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Ehemalige Geisel beschreibt grausame Behandlung durch Ärzte im Gazastreifen

Von Ärzten in Gaza misshandelt: Maya Regev mit ihrem Bruder Itay im Sorokoa Medical Center nach ihrer Freilassung
Von Ärzten in Gaza misshandelt: Maya Regev mit ihrem Bruder Itay im Sorokoa Medical Center nach ihrer Freilassung (© Imago Images / ITAR-TASS)

Maya Regev beschreibt, wie Ärzte Chlor, Säure und Essig in ihre Schusswunde schütteten, um ihr absichtlich Schmerzen zuzufügen. Ihrem Bruder Itay wurde ohne Narkose eine Kugel aus dem Bein entfernt.

Die ehemalige Hamas-Geisel Maya Regev hat unlängst in einem Interview an der Seite der Mutter ihres Freundes, der seit fast zehn Monaten im Gazastreifen festgehalten wird, über die Grausamkeit der palästinensischen Ärzte berichtet, die nach ihrer Entführung am 7. Oktober die dabei erlittenen Schusswunden behandelt hatten. »Sie taten mir wirklich weh«, sagte Regev gegenüber Channel 12 News. »Beim Wechseln der Verbände, wenn sie die Wunden sehen wollten, haben sie mir absichtlich Schmerzen zugefügt. [Der Arzt] nahm Chlor, Alkohol und manchmal sogar etwas wie Apfelessig und goss es in [die Wunde] und übte Druck aus.«

Die 21-jährige Regev wurde zusammen mit ihrem 19-jähirgen Bruder Itay und ihren Freunden Omer Shem-Tov und Ori Danino von der Hamas beim Supernova-Musikfestival entführt. Auf dem Musikfestival massakrierten die Terroristen am 7. Oktober 364 Menschen, vergewaltigten andere und entführten Dutzende in den Gazastreifen, darunter auch die Regevs, denen beiden in die Beine geschossen wurde, als sie versuchten, dem Blutbad zu entkommen. Die Geschwister gehöten zu den 105 Zivilisten, die während eines einwöchigen Waffenstillstands Ende November nach wochenlanger Gefangenschaft in Gaza freigelassen wurden.

Aufraffen und kämpfern

In dem Interview sagte Regev, dass einer der Ärzte eines Tages ein kleines Messer nahm und anfing, in das freiliegendes Fleisch ihrer Wunde zu schneiden. Ihre Bitten, aufzuhören, ignorierte der Mediziner. »Ich wollte ihm ins Gesicht treten, aber er hatte eine Pistole und ich hatte nichts, also hielt ich den Mund«, sagte sie und fügte hinzu, dass sie irgendwann befürchtete, dass die Ärzte ihr Bein amputieren würden. »Wenn sie meinen Verband wechselten, gaben sie mir intravenös Ketamin und Pethidin, damit ich nicht schreie. Aber das sind keine wirklichen Schmerzmittel, sondern Muskelrelaxantien. Ich konnte also nicht reagieren, aber ich konnte alles spüren«, erzählte sie.

Auf die Frage, wie sie die Tortur überstanden habe, antwortete Regev: »Ich hatte zwei Möglichkeiten. Ich konnte mich auf meine Matratze legen und darüber weinen, dass ich meine Eltern vermisse, darüber weinen, dass ich angeschossen wurde, darüber weinen, dass ich in Gefangenschaft war. Ich konnte ein Opfer sein. Oder ich konnte mich aufraffen und kämpfen. Und ich glaube, das war es, was mich letztendlich gerettet hat.«

Regev erinnerte sich daran, dass es ihr am 12. Oktober, fünf Tage nach ihrer Entführung, gelungen war, ihre Entführer davon zu überzeugen, ihren Bruder Itay und ihren Freund Omer beim Verbandswechsel dabei sein zu lassen. Sie beschrieb, wie Omer sich um sie kümmerte, sie beruhigte und ihr den Mund zuhielt, damit sie nicht schrie, was ihr verboten worden war. »Das ist so typisch Omer«, sagte dessen beim Interview anwesende Mutter Shelly Shem-Tov, als Regev die Geschichte erzählte, und beide Frauen lachten und weinten gleichzeitig, beschreibt die Times of Israel die Szene.

Regev sagte, das sei das letzte Mal gewesen, dass sie Omer gesehen habe. Seit ihrer Freilassung stehen sie und ihr Bruder Itay in engem Kontakt mit seiner Familie und haben sich alle der Kampagne angeschlossen, die die Freilassung von Omer und den übrigen Geiseln fordert. »Omer ist am Leben, und er muss nach Hause zurückkehren«, sagte Shelly während des Interviews.

Maya und Shelly beschreiben, wie sie sich in den ersten Tagen nach der Freilassung der Regevs trafen, während die beiden Geschwister im Soroka Medical Center in Beersheba behandelt wurden. »Es war ein unglaublich kraftvolles Treffen. Wir haben alle zusammen geweint. Es war die größte Nähe, die wir zu Omer bekommen konnten: sie zu sehen, von ihnen zu hören, was er durchgemacht hat, was sie durchgemacht haben«, erzählte Shelly.

Von Ärzten misshandelt

Maya Regevs Bruder Itay erzählte der BBC im März, dass ihm bei einer Operation ohne Narkose eine Kugel aus dem Bein gezogen wurde, während die Entführer ihn misshandelten und drohten, ihn zu töten, wenn er einen Laut von sich gebe. Maya wiederum sagte, sie sei mit zahlreichen Infektionen, einem in ihrem Knochen wachsenden Pilz und anderen Anzeichen medizinischer Vernachlässigung aus Gaza zurückgekehrt. Auch acht Monate nach ihrer Entlassung ist der Weg zu ihrer Genesung noch lang.

Neben der Hoffnung auf die Freilassung ihres Freundes Omer steht ganz oben auf ihrer Wunschliste der Traum, wieder auf zwei Beinen gehen zu können. Doch mit jeder weiteren Operation scheint dieser Traum in weitere Ferne zu rücken. Sie befindet sich in Physiotherapie und erzählt, dass sie das Laufen wieder lernen muss.

In der vergangenen Woche musste sie sich zwei weiteren Operationen am Bein unterziehen. In derselben Woche reiste Shelly Shem-Tov mit Premierminister Benjamin Netanjahu in die USA, um den Druck auf die israelische und die amerikanische Regierung zu erhöhen, eine Einigung zur Freilassung ihres Sohnes zu erzielen.

Man geht davon aus, dass sich 111 der am 7. Oktober von der Hamas entführten 251 Geiseln noch im Gazastreifen befinden, darunter die Leichen von 39 Personen, deren Tod von den Israelischen Verteidigungsstreitkräften (IDF) bestätigt wurde.

Vier Geiseln wurden von der Hamas vor dem Geiselabkommen vom November freigegeben, das auch die Freilassung der Geschwister Regev zur Folge hatte. Sieben Geiseln wurden von israelischen Truppen lebend gerettet, und die Leichen von 24 Personen wurden ebenfalls geborgen, darunter drei Entführte, die vom Militär versehentlich getötet wurden, als sie versuchten, ihren Entführern zu entkommen. Eine weitere Person gilt seit dem 7. Oktober als vermisst, und ihr Schicksal ist noch immer unbekannt. Die Hamas hält auch zwei israelische Zivilisten gefangen, die 2014 und 2015 in den Gazastreifen eingedrungen waren, sowie die Leichen zweier 2014 getöteter IDF-Soldaten.

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