Die Beförderung von Hussein al-Sheikh zum Stellvertreter von Mahmud Abbas bringt keine Veränderungen in der Politik, der Regierungsführung oder der Führungsdynamik mit sich.
Israel Kasnett
Samstag vor einer Woche wurde im Rahmen einer sorgfältig orchestrierten Aktion innerhalb der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) Hussein al-Sheikh zum »stellvertretenden Vorsitzenden des Exekutivkomitees der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und Vizepräsidenten des Staates Palästina« ernannt.
Dieser Akt, der als bedeutender Schritt in Richtung Übergang zur Abbas-Nachfolge dargestellt wird, ist kaum mehr als ein kalkulierter Schachzug des PA-Vorsitzenden, um der internationalen Gemeinschaft, insbesondere westlichen Regierungen und Geldgebern, ein Bild von Reformen zu vermitteln. Tatsächlich handelt es sich um eine oberflächliche Umbesetzung von Loyalisten, die Abbas’ Kontrolle festigt, echte demokratische Prozesse umgeht und den Status quo seiner autokratischen Herrschaft aufrechterhält.
Kaum überraschend
Für Khaled Abu-Toameh, Fellow am Jerusalem Center for Security and Foreign Affairs (JCFA), ist die Ernennung von al-Sheikh nichts anderes als ein »Sesselrücken« und sollte nicht weiter ernst genommen werden. »Warum gehen wir davon aus, dass dies in eine neue Denkrichtung weist? Al-Sheikh ist jemand aus der jungen Garde, der die alte Garde repräsentiert. Ich würde mich nicht zu früh freuen. Der Westen begeht dieselben Fehler wie in der Vergangenheit.«
Die Entscheidung, den 64-jährigen Abbas-Vertrauten zu ernennen, wurde als formelle Beförderung al-Sheikhs zum zweiten Mann in der Führungshierarchie der PA dargestellt. Allerdings handelte es sich dabei nicht um einen wettbewerbsorientierten oder demokratischen Prozess. So ging die Nominierung von Abbas selbst aus, der auch Vorsitzender des Exekutivkomitees der PLO ist.
Der Schritt wurde ohne Zögern von dem sechzehnköpfigen Komitee gebilligt, das mit Abbas-Getreuen besetzt ist, darunter al-Sheikh selbst, der seit seiner Einberufung in das Gremium durch Abbas vor einigen Jahren als dessen Generalsekretär fungiert. Der Palästinensische Zentralrat hatte zuvor eigens zu diesem Zweck das Amt geschaffen, was die inszenierte Natur des ganzen Vorgehens noch deutlicher macht.
Für diejenigen, die wissen, wie die korrupte PA funktioniert, war die Ernennung von al-Sheikh kaum überraschend. Er gilt seit Langem als inoffizieller Stellvertreter von Abbas und übt als wichtiger Verhandlungsführer mit Israel und als Wächter über die Patronagenetzwerke der PA erheblichen Einfluss aus. Seine formelle Beförderung bringt keine wesentlichen Veränderungen in der Politik, der Regierungsführung oder der Führungsdynamik mit sich.
Der 89-jährige Abbas, der sich im zwanzigsten Jahr seiner vierjährigen Amtszeit als Präsident befindet, sieht sich sowohl innenpolitisch als auch international zunehmendem Druck ausgesetzt. Im Inland sind die Palästinenser weitgehend desillusioniert von der Korruption, Ineffizienz und mangelnden demokratischen Legitimität der PA und die Mehrheit würde im – unwahrscheinlichen – Fall von Wahlen für die Hamas stimmen. Auf internationaler Ebene drängen westliche Geber, insbesondere die USA und die EU, welche die PA finanziell maßgeblich unterstützen, auf Reformen und einen klaren Nachfolgeplan, um die Stabilität in der Zeit nach Mahmoud Abbas zu gewährleisten.
Hussein al-Sheikh ist jedoch weder ein Reformer noch eine unabhängige Persönlichkeit; vielmehr ist er einer der engsten Verbündeten von Abbas und tief in das Patronagesystem der PA eingebunden. Als Leiter der Generalbehörde für zivile Angelegenheiten der PLO war al-Sheikh ein wichtiger Gesprächspartner Israels in Fragen der Sicherheitskoordination und eine zentrale Figur bei der Verteilung der PA-Ressourcen: eine perfekte Position für Korruption. Seine Beförderung belohnt Loyalität statt Kompetenz oder öffentliche Unterstützung und signalisiert, dass die Prioritäten der PA weiterhin in Selbsterhaltung und Ausübung von Kontrolle bestehen und nicht in Regierungsführung oder Rechenschaftspflicht.
Geschlossener Kreis
Wie Abu Toameh betonte, ist al-Sheikhs neuer Titel nur oberflächlicher Schein, da Abbas als Präsident der PA und Vorsitzender der PLO weiterhin die oberste Autorität innehat. Al-Sheikhs Rolle ist untergeordnet und zeremoniell, es sei denn, Abbas beschließt, die Macht abzugeben, was angesichts seiner bisherigen Politik der Zentralisierung unwahrscheinlich ist.
Die PA-Führung bleibt ein geschlossener Kreis von Loyalisten, die mit verschiedenen Titeln, die Reformen simulieren sollen, belohnt werden. Al-Sheikhs Beförderung ist nur die jüngste Wiederholung eines Musters, bei dem Abbas vertraute Verbündete in prominente Positionen beruft, sie dann aber wieder entfernt. Diese Taktik ermöglicht es ihm, die Kontrolle zu behalten und gleichzeitig den Anschein von Veränderung zu erwecken; eine Strategie, die er seit Jahrzehnten anwendet, um Kritik abzuwehren und internationale Unterstützung aufrechtzuerhalten.
So soll auch die aktuelle Ernennung Bedenken des Westens hinsichtlich der geforderten Reformen und Abbas’ Nachfolgeregelung zerstreuen. Mit der Ernennung eines Stellvertreters spiegelt der PA-Präsident ein dahingehendes Signal vor, dass seine Behörde sich auf eine Ära nach ihm vorbereite. Al-Sheikh ist eine bekannte und akzeptable Persönlichkeit für die USA und die EU, was ihn zu einer geeigneten Wahl macht, Kontinuität zu signalisieren. Dies ist jedoch nur Fassade: Die Ernennung ändert nichts an der antiisraelischen Politik der Autonomiebehörde.
Laut Abu Toameh sollte der Westen diese Farce als eine solche erkennen und echte Veränderungen wie Wahlen, Rechenschaftspflicht und eine inklusive Regierungsführung fordern. Leider scheint es, als würden die westlichen Regierungen erneut auf die Strategie des PA-Präsidenten hereinfallen.
Fatah-Kumpel
Der Leiter der Rechtsabteilung bei Palestinian Media Watch und Direktor der Initiative für Rechenschaftspflicht und Reform der Palästinensischen Autonomiebehörde bei der JCFA, Maurice Hirsch, bezeichnete al-Sheikh als »Fatah-Kumpel« von Abbas und wies darauf hin, dass er elf Jahre im Gefängnis verbracht und verschiedene Positionen in der Fatah bekleidet habe.
Die Vereinigten Staaten hätten »versucht, jede wesentliche Veränderung zu vermeiden und würden lieber den Kopf in den Sand stecken und so tun, als sei al-Sheikh der palästinensische Reformer, den sie so verzweifelt suchen«, kritisierte Hirsch und merkte an, dass »al-Sheikh in sämtlichen Kernfragen nicht anders ist als die anderen palästinensischen Führer«. So werde auch al-Sheikh »das palästinensische Bestreben, Israel zu zerstören, nicht aufgeben und, was angesichts seines familiären Hintergrunds wohl am wichtigsten ist, niemals das sogenannte Rückkehrrecht aufgeben können«.
Hirsch zufolge garantiere al-Sheikhs neue Position »nicht unbedingt etwas, aber sie macht ihn theoretisch und praktisch zum Stellvertreter von Abbas«. Hirsch verwies auch auf al-Sheikhs Hintergrund: »Viele Jahre lang gehörte er zu jenen Personen, welche die Beziehungen der PA zu Israel auf ganz außergewöhnliche Weise ausgebaut haben. Während die PA ihre Regierungen wechselte wie andere Leute ihre Unterhosen, scheint al-Sheikh einer der wenigen Konstanten gewesen zu sein, der seine Position behielt.« Was seinen Aufstieg offenbar erleichtert hat, sei sein Bündnis mit Majed Faraj, dem Chef der Sicherheitskräfte der PA.
Jetzt, da al-Sheikh in seiner neuen Rolle fest verankert ist, wird laut Hirsch die Frage nicht lauten, »was die palästinensische Bevölkerung denkt – die interessiert ihn nicht –, sondern was die anderen Thronanwärter – Mahmoud El-Aloul, Jibril Rajoub, Ruchi Fatouh usw. – denken und ob sie ihn die Position, die sie für die ihre halten, ›stehlen‹ lassen, oder ob sie ihn dafür bekämpfen werden. Seine strategische Allianz mit Faraj wird ihm dabei sicherlich einen Vorteil verschaffen.«
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ernennung von Hussein al-Sheikh ein sorgfältig inszenierter Schachzug ist, um westliche Geldgeber zu beschwichtigen und den Anschein einer geordneten Nachfolge zu erwecken, während er gleichzeitig sicherstellt, dass sich innerhalb der verkrusteten Machtstruktur der PA nichts ändert. Indem Abbas einen Loyalisten durch einen undemokratischen Prozess befördert und diesen Schritt mit pompösen, aber bedeutungslosen Titeln verschleiert, setzt Abbas seine autokratische Herrschaft unter dem Deckmantel von Reformen fort.
Khaled Abu Toameh erklärte denn auch abschließend, dies sei »nicht die Reform, welche die Palästinenser brauchen. Es ist die ewig gleiche Gruppe von Leuten, die Stühlerücken spielt und dies der Welt als Reform, Demokratie und Teilung der Macht verkauft.«
Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)