Von Florian Markl
Willy Claes, Karl de Gucht, Louis Michel, Marc Otte, Frank Vandenbroucke, Guy Verhofstadt – als politisch interessierter Mensch haben Sie vielleicht den einen oder anderen dieser Namen schon einmal gehört. Schwieriger wird es schon bei Uffe Ellemann-Jensen, Martin Lidegaard, Lorgen Lykketoft, Holger K. Nielen oder Per Stig Moller. All diese Namen haben drei Dinge gemeinsam: Erstens handelt es sich bei allen um Ex-Politiker aus Belgien bzw. Dänemark, von denen manche einst auch hohe EU-Posten bekleideten.
Zweitens gehören sie alle zu den Unterzeichnern eines offenen Briefes an EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, der vergangene Woche in mehreren europäischen Zeitungen veröffentlich wurde und in dem die EU kaum verhohlen dazu aufgefordert wird, Israel gegenüber die angeblich bisher getragenen Samthandschuhe abzulegen – „So kann es nicht weitergehen“, war das Schreiben in der Presse betitelt. Kein Mensch weiß, warum ausgerechnet sie sich dazu auserkoren sahen, der Welt ihre Vorstellungen über die „Lösung“ dieses Konflikts mitteilen zu müssen, und warum fast ein Drittel der rund drei Dutzend Unterzeichner allein aus Belgien oder Dänemark kommt. Die EU bekommt es zwar kaum auf die Reihe, sich auf eine Regelung über die schwerlich weltbewegende Frage der Sommer- oder Winterzeitumstellung zu einigen, aber wie „der Nahost-Konflikt“ zu „lösen“ sei, das glauben einige Ex-Politiker in ihrer maßlosen Selbstüberschätzung sehr wohl zu wissen.
Und drittens haben sie alle vermutlich noch nie den Namen Omar Abu Laila gehört.
Eine typische Karriere
Bis vor wenigen Wochen hätte es auch kaum einen Grund gegeben, weshalb Omar Abu Laila einer internationalen Öffentlichkeit bekannt sein sollte. Doch am 17. März erstach Laila zuerst an einer Kreuzung im Westjordanland den israelischen Soldaten Gal Keidan, erschoss dann mit dessen Waffe den zufällig anwesenden zwölffachen Familienvater und Rabbiner Achiad Ettinger und verwundete auf seiner Flucht einen weiteren israelischen Soldaten. Zwei Tage später wurde Laila bei einem Schusswechsel getötet, als er sich seiner Verhaftung entziehen wollte.
„Das hätte das Ende seiner Geschichte sein können“, ist in der Jerusalem Post zu lesen, doch wie so oft bei palästinensischen Terroristen begann die Karriere Lailas mit dessen Tod erst so richtig: „.Innerhalb von nur zwei Wochen, nachdem er die Morde begangen hatte, wurde der Mörder Omar Abu Laila von PA-Präsident Mahmoud Abbas und der Fatah zum neuesten Symbol und Vorbild für die Palästinenser gemacht.“
Drei Tage nach Lailas Tod wurde er vom stellvertretenden Fatah-Vorsitzenden Mahmud al-Aloul zum Vorbild für junge Palästinenser erklärt. „Wir sind übermäßig stolz. Das ist Omar Abu Laila, der seine Entscheidung umgesetzt hat … durch die er Euch alle vertritt, Euch alle jungen Palästinenser“, erklärte der Stellvertreter von Mahmud Abbas via Facebook, wo auch ein Video des Terroristen verbreitet wurde.
Einen Tag später beschloss die von der Fatah geführte Verwaltung einer Stadt im Westjordanland, eine Straße und den zentralen Platz des Ortes nach dem Mörder zu benennen: „Um den Heldenmut des Märtyrers Omar Amin Abu Laila zu würdigen“, war in einer Erklärung zu lesen, „hat der Stadtrat beschlossen, die Hauptstraße, die zum Omar Abu Laila-Platz führt,… Omar Abu Laila-Straße zu nennen.“ Für den Bürgermeister solle die „Erinnerung an unsere gerechten Märtyrer“ der Stolz der Stadt sein.
Damit nicht genug: Die offizielle Facebook-Seite der Fatah errichtete Laila ein virtuelles Denkmal, in einem Dorf wurde eine Moschee nach ihm benannt, wobei der örtliche Fatah-Vertreter auf einer Kundgebung erklärte, „dass das palästinensische Volk weiter dem Weg des Märtyrers Omar Abu Laila folgen wird, sich der Besatzung zu widersetzen“. Befeuert wurde das „Helden“-Gedenken durch ständige Berichte im PA-eigenen Fernsehen.
Die Geschichte von Lailas Terrorakt und von der Glorifizierung des Mörders – nicht etwa durch die Islamisten der Hamas, sondern durch die angeblich ‚gemäßigte‘ Fatah – ist genauso typisch wie das, was sich gleichzeitig im Büro des in vielen europäischen Hauptstädten nach wie vor gern gesehenen Gastes Mahmud Abbas abspielte. Die Jerusalem Post berichtet:
„Wie ironisch, dass genau zu der Zeit, als die Fatah und die PA ihre Schwärmereien für diesen terroristischen Mörder bekundeten, Studenten von der Harvard University von Mahmoud Abbas empfangen wurden, der ihnen mitteilte, dass die PA Terrorismus ablehne. ‚Wir werden keinen anderen Weg als den der Verhandlungen wählen‘, sagte er. ‚Wir haben Vereinbarungen mit 83 Staaten der Welt … über einen Punkt getroffen: über den Krieg gegen den Terrorismus in der Welt, Terrorismus in all seinen Formen.‘“
Abbas, der sich seit Jahren weigert, mit Israel zu verhandeln, gelobte also sein Bekenntnis zu Verhandlungen und zum Kampf gegen den Terror, während er selbst und die von ihm geführte Fatah den Terror gegen Israelis befeuern – aus Erfahrung wohl wissend, dass die westliche Öffentlichkeit nur allzu gerne bereit ist, sich mit derlei kontrafaktischen Bekenntnissen abspeisen zu lassen.
Das Brett vorm Kopf zur (diplomatischen) Waffe machen
Lailas Bluttat und seine posthume Karriere und Glorifizierung durch Israels angeblichen ‚Friedenpartner‘ sind darüber hinaus auch typisch, weil Geschichten wie diese von westlichen Medien und Politikern in aller Regel komplett ignoriert werden. So auch von den ehemaligen europäischen Politikern, die sich einbilden, den Weg zur ‚Lösung des palästinensisch-israelischen Konflikts‘ zu kennen, in deren offenem Brief der andauernde blutige palästinensische Terror gegen Israel aber nicht zufällig mit buchstäblich keinem einzigen Wort erwähnt wird.
So dozieren sie über ihre „Parameter“ der Konfliktlösung und darüber, dass sie „jeden Plan ablehnen“, der ihren „Standards“ nicht entspricht, als ob sich die Auseinandersetzung um sie drehen und sich irgendjemand dafür interessieren würde, ob ein ehemaliger belgischer Nahost-Beauftragter namens Marc Otte oder eine ehemalige österreichische Außenministerin namens Benita Ferrero-Waldner einen etwaigen Friedensplan nun unterstützen oder nicht.
Sie wettern gegen einen noch nicht einmal bekannten amerikanischen Plan und fabulieren über „unsere vitalen Interessen und fundamentalen Werte“ und den „Schutz einer lebensfähigen Zwei-Staaten-Lösung“, wozu man den Druck auf Israel erhöhen müsse, während sie geflissentlich ignorieren, dass den „international koordinierten Parametern der Zwei-Staaten-Lösung“ von den Palästinensern bisher noch bei jeder sich bietenden Gelegenheit klare Absagen erteilt wurden.
Sie raunen unbestimmt über „nachträgliche Rückschläge“ nach dem sogenannten Oslo-Abkommen, das sie nicht etwa als kurzzeitig Hoffnung machenden Erfolg israelisch-palästinensischer Verhandlungen verstehen, sondern allen Ernstes als „Meilenstein der transatlantischen außenpolitischen Zusammenarbeit“ bezeichnen. Und sie bekennen ihren beachtlichen außenpolitischen Solipsismus, wenn sie nicht einmal den Eindruck erwecken, es ginge ihnen um etwas anderes als um die eigene Eitelkeit, verewigt in einem von europäischer Ideologie nur so strotzenden Satzungetüm wie diesem:
„Europa steht vor einer einmaligen Gelegenheit, unsere gemeinsamen Prinzipien und seit langem vertretenen Überzeugungen in Bezug auf den Friedensprozess im Mittleren Osten zu bestätigen und damit Europas einzigartige Rolle als Referenzpunkt für eine regelbasierte Weltordnung zu unterstreichen.“
Bei all den Beschwörungen von „Werten“, „Parametern“, „UN-Resolutionen“ und „internationalem Recht“ sahen die ehemaligen europäischen Politiker keine Veranlassung, in ihrem Appell die im Sinne eines Friedens naheliegendste Forderung zu stellen: dass die palästinensische Seite endlich ihre Förderung, Unterstützung und Glorifizierung anti-israelischer Gewalt einstellen und ihren Krieg gegen den jüdischen Staat beenden solle. Darin bleibt sich die europäische Politik treu: Für die Untaten eines Omar Abu Laila und seiner Förderer hat sie sich noch nie interessiert.