„Die Ratlosigkeit bezüglich einer Antwort drückt sich in der These von der angeblichen ‚Turboradikalisierung‘ aus. Über Nacht wird ein bis dahin unauffälliger Jugendlicher zum potentiellen Massenmörder. Das muss man sich wahrscheinlich so vorstellen als wenn der Dschihadismus ein leeres Bewusstsein mit seinem Propagandamaterial füllt. Der Psychologe Ahmad Mansour und der Politikwissenschaftler Guido Steinberg machten deutlich, warum diese These wohl eher in die Rubrik intellektuelle Beliebigkeit einzuordnen ist.
So wies Mansour auf die soziokulturellen Dispositionen hin, die in den Herkunftsländern der Flüchtlinge existieren. Das betreffe patriarchalische und autoritäre Familienstrukturen. Hinzu komme ein islamisches Selbstverständnis, das vor allem seine Opferrolle betone und daraus die Legitimation für den Hass auf den Westen ableite. Mansour sprach dabei selbstredend nicht von dem ‚Islam‘, sondern von einem Islamverständnis, wie es zweifellos in vielen muslimischen Ländern zu finden ist. Ihn mache es regelrecht ‚wütend‘, wenn man diesen Kontext in Frage stelle. Dabei sei der Dschihadismus nicht deshalb gefährlich, so könnte man Mansour zusammenfassen, weil er mit dem Islam nichts zu tun habe. Vielmehr finde er Anknüpfungspunkte an ein konservatives Islamverständnis und an innerislamische Diskurse. Das ist das Problem.“
(Frank Lübberding: „TV-Kritik: Sandra Maischberger Was heißt Turboradikalisierung?“)