Die Terrororganisation Islamischer Staat hat ihre Anhänger und Schläferzellen dazu aufgerufen, die Tötung ihres Anführers zu rächen und Russlands Krieg in der Ukraine für Anschläge in Europa zu nutzen.
Im März bestätigte der Islamische Staat (IS) den Tod seines ehemaligen Anführers Abu Ibrahim al-Hashimi al-Qurashi bei einer US-Sicherheitsoperation im syrischen Idlib und gab die Ernennung von Abu al-Hassan al-Hashemi zum neuen Anführer der Organisation bekannt.
Etwa einen Monat nachdem die Al-Furqan-Stiftung die Ernennung von Al-Hashemis verkündet hatte, strahlt der Propaganda-Arm der Terrororganisation am vergangenen Sonntag nun eine neue Audio-Rede des IS-Sprechers Abu Omar Al-Muhajir aus.
Al-Muhajir begann seine über Telegram ausgestrahlte Audioansprache mit dem Verweis auf die Unterstützung der ausländischen Zweige der Organisation für Abu al-Hassan al-Hashemi. Er sagte, der »Kalif« habe Unterstützungsbotschaften und Treueschwüre aus Ostasien, Westafrika, Nordeuropa, Syrien und dem Irak erhalten.
»Wir verkünden mit Gottes Hilfe und Vertrauen den Beginn einer gesegneten Schlacht, der Schlacht der Rache für [den ehemaligen IS-Führer] Scheich Abu Ibrahim al-Hashimi al-Qurashi.«
Der IS-Sprecher rief alle Kämpfer und Unterstützer auf, die Angriffe in Europa wieder aufzunehmen und die Konzentration der westlichen Länder auf den Krieg in der Ukraine auszunutzen:
»An die (IS-)Kämpfer überall … greift hart an, um Schmerz und Schrecken zu verbreiten.«
Versuch, Einigkeit herzustellen
Die IS-Ansprache rief die Jahre 2015, 2016 und 2017 ins Gedächtnis, in denen die Organisation Anschläge in Belgien, Frankreich, Deutschland, Schweden, England und Spanien verübt hatte, bei denen es Hunderte von Toten und Verletzten gab.
Jassim Muhammad, ein Experte für Terrororganisationen, glaubt, dass der IS-Aufruf an »einsame Wölfe« und Schläferzellen, Anschläge in Europa zu verüben, ein Versuch der Organisation ist, ihre Existenz nach der Tötung ihres früheren Anführers zu beweisen sowie nach Spaltungen und Meinungsverschiedenheiten rund um die Wahl seines Nachfolgers nun wieder Einigkeit innerhalb der Organisation herzustellen.
Zu den konkreten Zielen in Europa sagte Muhammad, der Islamische Staat wolle die Beschäftigung des Westens mit dem Ukraine-Krieg ausnutzen und die europäischen Länder erneut zum Ziel machen, indem er Anschläge in wichtigen Städten verübt.
Rabab Ahmed, eine Forscherin für den Nahen Osten, sagte, der IS setze auf die aktuelle Kriegs- und Krisensituation in Europa und den Flüchtlingsstrom in die Europäische Union, um ausgebildete Kämpfer in europäische Hauptstädte zu schicken. Gegenüber Mena-Watch fügte sie hinzu:
»Der IS kann die aktuelle Sicherheitslage nutzen, um Kämpfer von seinen Anhängern in Tschetschenien in die Ukraine und von dort in europäische Länder zu schicken. Er kann aber auch auf seine Anhänger und Schläferzellen in europäischen Ländern setzen, um dort Anschläge zu verüben.
Es besteht eine reale Bedrohung für den europäischen Kontinent, weil der IS nach den vielen Rückschlägen in Syrien und im Irak nach einem Beweis für seine Weiterexistenz erbringen und Racheanschläge verüben möchte.«