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Frankreich verbietet militante Anti-Israel-Gruppen (Teil 1)

Antiisraelische Demonstration in Paris im Mai 2021
Antiisraelische Demonstration in Paris im Mai 2021 (© Imago Images / Le Pictorium)

Frankreich hat zwei Anti-Israel-Gruppen wegen deren Antisemitismus verboten. In dieser zweiteiligen Serie stellt Mena-Watch die betroffenen Organisationen Comité Palestine Action und Collectif Palestine Vaincra vor.

Der französische Innenminister Gérald Darmanin hat auf Antrag von Staatspräsident Emmanuel Macron zwei in Frankreich tätige Anti-Israel-Gruppen verboten. Per Dekret sind dem Comité Palestine Action (»Palästina-Aktions-Komitee«) und dem Collectif Palestine Vaincra (»Kollektiv Palästina wird siegen«) fortan jede Tätigkeit auf französischem Staatsgebiet untersagt.

Den beiden Gruppen wird vorgeworfen, »unter dem Deckmantel der Verteidigung des palästinensischen Volkes« Hass auf den Staat Israel, Israelis und Juden geschürt und Terrorismus befürwortet zu haben.

Gemäß einem im vergangenen Jahr verabschiedeten Gesetz werden die beiden Organisationen zudem ausdrücklich auch für antisemitische Kommentare zur Verantwortung gezogen, die Nutzer auf Internetseiten dieser Gruppen – wie etwa Facebook – gemacht haben, sofern diese Kommentare nicht von Moderatoren entfernt wurden.

Beide Dekrete beginnen mit der Feststellung, dass gemäß den Bestimmungen des Gesetzes über die innere Sicherheit durch Dekret des Ministerrates jene Vereinigungen oder De-facto-Gruppen aufgelöst werden können,

»die Akte der Diskriminierung, des Hasses oder der Gewalt gegen eine Person oder eine Gruppe von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität oder ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe, einer Nation, einer angeblichen Rasse oder einer bestimmten Religion entweder verursachen oder dazu beitragen«.

Dies gelte auch für Gruppen, die

»Ideen oder Theorien verbreiten, die darauf abzielen, diese Diskriminierung, diesen Hass oder diese Gewalt zu rechtfertigen oder zu fördern (…) oder die sich auf französischem Hoheitsgebiet oder von diesem Hoheitsgebiet aus an Handlungen beteiligen, um Terrorakte in Frankreich oder im Ausland zu provozieren«.

Gemäß demselben Gesetz können diese Gruppen auch verboten werden, wenn einzelne Mitglieder gegen das Gesetz verstoßen und der Vorstand des Vereins nicht dagegen vorgeht, obwohl er von diesen Handlungen Kenntnis hat.

Verbot des Comité Palestine Action

In dem Dekret zur Auflösung des Comité Palestine Actionheißt es über diese Gruppe, sie verfolge nach eigenem Bekunden das Ziel, »das palästinensische Volk bei der Verwirklichung seiner nationalen Rechte zu unterstützen«.

Seit seiner Gründung im Jahr 2004 habe das Comité Palestine Action in der Öffentlichkeit und im Internet (Online-)Flugblätter verteilt, in denen zur Unterstützung des »Widerstands« des palästinensischen Volkes, zum Boykott Israels und zur Bekämpfung des »zionistischen Imperialismus« in Israel und anderswo auf der Welt aufgerufen worden sei.

Natürlich, heißt es in dem Dekret, stehe es »jeder natürlichen oder juristischen Person offen, die territoriale Siedlungspolitik des Staates Israel zu diskutieren oder anzufechten«. Diese Anfechtung dürfe jedoch die »Grenzen der Meinungsfreiheit« nicht überschreiten.

Das Comité Palestine Action habe unter dem Deckmantel dieses Konflikts »zu Hass, Diskriminierung und Gewalt gegen Menschen wegen ihrer jüdischen Herkunft« aufgestachelt und Aktionen von Organisationen unterstützt, die als Terrororganisationen eingestuft sind. Der Verein habe die

»Pressemitteilungen terroristischer Organisationen, insbesondere der Hamas, des Islamischen Dschihad und des bewaffneten Arms der Hisbollah weiterverbreitet, Organisationen, die von der Europäischen Union als Terrororganisationen eingestuft werden«.

Darüber hinaus habe das Komitee selbst zum Terrorismus aufgestachelt, »indem es implizierte, dass die Schaffung eines freien und unabhängigen palästinensischen Staates nur auf Kosten der Zerschlagung des Staates Israel erreicht werden« könne, »am Ende eines nationalen Befreiungskrieges, der von den bewaffneten palästinensischen Organisationen geführt wird«.

Zudem habe es »die von Israel inhaftierten Terroristen mit Märtyrern gleichgesetzt und ihre Taten legitimiert«. Seit seiner Gründung habe das Comité Palestine Action

»durch seine Veröffentlichungen, die immer noch online sind, ein Gefühl des Hasses gegen Israel, die Israelis und die Zionisten geschürt und kultiviert und Aufrufe zur Gewalt formuliert, von denen einige sogar so weit gehen, die Zerstörung des Staates Israel zu befürworten«.

So habe der Verein am 13. Mai 2014 anlässlich der »Nakba-Gedenkfeier« auf seiner Website einen Artikel gegen den Zionismus und Israel veröffentlicht, der mit »verschwörungstheoretischem Unterton« behauptet habe, dass »der Zionismus nie andere Ziele als ethnische Säuberungen hatte«.

Israel sei darin als »das Instrument der zionistischen Weltbewegung« bezeichnet worden sowie als »die geografische Basis des Imperialismus, strategisch günstig im Herzen der arabischen und islamischen Welt platziert«.

»Tage der zionistischen Entität gezählt«

Das Comité Palestine Action beharre auf der Behauptung einer »Illegitimität Israels«. In einem seiner Texte stehe, dass »die Tage der zionistischen Entität gezählt« seien. Mit solchen Worten werde offen zu Hass und Gewalt gegen Israel aufgerufen.

Am 17. Mai 2020 habe der Verein – wieder anlässlich des »Gedenkens an die Nakba« – erneut die Illegitimität Israels behauptet und Israel einen Staat genannt, der auf »der Judaisierung Palästinas, ethnischer Säuberung und Landraub« gegründet worden sei. Die Palästinenser, so habe es weiter geheißen, müssten

»bis zum Ende kämpfen, um das arabische Land Palästina zu befreien und in ihre Häuser zurückzukehren, die israelische Siedler 1948 gestohlen haben«.

Der Verein fordere:

»Ein Land ohne Zionisten vom Meer bis zum Jordan.«

Auch dies stelle einen »Aufruf zu Hass und Gewalt gegen den Staat Israel und seine Staatsangehörigen« dar, so die französische Regierung.

Am 14. Mai 2021 habe der Verein auf seiner Facebookseite einen Artikel mit dem Titel »Dieses Land, Yacov, ist das Land unserer Väter« veröffentlicht, in dem zur Zerstörung des Staates Israel aufgerufen worden sei.

Israel sei darin als »nazi-jüdischer Staat«, als »kleiner Staat, der wie ein Abszess aussieht« und als »bösartiges Geschwür, aus dem wir herauskommen müssen«, bezeichnet worden, als ein Staat, der »Apartheid« praktiziere, es »liebt, Kinder zu töten« und die Gewalt »wütender Siedler« gutheiße, die von einem »gierigen und kranken zionistischen Übel« befallen seien.

Der »radikale Antizionismus« des Comité Palestine Action sei von einer »deutlichen Feindseligkeit gegenüber den Israelis begleitet«, die als »jüdische Kolonisten Palästinas« verunglimpft und als legitime Ziele für die bewaffneten palästinensischen Organisationen bezeichnet würden.

Am 29. September 2016 habe der Verein auf seiner Website einen Artikel veröffentlicht, der den »palästinensischen Volkswiderstand« verherrlicht und die »Messer-Intifada« als »Manifestation des Volksgeistes« bezeichnet habe.

In dem Artikel sei die Behauptung aufgestellt worden, dass es in Israel keine jüdischen Zivilisten gebe, weil alle »jüdische Siedler« seien »und als solche bilden sie die Grundlage des Kolonialsystems, das die Palästinenser Tag für Tag unterdrückt«.

Diese Argumentation laufe darauf hinaus, so das Dekret,

»Gewalt gegen israelische Staatsangehörige zu billigen, sobald sie sich auf dem Territorium des Mandatsgebiets Palästina befinden«.

Das Comité Palestine Action rechtfertige bewaffnete Aktionen, um das zu verteidigen, »was es als Interessen der Palästinenser darstellt«.

Es veröffentliche Zeichnungen, die mit den Stilmitteln der traditionellen antisemitischen Karikatur arbeiteten und verbreite die Vorstellung vom Zionismus als einer »unsichtbaren und allmächtigen Kraft«, die »die Regierung, die Medien sowie die politische Klasse« kontrolliere und an der auch jüdische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens (Schauspieler, Journalisten) beteiligt seien.

Angegriffen würden auch Vertreter des muslimischen Glaubens, welche die von dem Verein propagierte radikale Vision von der Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts nicht teilen oder eine republikanische Herangehensweise an die religiöse Praxis verteidigen.

Das Dekret nennt im Folgenden zahlreiche Beispiele dafür, wie der Verein terroristische Anschläge oder bestimmte Terroristen und Terrororganisationen verherrlicht habe, einschließlich der Muslimbruderschaft und der Hamas.

Der Verein habe sogar einen Kalender mit dem Titel »Die Kunst des Widerstands 2022« herausgegeben, der der Verherrlichung von Terrororganisationen diene.

In Anbetracht der Tatsache, dass alle diese Positionen immer noch online seien und immer noch aufgerufen werden könnten, von den Führern des Comité Palestine Actionoder ihren wichtigsten aktiven Mitgliedern stammten und nie Gegenstand einer Moderation oder Verurteilung gewesen seien, müsse man zu dem Schluss kommen, dass das Comité Palestine Action damit »seinen Willen bekundet, seine gewalttätige Ideologie und Hassreden zu verbreiten«. Darum müsse es aufgelöst werden.

In Teil 2 werden die Argumente beleuchtet, aufgrund derer Frankreich die Tätigkeiten des antisemitischen Collectif Palestine Vaincra verboten hat.

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