In Frankreich wurden zwei Jugendliche wegen Gruppenvergewaltigung einer Minderjährigen unter fünfzehn Jahren aufgrund ihrer Religion verurteilt.
Im Prozess um die antisemitisch motivierte Entführung, Folter und Vergewaltigung eines zwölfjährigen jüdischen Mädchens in einer Hochhaussiedlung im Pariser Vorort Courbevoie im letzten Jahr wurde am 11. Juni das Urteil gesprochen. Ein Jahr nach der Tat verurteilte das Jugendgericht Nanterre zwei Minderjährige zu neun bzw. sieben Jahren Haft. Die beiden wurden wegen Gruppenvergewaltigung einer Minderjährigen unter fünfzehn Jahren aufgrund ihrer Religion verurteilt.
Für einen dritten Beteiligten, der zum Tatzeitpunkt zwölf Jahre und zehn Monate alt war, ordneten die Richter eine fünfjährige Erziehungsmaßnahme an, da er aufgrund seines Alters noch zu keiner Gefängnisstrafe verurteilt werden konnte. Die beiden anderen Minderjährigen, die in Untersuchungshaft saßen, waren zum Zeitpunkt der Taten dreizehn Jahre alt und konnten daher zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden. Ihnen drohte eine Höchststrafe von zehn Jahren.
Bei der Verlesung des Urteils begründete der Vorsitzende Richter die harte Strafe: »Trotz ihres jungen Alters und ihrer erheblichen schulischen Defizite« sei diese Bestrafung geboten angesichts der anhaltend verstörenden Persönlichkeit der beiden Täter, der immensen Unruhe, die ihre Tat in der Gesellschaft verursacht habe und der Tatsache, dass es sich bei dem Opfer um ein junges Mädchen jüdischen Glaubens handelt.
Der Ex-Freund des Opfers wurde wegen Mittäterschaft angeklagt. »Seine Anweisungen und seine bloße Anwesenheit trugen zur Begehung dieser Vergewaltigungen bei», urteilte das Gericht. »Es besteht kein Zweifel, dass (das Opfer) nicht angegriffen oder vergewaltigt worden wäre, wäre sie keine Jüdin.«
Den drei Minderjährigen wurde zudem sexueller Missbrauch einer Minderjährigen unter fünfzehn Jahren, versuchte Erpressung, Aufnahme, Aufzeichnung oder Übermittlung sexueller Bilder, Bandengewalt mit Arbeitsunfähigkeit von mehr als acht Tagen gegen eine Minderjährige unter fünfzehn Jahren und Beleidigung vorgeworfen. Strafverschärfend kam hinzu, dass die Taten aufgrund der Religion begangen wurden. Die Tat schockierte die jüdische Gemeinde und führte zu einer einhelligen Verurteilung durch die Politik.
Scham für Beziehung
Das Mädchen war am 15. Juni 2024 gegen fünf Uhr Nachmittag auf dem Heimweg von einer Freundin. Zwei Jugendliche versperrten ihm den Weg und zwangen es, ihnen zu einem verlassenen Gebäude zu folgen, wo sich ihnen später ein dritter Jugendlicher anschloss.
Den Ex-Freund des Mädchens beschrieb der Anwalt des Opfers gegenüber der Tageszeitung Le Parisien als »Anführer oder Drahtzieher des Hinterhalts». Das Motiv der Tat: Er warf dem Mädchen vor, seine jüdische Identität verschwiegen zu haben. Er schämte sich, sich in ein jüdisches Mädchen verliebt zu haben. Die Mutter des Opfers sagte nach der Tat: »Er hatte erfahren, dass unsere Tochter Jüdin war und schloss daraus, dass sie zwangsläufig pro-israelisch und anti-palästinensisch eingestellt war.«
Die Eltern berichteten, dass ihre Tochter seit dem 7. Oktober 2023 Opfer von Mobbing in der Schule geworden und wegen ihrer Religion ausgegrenzt worden sei. »Es begann im November mit Nazigrüßen, Hakenkreuzen auf Schulbänken und Witzen über den Holocaust.« Sie hatten ihr daher geraten, »in religiösen Angelegenheiten vorsichtig zu sein«. Ihre Mutter vermutet, dass sie in diesem Zusammenhang ihrem Ex-Freund erzählt haben könnte, dass sie Muslimin sei.
Die Eltern berichteten zudem, mit »schwerem, sichtbarem und spürbarem Antisemitismus« leben zu müssen. »Unsere Tochter hat es in der Schule am eigenen Leib erfahren, bevor sie am 15. Juni das Unvorstellbare erlitt«, fügte ihre Mutter hinzu. »Wir glauben, dass es eine Ähnlichkeit zwischen den Taten der Hamas-Terroristen in den Kibbuzim und dem gibt, das unsere Tochter bei uns in Courbevoie erlitten hat.« Der französischen Gesellschaft müsse bewusstwerden, »zu welchem Ausmaß an Gewalt und Hass dreizehnjährige Kinder fähig sind«.
Schon vor dem 15. Juni 2024 hatte der Ex-Freund des Mädchens diesem beleidigende Textnachrichten geschickt: »Friss deine Scheiße, du Idiotin, du stinkst … Verschwinde mit deinem Rattengesicht!« Nach der Entführung beschimpften die Täter das Mädchen als »dreckige Jüdin«, beleidigten und schlugen es, stellten auch Fragen zu Israel. Dann vergewaltigten zwei der Täter es mehrfach.
Das Mädchen beschrieb die lange Tortur. Es sagte, es sei von den Jugendlichen geschlagen und zu Geschlechtsverkehr und Fellatio gezwungen worden, während sie Morddrohungen und antisemitische Äußerungen von sich gaben. Zudem sei ein Feuerzeug in der Nähe seiner Wange angezündet worden. Der Ex-Freund filmte die Tat und schickte das Video mit den Worten an den neuen Freund des Opfers: »Hey, schau mal, hier ist deine Freundin.«
Bevor die Täter das Mädchen freiließen, zwangen sie es, das islamische Glaubensbekenntnis zu wiederholen. Einer der Minderjährigen drohte, das Mädchen zu töten, sollte es mit der Polizei sprechen, und forderte es auf, am nächsten Tag zweihundert Euro zu übergeben.
Die Täter
Am Tag der Vergewaltigung postete der Ex-Freund ein Foto mit der Überschrift »Bester Polizeigewahrsam meines Lebens». Am nächsten Tag teilte er ein Foto von sich auf einem Stuhl am Tatort, »wie ein Jäger, der stolz auf seiner Trophäe thront«, kommentierte der Journalist Etienne Campion, der für das Magazin Marianne den Prozess beobachtete. Eine Durchsuchung seines Handys ergab, dass er regelmäßig antisemitische Inhalte auf TikTok konsumierte. »Psychologische Untersuchungen deuten außerdem auf eine frühe Konfrontation mit pornografischen Filmen im Haus seines Vaters sowie auf Szenen häuslicher Gewalt zwischen seinen Eltern hin«, so Campion.
Auf TikTok zeigte der Ex-Freund des Opfers laut Recherchen von Le Figaro ein eindeutiges Profilbild: »Stoppt den Völkermord« vor einem Hintergrund in den Farben der palästinensischen Flagge. Sein Hintergrund ist schillernd. Wie Campion in Marianne berichtete, kam der damals Zwölfjährige aus einer christlichen Familie. Im März 2024, während des Ramadans, soll er zum Islam konvertiert sein. Doch weit entfernt davon, frömmlerisch zu werden, soll er seine Freizeit damit verbracht haben, Mädchen nachzujagen – auf der Straße und in den sozialen Medien. »Er war manchmal mehrmals im Monat in einer Beziehung. Manchmal ging er mit zwei oder drei Mädchen gleichzeitig aus«, erklärte ein Freund. Er habe auch unverhohlen seine Vorliebe für Pornografie zum Ausdruck gebracht und von seinen sexuellen Abenteuern erzählt.
Einer der beiden dreizehnjährigen Komplizen verkörpert laut Campion »den entfremdeten Jugendlichen«: »Ein Ausreißer. Wir wissen, dass er seine Mutter geschlagen hat.« Auch er konvertierte zum Islam. Die Homosexualität seines Bruders habe ihn »mit einer düsteren Wut« erfüllt. Der dritte Täter war in einer Pflegefamilie untergebracht. Er ist Moslem, aber kein Konvertit.
Kaum war das Urteil gesprochen, schockierte die nächste antisemitische Tat das Land. Wie die französischen Medien meldeten, wurde ein Fünfzehnjähriger, der als Nichtjude eine jüdische Privatschule besucht, in Colomiers bei Toulouse von Teenagern im Alter von vierzehn und sechzehn Jahren in einen Keller gelockt. Der Junge war in dem Glauben, ein Mädchen zu treffen, mit dem er verabredet war. Im Keller wurde er gezwungen, sein Hemd auszuziehen und zu tanzen. Dann musste er niederknien und »betteln und beten«, wie die Zeitung Libération berichtete. Die Täter erstellten ein Video und veröffentlichten es auf TikTok. Als sie das Opfer freiließen, drohten sie ihm mit dem Tod.