“ Israel mit seinen „Besatzungs- und Unterdrückungspraktiken“. Dementsprechend richtet sich ihre Solidarität mit den Palästinenserinnen auch nicht gegen die Geschlechterapartheid, sondern sie gilt ausschließlich dem Kampf gegen den jüdischen Staat und der vermeintlich heldinnenhaften Rolle der Frauen darin. Eine Abgrenzung gegen die terroristische Hamas erfolgt nicht; ganz im Gegenteil betonen die Aktivistinnen, sie hätten „zu akzeptieren, dass die Palästinenser selbst zu entscheiden haben, ob sie ihre Sache mit Gewalt oder gewaltfrei betreiben“. Ein Freibrief selbst für antisemitische Mordtaten.
Auch die islamistische IHH ist wieder mit dabei
Die Flottille startete am 14. September vom Hafen in Barcelona aus und legte bislang Zwischenstopps in Ajaccio auf Korsika sowie in Messina auf Sizilien ein. An allen drei Orten gab es Kundgebungen und Solidaritätsveranstaltungen für sie, überwiegend getragen von linken und palästinensischen Organisationen. In Barcelona erschien sogar die Bürgermeisterin persönlich, um der antiisraelischen Besatzung ihre guten Wünsche mit auf den Weg zu geben. Wie das Unternehmen enden wird – sofern die Schiffe überhaupt in die Nähe von Gaza kommen und nicht wegen technischer Probleme vorher aufgeben müssen –, dürfte absehbar sein: Die israelische Marine wird das Durchbrechen der Blockade verhindern, die Passagierinnen vorübergehend nach Israel bringen und sie schließlich abschieben. Das Geschrei über die angebliche Unmenschlichkeit und Brutalität der Zionisten wird dann wieder groß sein – größer jedenfalls, als die Empörung über die Unterdrückung und Entrechtung von Frauen durch die Hamas jemals war. Aber vermutlich ist genau das auch das Ziel von Feministinnen dieses Zuschnitts, deren Motivation nicht Geschlechtergerechtigkeit ist, sondern Antisemitismus.