Während arabische Medien die „Morgendämmerung eines neuen Nahen Ostens“ feiern, verhält sich Europa bemerkenswert verhalten und zerbricht sich lieber den Kopf des iranischen Regimes.
Mareike Enghusen, Cicero
„Salam… Shalom… Peace!“ So lautete die Titelzeile der saudi-arabischen Zeitung Arab News am Mittwoch, einen Tag nach der Unterzeichnung der Abraham-Abkommen zwischen Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Bahrain. Das bahrainische Blatt Al-Watan beschwor die „Morgendämmerung eines neuen Nahen Ostens“ herauf, und der Dubai-Standard aus den Emiraten feierte einen „historischen Friedensschluss“. Auffallend verhalten dagegen die Reaktionen aus Europa: „Das Abkommen zwischen Israel, Bahrain und den Emiraten rettet Donald Trumps diplomatische Bilanz“, befand Le Monde und traf damit den Ton vieler europäischer Kommentatoren.
Es hat etwas Absurdes: Arabische Medien bejubeln den Friedensschluss mit Israel, während europäische Beobachter allenfalls lauwarme Worte finden. Wie auch immer man zu den Abkommen stehen mag, eines steht fest: Etwas Grundsätzliches hat sich verschoben im Nahen Osten. (…) [S]chon die Symbolkraft der Abraham-Abkommen ist mächtig, brechen sie doch mit der Jahrzehnte alten Prämisse, der Weg zu einem arabisch-israelischen Frieden führe über einen Palästinenserstaat. Zwar taten sich manche Golfstaaten über Jahre vorwiegend verbal als Kämpfer der palästinensischen Sache hervor, während sie regen Austausch mit israelischen Unternehmern und Geheimdienstlern pflegten.
Dennoch: Die Bereitschaft der VAE und Bahrains, die alte Fassade vor den Augen der Welt einzureißen, beweist, wie sehr ihre strategischen Prioritäten sich verändert haben. Wirtschaftlicher und technologischer Austausch, Rückendeckung im Ringen mit dem Iran sowie eine gehobene Reputation in Washington zählen den beiden Monarchien mehr als ihre lädierte Glaubwürdigkeit gegenüber den Palästinensern. (…)
Manche fürchten, der öffentliche Schulterschluss Israels mit zwei sunnitisch-arabischen Golfstaaten, die dem Iran misstrauisch gegenüberstehen, könnte die „strategische Balance“ der Region stören oder den Iran gar zu riskanten Manövern provozieren. Doch sollte die strategische Position der Islamischen Republik Iran tatsächlich unter den Abraham-Abkommen leiden, gibt es aus europäischer Sicht wenig zu bedauern, schließlich richten Irans Revolutionswächter und mit ihnen verbündete Milizen in der Region viel Leid an. Und dass sich der Iran eher von der Stärke seines Gegners anstacheln lässt als von dessen Schwäche, widerspricht Logik wie Erfahrung.
(Aus dem Artikel „Morgendämmerung eines neuen Nahen Ostens“, der bei Cicero erschienen ist.)