Finanzkrise: Iran kann neuen Haushalt nicht verabschieden

Irans Präsident Ebrahim Raisi und Parlamentssprecher Mohammad Bagher Ghalibaf
Irans Präsident Ebrahim Raisi und Parlamentssprecher Mohammad Bagher Ghalibaf (© Imago Images / ZUMA Wire)

Die wirtschaftliche Lage befindet sich in einem alarmierenden Zustand, die Währung ist auf einen historischen Tiefstand gefallen und die Inflation so hoch wie nie.

Die wirtschaftliche Lage im Land der Mullahs verschlechtert sich von Tag zu Tag. So konnte die Regierung von Präsident Ebrahim Raisi den Staatshaushalt für das am 21. März beginnende nächste iranische Jahr noch nicht fertigstellen, und der siebte Fünfjahresplan für die nationale Entwicklung (2022 bis 2026) ist ebenfalls noch immer in der Schwebe. 

Nach wochenlangem Hin und Her zwischen der Regierung und dem Parlament, bei dem die Abgeordneten darauf bestanden, den Haushalt nicht ohne einen endgültig beschlossenen neuen Fünfjahresplan verabschieden zu wollen, hat die Regierung noch immer keinen Plan vorgelegt. Zwar sprachen sich Parteigänger Raisis vergangene Woche dafür aus, beide Pläne gleichzeitig im Parlament zu erörtern, doch Parlamentspräsident Mohammad Bagher Ghalibaf lehnt jede Änderung des Verfahrens ab.

Das iranische Gesetz besagt, die Regierung muss nach Ablauf eines Fünfjahresplans einen neuen vorlegen, auf dessen Grundlage das Parlament über einen neuen Haushalt beraten kann. Da die Regierung jedoch aufgrund der Sanktionen und der internationalen Isolation des Landes keine Klarheit über die wirtschaftliche und finanzielle Lage hat, konnte sie den nächsten Fünfjahresplan noch nicht fertigstellen, während die Frist für die Vorlage eines Haushaltsplans am 6. Dezember abgelaufen ist.

Seit 1989 arbeitet die Islamische Republik Fünfjahrespläne für die Entwicklung des Landes aus, die allerdings meist nur auf dem Papier bestehen, da sie nur allgemeine Aussagen und Vorhaben enthalten, ohne die dazu erforderlichen finanziellen Mittel einzuplanen.

Chronische Geldknappheit

Nach den Regeln des Parlaments muss die Regierung, versäumt sie die Frist für die Erstellung des Haushaltsplans am 6. Dezember, dem Haushaltsentwurf einen Nachtrag beifügen, in dem die Ausgaben für die Quartale des kommenden Jahres vorgesehen sind. Dies bedeutet nicht nur zusätzliche Arbeit für die Administration, sondern zugleich, dass das Parlament nur Drei-Monats-Budgets genehmigt, was die Arbeit nicht nur der Regierungsstellen, sondern auch aller im Besitz des Staates befindlichen oder von ihm kontrollierten Unternehmen, die bis zu 80 Prozent der Wirtschaft ausmachen, enorm erschwert.

In Anbetracht des massiven Währungsverfalls und des zunehmenden Sanktionsdrucks kann die Administration keine vernünftige Schätzung des Dollarkurses und der Höhe der Einnahmen aus den Ölexporten für das kommende Jahr abgeben, was für die Einzelheiten des Haushaltsplans aber zentral wäre. Darüber hinaus verkauft die Regierung unter dem Marktpreis und durch illegalen Schiff-zu-Schiff-Transfer Öl an chinesische Raffinerien, um die Sanktionen zu umgehen. Da nun allerdings auch Russland mit dem Iran um die Ölverkäufen nach China konkurriert, kann die Regierung nicht mehr klakulieren, wie viel Rohöl Teheran zu welchem Preis verkaufen kann. 

Im Juli veröffentlichte der Oberste Rechnungshof einen Bericht für den Zeitraum vom 21. März bis zum 20. Mai, aus dem hervorging, dass mit Ausnahme der Steuereinnahmen alle anderen wichtigen Einnahmequellen weit hinter den Erwartungen zurückblieben, was ein ernstes Problem für Regierung und Wirtschaft darstellt. 

Die Einnahmen der Regierung aus Steuern, Ölexporten, Zöllen usw. beliefen sich im von dem Bericht abgedeckten 60-Tage-Zeitraum auf insgesamt 880 Billionen Rial oder etwa 3,5 Milliarden Dollar (durchschnittlicher Wechselkurs auf dem freien Markt zu dieser Zeit). Dies entsprach gerade einmal 37 Prozent der ursprünglich veranschlagten Haushaltseinnahmen, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass nur fünfzehn Prozent der geplanten Öleinnahmen erzielt werden konnten. 

Die Krise wird noch weiter verschärft, als sich die Kapitalflucht vor dem Hintergrund der regierungsfeindlichen Proteste beschleunigt hat. Der Leiter der Teheraner Handels-, Industrie-, Bergbau- und Landwirtschaftskammer, Masoud Khansari, bestätigte den massiven Kapitalabfluss aus dem Land und sagte Anfang des Monats, dass der jährliche Kapitalabfluss etwa zehn Milliarden Dollar erreicht hat.

Hinzu kommt, dass Regimegegner die Menschen aufgefordert haben, ihre Einlagen aus den staatlichen Banken abzuziehen, um die Regierung, die in den letzten Jahren immer mehr Geld drucken musste, weiter unter Druck zu setzen. Die Geldmenge ist seit September in einem noch nie dagewesenen Tempo gestiegen. 

Zugleich erhöhen die Banken die Zinssätze, um Einlagen anzuziehen. In der vergangenen Woche gab die Zentralbank grünes Licht für Zinssätze von bis zu zwanzig Prozent. Obwohl die Zentralbank darauf beharrt, dass jeder Zinssatz von mehr als zwanzig Prozent gegen das Gesetz verstoße und zu Konsequenzen für die Bankmanager führen kann, gewähren viele Banken – insbesondere halbprivate Institute – unter der Hand 23 bis 25 Prozent Zinsen, um überhaupt noch an Geld zu kommen.

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